Köln | Auf ihrem Parteitag beschließt die CDU, den Doppelpass wieder abzuschaffen. Das wird vor allem minderjährige Doppelstaatler, auch in Köln betreffen.

Nach ihrem Parteitag in Essen legt sich die CDU wieder ein konservativeres Profil zu. Insbesondere die Beschlüsse zum Doppelpass sind großer Kritik ausgesetzt. Deutsche mit doppelter Staatsangehörigkeit sollen zukünftig wieder zwischen ihrer Nationalität wählen müssen. 2014 war die Optionspflicht abgeschafft worden, weil es die SPD für eine Regierungsbeteiligung vorausgesetzt hatte. Nun sorgt der Unions-Vorstoß nicht nur beim Koalitionspartner für Verstimmung. Hiltrud Stöcker-Zafari, die Bundesgeschäftsführerin des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften kritisiert den Beschluss vor allem im Hinblick auf die Auswirkung auf die Identitätsbildung junger Menschen: „Jugendliche mit mehrfacher Staatsangehörigkeit fühlen sich nicht verbundener mit einem Land, wenn sie die andere Staatsangehörigkeit unter Zwang abgeben müssen.“ Vielmehr handle es sich um panischen Aktionismus, der die Ansprüche junger Menschen beschneide, betont Stöcker-Zafari.

Tatsächlich wären von einer Wiedereinführung der Optionspflicht bei der Staatsangehörigkeit in besonderem Maße Minderjährige betroffen. Allein in Köln leben über 120.000 Deutsche mit doppelter Staatsangehörigkeit. Deren Großteil besteht zu fast 50 Prozent aus der Altersgruppe der unter 18-Jährigen. Mehr als zwei Drittel der Inhaber einer doppelten Staatsbürgerschaft in Köln kommen außerdem aus Europa – hier liegt der Anteil der Minderjährigen mit Doppelpass sogar knapp über 50 Prozent. Auf Platz zwei folgen asiatische Länder (gesamt 19 Prozent, davon minderjährig 32 Prozent) und afrikanische Länder auf Platz drei (gesamt 10 Prozent, davon minderjährig 51 Prozent). Amerikanische Länder sowie Australien machen nur einen geringen Anteil aus.

Die häufigste doppelte Staatsbürgerschaft in Köln ist die türkische – fast 20 Prozent aller Doppelstaatler besitzen neben dem deutschen auch noch den türkischen Pass. Vor allem diese Gruppe hatte die Diskussion um die Optionspflicht wieder entfacht, als Deutschtürken Ende Juli 2016 in Köln zugunsten des umstrittenen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan demonstrierten. In der aktuellen Diskussion verweisen Doppelpass-Gegner wie CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer in Anlehnung an die Großdemos auf die „türkische Innenpolitik auf deutschem Boden“. Die Zahlen zeigen allerdings ein anderes Bild. So sehr wie in kaum einer anderen Gruppe mit doppelter Staatsangehörigkeit sind bei den Deutsch-Türken Minderjährige vertreten – etwa 80 Prozent der Doppelstaatler sind hier unter 18 Jahren und dürften damit wohl kaum zu den Erdogan-Demonstranten im Juli gehören.

Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften betont bei den vielen betroffenen Minderjährigen vor allem die persönlichen Dilemmata und Einzelschicksale, die durch die daraus resultierenden Identitätskonflikte in der sensiblen Entwicklung der Jugendlichen entstehen. Ob die Union ihren Vorstoß zeitnah vor der Bundestagswahl umsetzen kann, ist allerdings fraglich. Die doppelte Staatsbürgerschaft ist fest im noch gültigen Koalitionsvertrag mit der SPD verankert und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigt sich wenig offen für eine Optionspflicht. Für viele Jugendliche könnten die bestehenden Verhältnisse also noch eine Weile erhalten bleiben – zumindest bis zur nächsten Legislaturperiode.

Autor: Bastian Frings