Köln | aktualisert | Die Stadt Köln hat zu einer Bürgerversammlung in das Odysseum zum Thema Kalkberg geladen. Drei Erkenntnisse brachte der Abend: Erstens, die Deponie muss für mehr als sieben Millionen Euro sofort saniert werden, sie ist völlig instabil. Zweitens, das Umweltamt der Stadt Köln kommt erneut in Erklärungsnot. Drittens, die Bürger haben überhaupt kein Vertrauen mehr in Stadtdirektor Guido Kahlen. Sie fordern einen Neuanfang ohne den Stadtdirektor, dem sie jahrelange Manipulation vorwerfen, um die Rettungshubschrauberstation zu realisieren.

In einem waren sich der von der Stadt beauftragte Gutachter Brenner und Geologe Tim Scheuch, der für die Bürgerinitiative sprach, völlig einig: Am Kalkberg muss sofort etwas passieren, sonst könne ein Deponieversagen und unvorhersehbare Folgen drohen. Die Halde ist schleunigst zu sanieren, Brenner fordert diese Sanierung sogar umgehend. Tausende Kubikmeter Material müssen aufgeschüttet werden, um die Deponie zu stabilisieren und die Kosten gehen weiter in die Millionen. Guido Kahlen und Feuerwehrchef Johannes Feyrer vermieden es den Hangar für die Rettungshubschrauber anzusprechen und konzentrierten sich auf die Ausführung zur Sicherung der Halde. Boris Sieverts von der Bürgerinitiative Kalkberg warf dem Stadtdirektor mehrfach vor, seit Jahren mit Trickserei, Verschleierung und Manipulation die Hubschrauberstation gegen jede Vernunft durchdrücken zu wollen. Er forderte die Ablösung des Stadtdirektors beim Projekt Kalkberg und die Rückkehr der Stadt Köln und ihrer Politik und Verwaltung zu Sachpolitik. Sieverts sprach von einem Verlust an Vertrauen in die Demokratie in Köln. Dafür gab es viel Zustimmung aus dem Publikum.

Umweltamt der Stadt gerät in Erklärungsnot

Die Rolle des Umweltamtes der Stadt Köln und damit auch des Kontrollorgans dem Rat der Stadt Köln und seinem Umweltausschuss in der Causa Kalkberg geriet in der Bürgerversammlung erneut ins ein Zwielicht. Es geht schlicht und einfach um die Frage: Was ist drin im Kalkberg und warum wird, obwohl das Grundwasser im Abstrom belastet ist, nicht jede Chance genutzt dies zu erforschen? Seit Jahren weigert sich das Umweltamt hierzu belastbare Untersuchungen vorzunehmen oder Ergebnisse vorzulegen. In der Bürgerversammlung kam die Frage auf, ob das Umweltamt die Bohrungen der Statiker und Gutachter genutzt habe, um mehr Aufschlüsse über die Inhalte des Kalkberges zu erlangen. Die Erkenntnis: Nein. Der Gutachter für die Statik ist da eindeutig: Wir haben gebohrt um die Stabilität der Halde zu untersuchen und nicht die Giftstoffe. Nach quälend langen Minuten wird klar, dass die Proben, die die Statiker gezogen haben, mittlerweile für eine Beprobung auf Giftstoffe unbrauchbar sind.

Das städtische Umweltamt sorgt nicht für Transparenz

Die stellvertretende Leiterin des städtischen Umweltamtes Christina Brammen-Petry spricht kurze Zeit darauf später von einem Kommunikationsproblem. Das Umweltamt der Stadt ist in Bezug auf den Kalkberg äußerst wortkarg und das schon seit Jahren. Als 2012 Öl auf dem Kalkberg gefunden wurde, sprach das Umweltamt von einer oberflächlichen Verunreinigung und sah keine Ursache tiefer zu forschen. Heute gab Brammen-Petry an, dass man unter dem Kalkberg Ölfunde habe, die mittlerweile verharzt seien. Es gibt noch einen Umstand, der die Rolle des Umweltamtes fraglich erscheinen lässt. Brammen-Petry gibt an, dass sie von den Sanierungsmaßnahmen erwartet, dass sich die Umweltbelastung des Grundwassers verbessere. Das erklärt auch Stadtdirektor Guido Kahlen. Aber auf welcher Basis? Wenn das städtische Umweltamt noch nicht einmal sagen kann, welche Stoffe denn wirklich in der Deponie lagern, dies nicht untersuchen oder sagen will und kann? Es mangelt an Transparenz. Der Stadtdirektor verspricht Aufklärung bis Montag.

Ist die Frage nach dem Alternativstandort auf die lange Bank verschoben?

Die Bürger beschwerten sich über den Kahlschlag am Kalkberg, die immer weiter steigenden Kosten, forderten eine Aufgabe der Rettungshubschrauberstation, mahnten an, dass 26.000 Menschen im näheren Umfeld betroffen seien. Überhaupt kein Vertrauen haben Sie allerdings in die Ernsthaftigkeit der Stadt und des Stadtdirektors bei der Suche nach alternativen Standorten. Der weicht der Frage mehr oder weniger aus und schiebt die Verantwortung in Richtung Ratspolitik. Die habe nicht die 200.000 Euro freigegeben, um die Standorte Kurtekotten und Geestemünder Straße jetzt schon weitergehend zu prüfen. Boris Sieverts von der Bürgerinitiative warf Kahlen vor, seit Dezember untätig geblieben zu sein, was den Alternativstandort betreffe.

Der Rat und die Bezirksregierung müssen ihrer Kontrollpflicht nachkommen

Moderator Arnd Henze forderte immer wieder dazu auf, die Vergangenheit ruhen zu lassen und in die Zukunft zu blicken. Ob er damit so richtig liegt, darf bezweifelt werden. Moderator Arnd Henze stellte im Nachgang gegenüber report-K klar: „Richtig ist, dass ich die Bürgerinitiative ermutigen wollte, ihrer Kritik zu den neuen und aktuell anstehenden Fragen den nötigen Raum im Rahmen der Redezeit zu geben – da schien mir, dass den Sprechern gelegentlich die Zeit wegrannte, weil sie oft chronologisch argumentierten und sie dann für die Gegenwart kein Redebudget mehr hatten.“ Damit tritt Henze Missinterpretationen und -Irritationen entgegen, die im Rahmen der Diskussion und im Nachgang entstanden sind und verdeutlicht, dass er nicht dazu aufgefordert habe, die Vergangenheit ruhen zu lassen.

Der Rat, aber auch die Bezirksregierung Köln als Aufsichtsbehörde, haben bisher beim Kalkberg beide Augen zugedrückt. Sie müssen – alleine, wenn man die Rolle des Umweltamtes sieht – ihrer Verantwortung der Kontrolle nachkommen und den Kalkberg und seine Geschichte nicht einfach verdrängen, sondern endlich transparent aufarbeiten, um für die Zukunft eine wirklich vernünftige und kluge Entscheidung zu treffen und vor allem langfristig Investitionen aus Steuermitteln zu sichern. Vor allem muss das Umweltamt endlich entweder eine Liste vorlegen, was wirklich im Kalkberg noch so drin ist oder jede Chance nutzen dies herauszufinden, oder von sich aus tätig werden dies zu untersuchen. Der Hinweis auf Cyanide im Abstrom des Grundwassers reicht jetzt nicht mehr aus. In diesem Zusammenhang darf man nicht vergessen, dass die heutige Oberbürgermeisterin Henriette Reker dieses Amt in ihrem Dezernat jahrelang verantwortete.

Die Redaktion weist darauf hin, dass sich die Frage nach der Intransparenz, liest man den Artikel genau, nicht auf die Werte des Grundwasserabstroms beziehen oder auf alte Gutachten, sondern auf die Frage nach den wirklichen Inhalten in der Deponie Kalkberg. Diese Frage wurde gestern auch im Rahmen der Bürgerversammlung an die Verwaltung der Stadt Köln und das Umweltamt gestellt, wurde aber von diesem nicht beantwortet. Ganz im Gegenteil, die stellvertretende Leiterin sprach von einer Kommunikationspanne, dass die Bohrungen der Statiker nicht genutzt wurden, um dort Umweltuntersuchungen vorzunehmen und mehr über die Beschaffenheit des Deponiegutes herauszufinden.

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Stellungnahme der Stadt Köln – Umweltamt weist Vorwurf der Intransparenz zurück

Das städtische Umweltamt bezieht sich auf die Berichterstattung von report-K und weist den Vorwurf der Intransparenz zurück. So teilt das städtische Umweltamt mit: „In Bezug auf die heutige Berichterstattung zur Bürgerversammlung Kalkberg und den erhobenen Vorwurf der Intransparenz gegen das Umweltamt in Sachen Altlastensituation Kalkberg, weist das Umweltamt noch einmal darauf hin, dass sämtliche Gutachten, Analyseberichte und Prüfberichte auf der städtischen Internetseite eingestellt sind und dort auch downgeloaded werden können.
http://www.stadt-koeln.de/politik-und-verwaltung/feuerwehr/hubschrauber/altlast-kalkberg
Außerdem war die Detailuntersuchung des Grundwassers im Umfeld des Kalkbergs, insbesondere im Hinblick auf Cyanide Thema der Sitzung der Bezirksvertretung Kalk am 02. Juni 2016, die Mitteilung mit zahlreichen Anlagen trägt die Vorlagenummer 1737/2016 und ist ebenfalls über das städtische Internet abrufbar. Die Vorlage war am 07. Juni auch im Ausschuss für Umwelt und Grün und wir am 21. Juni 2016 im Gesundheitsausschuss erneut auf der Tagesordnung stehen. Das Umweltamt der Stadt Köln weist den Vorwurf der Intransparenz entschieden zurück.“

Die Redaktion weist darauf hin, dass sich die Frage nach der Intransparenz, liest man den Artikel genau, nicht auf die Werte des Grundwasserabstroms beziehen oder auf alte Gutachten, sondern auf die Frage nach den wirklichen Inhalten in der Deponie Kalkberg. Diese Frage wurde gestern auch im Rahmen der Bürgerversammlung an die Verwaltung der Stadt Köln und das Umweltamt gestellt, wurde aber von diesem nicht beantwortet. Ganz im Gegenteil, die stellvertretende Leiterin sprach von einer Kommunikationspanne, dass die Bohrungen der Statiker nicht genutzt wurden, um dort Umweltuntersuchungen vorzunehmen und mehr über die Beschaffenheit des Deponiegutes herauszufinden.

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Autor: Andi Goral
Foto: Tim Scheuch und Boris Sieverts von der Bürgerinitiative Kalkberg, Moderator Arnd Henze, Stadtdirektor Guido Kahlen und Feuerwehrchef Johannes Feyrer (v.l.n.r.) tauschten ihre Argumente auf dem Podium aus