Köln | Heute Vormittag eröffnete der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen Ralf Jäger am Rudolfplatz die Aktionswoche „Augen auf und Tasche zu“. „Augen auf und Tasche zu“ ist eine Landeskampagne der Polizei NRW gegen Taschendiebstahl. Im ersten Halbjahr 2016 wurden 29056 Fälle von Taschendiebstahl in NRW und damit eine Steigerung um 0,4 Prozent im Vergleich zum vorherigen Halbjahr erfasst.

Rosemarie Busch ist vor vier Wochen Opfer eines Taschendiebstahls geworden. Bei der heutigen Eröffnung von „Augen auf und Tasche zu“ erzählt sie ihre Geschichte. Vor vier Wochen saß die ältere Dame in der Bahn auf dem Weg zu Hautarzt. Als sie an der Haltestelle Ebertplatz aussteigt, will sie – aufgrund des aufkommenden Regens – nach dem Regenschirm, der an ihrer Handtasche befestigt ist, greifen. Doch siehe da: der Reißverschluss der Handtasche ist offen und ihr Portemonnaie verschwunden. Nach einem Anruf bei der Polizei und einem Gang zu nächsten Bankfiliale, um ihre Karten sperren zu lassen, begibt sich die ältere Dame noch einmal zurück an den vermeintlichen Tatort. Aus dem Augenwinkel bemerkt sie einen KVB Schalter. Auf Nachfrage war ihr Portemonnaie dort abgegeben worden. Nur ihr Bargeld fehlte.

Innenminister Jäger: „Prävention ist die beste Maßnahme.“

Die Erzählungen von Frau Busch gleichen einem Fall wie aus dem Bilderbuch. Die Täter gehen meist arbeitsteilig vor. Sie lenken das Opfer ab und nutzen dessen Unaufmerksamkeit, um das Handy oder die Geldbörse zu entwenden. Dem Opfer fällt der Diebstahl meist erst später auf. Für Innenminister Ralf Jäger ist „Prävention die beste Maßnahme.“. In der landesweiten Kampagne will die Polizei NRW in allen 47 Polizeikreisen die Bürger zu mehr Achtsamkeit animieren und mit präventiven Maßnahmen die Zahl der Taschendiebstähle minimieren. Für Interessierte aus Köln wird eine mobile Beratungsstelle des Kölner Kommissariats „Prävention und Opferschutz“ am 30.08.2016 von 10 bis 15 Uhr auf der Breite Straße (Höhe Karstadt) und am 03. und 04.09.2016 von 10 bis 18 Uhr auf dem Messegelände Köln-Deutz (Messehalle 8 – „Tag des Gartens“) stehen.

Rosemarie Busch hat ihre Lektion schon gelernt: Sobald sie sich in größeren Menschenmassen bewegt, hält sie ihre Tasche fest am Körper und bleibt stets aufmerksam.

„Es kommen nicht nur willkommene Gäste nach Köln.“

Auch Stephan Becker, Chef der Kölner Kriminalpolizei, nahm an der Eröffnung der Aktionswoche teil. Jedes Jahr kommen rund 6 Millionen Besucher nach Köln. Darunter seien jedoch nicht nur „willkommene Gäste“, so der Kripochef. Als positive Meldung konnte Becker jedoch einen Rückgang der Taschendiebstähle in Köln vermelden. In 2014 lag die Zahl der Taschendiebstähle bei einem Allzeithoch von 14059. 2015 sanken diese um 8,53 Prozent und im ersten Halbjahr 2016 gingen Taschendiebstähle um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese positiven Zahlen führt der Kripochef vor allem auf eine gute Präventionsarbeit der Kölner Polizei zurück. Um Taschendiebstähle zu verringern arbeite die Polizei – in Zusammenarbeit mit dem Hotel- und Gaststättenverband sowie den Kölner Verkehrsbetrieben – zielgruppenorientiert: Gerade Messebesucher – davon kommen jährlich circa 1 Million nach Köln – werden durch Faltblätter in ihren Hotelzimmern und mit Durchsagen in den Bahnen auf den Weg zu Messe auf die Gefahren durch Taschendiebe aufmerksam gemacht. Zudem hat die Kölner Polizei ein eigenes Kommisariat für Taschendiebstahl. Die dort tätigen Kollegen „kennen ihre Pappenheimer“, so Becker.

Der Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands im Regierungsbezirk Köln, Christoph Becker, betrachtet gerade dies kritisch. Er erzählt davon, wie Kollegen von ihm auf einer Messeveranstaltung ihnen bekannte Taschendiebe gesichtet hatten. Nachdem diese die Polizei informierten hatten, und die Beamten die mutmaßlichen Täter mitnahmen, dauerte es nur wenige Stunden bis dieselben Personen wieder auf der Messeveranstaltung auftauchten, berichtet Becker. Er fordert in Sachen Taschendiebstahl ein härteres Durchgreifen der Justiz und wünscht sich von Innenminister Jäger, dass dieser sich dafür einsetze.

Auch in Einzelhandelsgeschäften gibt es Taschendiebstähle. Für den Einzelhandel selbst bedeuten Taschendiebstähle in ihren Geschäften womöglich Umsatzrückgänge oder einen Imageschaden. Der Handelsverband NRW – unter der Geschäftsführung von Jörg Hamel – wirkt auf diese Probleme ein, indem er versucht Händler und deren Mitarbeiter hinsichtlich Taschendiebstahl zu sensibilisieren. Auszubildende werden von ihren Unternehmen im richtigen Umgang mit Taschendiebstahl geschult. Aber auch die anderen Kunden spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht einen Taschendiebstahl zu verhindern: Ein hilfsbereiter Hinweis darauf, dass der Reißverschluss des Rucksack des Gegenübers offen ist, kann einen Diebstahl bereits verhindern.

Autor: Louis Goral-Wood