Köln | „Todesfabrik Auschwitz. Topografie und Alltag in einem Konzentrations- und Vernichtungslager“. Mit über 50 großformatigen Lageplänen wird in der Publikation eine einzigartige Verbindung von Geschichte und Architektur präsentiert. Rund 15 Jahre arbeitete Peter Siebers, technischer Zeichner und Autor, an den großformatigen Lageplänen in isometrischen Darstellungen. Erstmals weltweit umfasse eine Publikation in diesem Ausmaß eine Rekonstruktion des Lagerkomplexes, sowie aller zentralen Gebäude, in Auschwitz: das Stammlager, das Vernichtungslager Birkenau und das Nebenlager Monowitz.

Auschwitz. Diesen Ort hat Peter Siebers vollkommen neu vermessen und über 50 großformatige Lagepläne, isometrische Darstellungen und Handzeichnungen angefertigt. Detailliert und Präzise wird die Struktur der „Todesfabrik Auschwitz“ dokumentiert. Im starken Kontrast dazu stehen die Zeichnungen von Häftlingen, die zum Teil während der Haft, zum Teil erst viele Jahre später angefertigt wurden. Sie veranschaulichen und vergegenwärtigen das individuelle Leid der mehr als eine Million Opfer des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau.

Vom Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz sind heute nur noch einige Gebäude erhalten. Während die Steinbauten des Stammlagers Auschwitz den Kern von Gedenkstätte und Museum Auschwitz bilden, stehen auf dem Gelände des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau nur noch einige Backsteinbaracken und wenige rekonstruierte Barackenbauten. Von dem Nebenlager Auschwitz-Monowitz sind keine baulichen Reste mehr erhalten.

Hintergrund zur Publikation

„Mein Ziehvater, zu dem ich mit 16 Jahen kam, war jüdischer Abstammung. Von ihm hab ich vieles Erfahren, was ich in der Schule zuvor noch nie gehört hatte. Das lag auch daran, dass es zum Teil noch Nazis auf der Schule gab. Als ich dann selbst nach Auschwitz gefahren bin, um mir das ehemalige Lager anzusehen, habe ich gemerkt, dass vieles nicht mehr da ist. Ich habe mich gefragt, wie wir diese schreckliche Geschichte und den Ausmaß überhaupt den Jugendlichen heute vermitteln wollen?“, erklärt Peter Siebers, technischer Zeichner und Autor des Buches „Todesfabrik Auschwitz. Topografie und Alltag in einem Konzentrations- und Vernichtungslager“. So habe Siebers beschlossen, das Vernichtungslager Birkenau vollständig mit seinen über 400 Gebäuden, mit den Wachtürmen, den Toren, den Kläranlagen, den Gleisanlagen mit den Rampen den Wegen und vielem mehr aufzumessen beziehungsweise zeichnerisch zu rekonstruieren. Daraufhin folgten weitere Detailzeichnungen über einzelne Funktionsgebäude und weitere Zeichnungen, die das Stammlager sowie das Lager Monowitz betrafen.

„Eine Arbeit von 15 Jahren“

Rund 15 Jahre arbeitete Siebers an großformatigen Lageplänen in isometrischen Darstellungen. „Ich habe mich 30 Jahre mit diesem Thema auseinander gesetzt auch vieles selbst finanziert, aber ich bin froh es gemacht zu haben“, so Siebers. Grundlage für die Publikation bildete vor allem die langjährige Arbeit und die umfangreichen technischen Zeichnungen des Kölner Bauzeichners Siebers. Für Birkenau, den größten Plan in der Publikation, habe Siebers sechs Jahre gebraucht. Dafür habe er nicht nur mit bestehenden Bauplänen und Fotos gearbeitet, sondern auch vor Ort selbst vermessen. Die isometrische Darstellung soll das Lesen der Pläne für Laien vereinfachen. Die Texte verfasste Professor Dr. Gideon Greif aus Tel Aviv. „Dieses Buch und die Ausstellung sind beide einzigartig. So etwas gab es zuvor nicht. Wir haben uns intensiv mit dem Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz auseinandergesetzt, schon fast obsessiv. Aber unser Ziel war es, die Realität zu zeigen“, erklärt Dr. Greif.

Im starken Kontrast zu den Lageplänen stehen die 55 Zeichnungen der Häftlinge. Einige sollen teilweise während der Haft entstanden sein, einige wiederum viele Jahre später. Die Zeichnungen der Häftlinge veranschaulichen und vergegenwärtigen das individuelle Leid der mehr als eine Million Opfer des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau.

„Mein halbes Leben habe ich mich nun mit Auschwitz und der Realisierung dieses Projektes beschäftigt. Nun wünsche ich mir, dass Menschen sich meine Arbeit ansehen und erkennen, wo und wie die Häftlinge in den Baracken und Gebäuden untergebracht, zu Zwangsarbeit und „wisschenschaftlichen“ Experimenten missbraucht wurden und welche planmäßige Vernichtung in Auschwitz stattgefunden hat. Als Deutsche sind wir es den Opfern schuldig, uns der Vergangenheit bewusst zu sein, die Erinnerung wachzuhalten, auch im Hinblick auf unsere Zukunft“, erklärt Siebers.

[infobox]Infobox zur Publikation

Das Buch „Todesfabrik Auschwitz. Topografie und Alltag in einem Konzentrations- und Vernichtungslager“ ist ein Kooperationsprojekt und wird gemeinsam herausgegeben vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln und dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau. Die Publikation erscheint in einem Buch gleich dreisprachig: Deutsch, Englisch und Polnisch.

Die Wanderausstellung „Todesfabrik Auschwitz. Topografie und Alltag in einem Konzentrations- und Vernichtungslager“ vom NS-Dokumentationszentrum wird derzeit, im Staatlichen Museum und Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, in Polen gezeigt. Weitere Ausstellungsorte in Warschau und Paris seien geplant.

[/infobox]

Autor: Irem Barlin
Foto: Die Autoren Professor Dr. Gideon Greif und Peter Siebers