Köln | Helge Scharfscheer ist 46 Jahre jung, hat zwei Kinder und über dreieinhalb Jahre lang in Köln über 250 Beamte der Bundespolizei geführt. Er war zuständig für die Sicherheit im Gewimmel des Kölner Hauptbahnhofs und der Villa Hammerschmidt in Bonn, um nur zwei prominente Orte zu nennen. Jetzt wechselt er als Praktiker ins Präsidium der Bundespolizei nach Potsdam in das Referat für Grundsatzangelegenheiten der Führung und Einsatzplanung der Bundespolizei. Der Rosenmontag war immer ein besonderer Einsatztag für ihn, aber in seine Zeit fallen neben den vielen Fußballeinsätzen auch „HOGESA“ und die blaue Tasche mit der Bombe am Bonner Hauptbahnhof.

Weites Einsatzgebiet

Von Düren bis ins Siegerland und von Leverkusen bis an die Südgrenze Nordrhein-Westfalens fällt das Einsatzgebiet der Kölner Bundespolizisten. Neben den Bahnhöfen und Bahnstrecken sticht die Villa Hammerschmidt, der Bonner Dienstsitz des Bundespräsidenten hervor. Denn auch hier haben die Kölner das Zepter in der Hand. Dies sei eine Besonderheit in der Kölner Dienststelle, so Scharfscheer. Wie auch die gemeinsame Aktion gegen Taschendiebstahl mit der Landespolizei und dem Polizeipräsidium Köln. Die Zunahme der Eigentumskriminalität sieht Scharfscheer mit Sorge. Es gebe eine Zunahme an Taschen-, aber auch Gepäckdiebstählen an den Bahnhöfen, aber auch in den Fernzügen. Zum einen passten die Menschen oft zu wenig auf ihr Gepäck auf. Vor allem Touristen aus Asien neigten dazu ihr Gepäck einfach abzustellen und nicht darauf zu achten, weil sie den Gepäckdiebstahl nicht aus ihren Heimatländern kennen. Rund 400 Delikte pro Monat stelle man am Kölner Hauptbahnhof fest. Eine qualitative Verbesserung in der Aufklärung und Prävention sieht Scharfscheer im angekündigten Ausbau der Videoinfrastruktur.

Freud und Leid liegen eng beieinander

Der 46-jährige Scharfscheer, der selbst zwei Kinder hat, spricht von einem Spannungsfeld, das die Beamten täglich erleben müssten. Er selbst sei immer wieder sehr berührt, wenn er etwa auf Flüchtlingskinder treffe, die dann in der Inspektion am Hauptbahnhof sitzen und Bilder malten, die Bomben zeigten, die auf Häuser niederfielen. Da bekomme er eine Gänsehaut. Im Sommer kommen rund 15 Flüchtlinge pro Tag bei der Kölner Bundespolizei an, jetzt im Winter seien es mit 3-4 Menschen pro Tag wesentlich weniger. Das läge an der Situation im Mittelmeer. Freud und Elend lägen manchmal sehr eng zusammen im Dienstalltag seiner Beamten, resümiert Scharfscheer. Die Asylbewerber werden dann an die Ausländerbehörde der Stadt Köln weitervermittelt, lediglich die Erstregistrierung finde bei der Bundespolizei statt.

In die Amtszeit von Scharfscheer fiel 2012 die blaue Tasche mit der Bombe am Bonner Hauptbahnhof, der wie der Kölner HBF zu den kritischen Infrastrukturen gehöre. Allerdings seien die Beamten der Bundespolizei mittlerweile äußerst sensibilisiert um kritische Lagen schnell zu erfassen. Herausragende Einsätze in der Zeit von Scharfscheer waren auch das „Birlikte“ Festival an der Keupstraße, als durch das Unwetter die Abreise gesichert werden musste oder die „Hogesa“-Demonstration vor wenigen Wochen. Selbstkritisch sagt Scharfscheer zu Phänomenen wie „Hogesa“, dass die Behörde soziale Netzwerke in Zukunft intensiver bewerten müsse. Nach der Demonstration habe es allerdings aus den Zügen, die die Hooligans zur Abreise genutzt hatten, nur eine Strafanzeige gegeben. Er könne aber verstehen, dass viele Bürger Unwohlsein verspürt hätten, ob des Aggressionspotenzials der Hooligans.

Scharfscheer sagt von sich selbst, dass er als Braunschweiger kein Karnevalsgen in sich trage und auch keine hohe Affinität zum Fußball. Das mag ihm entgegen gekommen sein, denn in seiner Amtszeit musste er vor allem bei den kritischen Bundesliga-Begegnungen viele Einsätze im Fußballbereich begleiten und auch den Rosenmontagszug. Hier vor allem die Anreise der Jecken. Er sei auf einer Bonner Sitzung gewesen und spricht heute davon, dass dies eine tolle Erfahrung gewesen sei. Wann sein Nachfolger oder Nachfolgerin komme, wisse er noch nicht. Derzeit sei seine Stelle ausgeschrieben.

Autor: Andi Goral
Foto: Helge Scharfscheer leitete über dreieinhalb Jahre die Kölner Dienststelle der Bundespolizei. Zum 31.12.2014 wechselt er nach Potsdam ins Präsidium der Bundespolizei.