Köln | Seit 2004 mischt „Deine Sitzung“ in der Kölner Karnevalsszene mit. Was das Publikum daran schätzt: jede Menge Schunkeln und Mitsingen, oft überbordender Spaß an der Freud, viel Nonsens, nicht unbedingt die kritischen politischen Töne. Das zeichnet auch die diesjährige Sitzungsreihe aus, die am vergangenen Freitag, 27. Januar 2017, mit neuer Präsidentin im Brunosaal Premiere feierte.

Neu auf dem überdimensionalen Präsidiumssessel: Comedian Mirja Boes, die für die in dieser Session pausierende Carolin Kebekus eingesprungen ist (sie wechselt sich dabei im Übrigen mit WDR-Redakteurin Steffi Neu ab). An der Seite von Sitzungs-Mitbegründer Olaf Bürger führte sie durch den Abend: ein blendend eingespieltes Duo, das sich die Pointen zuspielte und auch solo und singend das Publikum mitriss.

Von Analketten, Dildos und Yoga-Entspannungsposen wie das „Kackende Reh“

Da durfte Boes mit der Oma-Blümchen-Schwimmkappe ihr „Museum der sinnlosen Dinge“ aufräumen, das im Keller ungebrauchte Fitness- und Küchengeräte angesammelt hat. Oder Sex-Spielzeug – mit wahrer Wonne erklärte sie die Funktion einer Analkette oder die feinen Unterschiede der Dildos, die auf einer Verkaufsparty angeboten werden.

Bürger stellte sich als Erfinder des „Kölsch-Yoga“ vor mit Entspannungsposen wie „Kackendes Reh“ oder „Orientierungsloser Hase“. Als Nubbel will er nicht mehr an allem Schuld sein. Und Bürger & Boes gaben eine stimmgewaltige „Hallelujah“-Hommage an Leonard Cohen.

Bläck-Fööss-Hymne „Du bess die Stadt“ geht auch mit Alphorn

Unterstützt wurden sie dabei von der Hausband, geleitet vom „Meister Ebasa“. Der entfesselte mit seiner Alphorn-Version der Bläck-Fööss-Hymne „Du bess die Stadt“ wahre Begeisterungsstürme. Dazu schickte er Band-Mitglied Udo Schild als Solo-Sänger auf die Bühne. Genug Gelegenheiten also mitzusingen, wobei die ausliegenden Texthefte halfen (an der tontechnischen Feinabstimmung muss noch etwas gearbeitet werden).

Um zu schunkeln („macht jung und dynamisch, sportlich und fit“) brauchte das Publikum keine Aufforderung. Bereitwillig folgte es aber Ebasas überraschenden „Stopp“-Befehlen und ward zur unbeweglichen Statue. Und „Winkemariechen“ Britta Pallada hatte keine Probleme zu „Winkaerobic“ zu animieren. Sonst sei sie dazu verdammt, in einer Bütt zu verharren und kräftig zu winken.

Premierengast Knacki Deuser fand: „Früher waren Autofahrer mutiger“

Als Premierengast hatte man Knacki Deuser geladen. Der Comedian aus Koblenz kitzelte das Selbstbewusstsein der Kölner („Rom wurde in Köln gegründet“) und deren Sangeslust („Atemlos“ als Begräbnislied). Kritik übte er an Generation von heute: Früher war man mutiger, ist zum Beispiel ohne Karten-App, Gurt und Airbag Auto gefahren. Zu den kommenden Sitzungen kommen als Gäste John Doyle, Lisa Feller, Renè Steinberg, Irmgard Knüppel, Felicitas von Wrobel, Roberto Capitoni, Ausbilder Schmidt und die „Ratsbläser“.

Politische Attacken spielen bei „Deine Sitzung“ eher eine Nebenrolle. An Trump aber kam man auch hier nicht vorbei. Als Wrestler durfte er im abgekarteten Spiel Fakten, Fairness und Naturgesetze niederringen. Nun denn.

Erstmals dabei sind das Damen-Trio „Kölsch Cats“ und die schwule Cheerleadergruppe „Pink Pomms“. Erstere begeisterten durch kölsch garnierten Swing und Rock, letztere mit ihrem präzisen Puschel-Formationstanz. Zugaben waren Pflicht – und sorgten dafür, dass sie geplante Programmdauer von dreieinhalb Stunden kräftig überschritten wurde. Das Publikum dankte mit langem Beifall.

Insgesamt findet „Deine Sitzung“ in dieser Session neun Mal statt. Nach dem Auftakt im Brunosaal geht es ab dem 7. Februar 2017 in die Ehrenfelder Balloni-Halle. Offiziell sind alle ausverkauft, unter http://deinesitzung.colognetogo.com kann man sein Restkarten-Glück versuchen.

Autor: ehu | Foto: Johannes Haas / Deine Sitzung
Foto: Mirja Boes (l.) und Steffi Neu wechseln sich in diesem Jahr als Präsidentin ab