Köln | Für echte Kölsche ein historischer Tag. Die erste Kölner Oberbürgermeisterin proklamierte heute Prinz Thomas II., Thomas Elster, Ulrich Anton Maslak, als Bauer Anton und Jungfrau Johanna, Jörg Hetzner, die sich selbst als drei „echte kölsche Fründe“ bezeichnen. Das Dreigestirn 2016 ist proklamiert und damit im jecken Amt. 1.200 geladene Gäste feierten  mit.

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Henriette Reker ist angekommen

Als das Kölner Dreigestirn die beiden bekanntesten Songs zum „Kölschen Jung“ in der Fassung Millowitsch und Brings sangen, swingte die neue Kölner Oberbürgermeisterin selig auf der Bühne des Gürzenich. Der Bühne, die für jeden Kölschen, den siebten Himmel bedeutet. Man merkte ihr die Freude deutlich an. Sie schlüpfte in die Rolle der Männermörderin und Machtstrategin Agrippina, Namensgeberin von Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA) dem zu Zeiten von Kaiser Augustus gegründeten Oppidum Ubiorum, also dem heutigen Köln. Dabei wechselte sie zwischen Hochdeutsch und Kölsch. Mit dem Dreigestirn veranstaltete sie vor Übergabe von niegelnagelneuer Pritsche, Schlüssel und Spiegel ein Quiz, um zu prüfen, ob die Drei auch fit sind für ihr jeckes Amt. Die Rede der Oberbürgermeisterin finden Sie am Ende des Artikels im Wortlaut.

Kölsche Sprache im Zentrum der Proklamation

Das Sandkastenfreunde-Dreigestirn hielt seine Rede gemeinsam und abwechselnd und durchgängig auf Kölsch. Und sie gaben den nicht des Kölschen Mächtigen einen Tipp für die Sitzung mit: Auf Nachbarschaftshilfe setzen und einfach den Tischnachbarn um Syncronübersetzung zu bitten. Dem Fernsehsender „WDR“ empfahl man ein Laufband am unteren Ende des Bildschirms mit der Übersetzung mitlaufen zu lassen. Prinz Thomas II, Bauer Anton und Jungfrau Johanna führte die Festgesellschaft durch ihre Lieblingsorte von Köln und legte an mancher Stelle auch die Finger in die Wunden, etwa bei den Ringen, die heute nicht mehr die Flaniermeile seien, die sie einmal waren. Das frisch proklamierte Trifolium spricht von einer großen Ehre wenn es ihnen als drei kölsche Junge mit viel Pläsier gelänge, die Herzen der Kölner zu erreichen.  Bei der Showeinlage sangen Prinz, Bauer und Jungfrau „Ich bin ne kölsche Jung“ und den Brings Hit „Kölsche Jung“ und schon hatte man nicht mehr den Eindruck im kleinen Gürzenich zu stehen, sondern in der Lanxess Arena, wenn mehr als 10.000 Kehlen, etwa bei den Kölner Haien, den „Kölsche Jung“ singen, so stieg das Publikum der Prinzenproklamation ein.

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Die kölschen VIPs feiern

Es ist eine auserlesene Schar an Persönlichkeiten, die zur Prinzenproklamation den Gürzenich befeiern darf. Nur geladene Gäste erhalten Zutritt. Wer kommen darf entscheidet das Festkomitee. Das Who is Who des Kölschen Fasteleers feiert mit Politik und Wirtschaft aus Stadt, Land und Bund. Die Traditionsgemeinschaft der Kölner Dreigestirne, die Präsidenten der Kölner Karnevalsgesellschaften, der Vorstand des Festkomitees, Alt Oberbürgermeister wie Fritz Schramma und Jürgen Roters, die gleichzeitig beide auch Ehrenmitglied im Festkomitee sind, die Spitzen, also Vorsitzenden der Kölner Ratsfraktionen, die Kölner Bürgermeister Elfi Scho-Antwerpes, Rolf Heinen, Andreas Wolter und Hans-Werner Bartsch. Aus der Landespolitik kamen der Finanzminister des Landes NRW und Kölner Dr. Norbert Walter-Borjans und Verkehrsminister Michael Groschek. Aus der Bundespolitik feierte Bundestages-Vizepräsidentin Claudia Roth neben dem Grünen Arndt Klocke, MdL, Volker Beck, Grüne MdB und Wolfgang Bosbach, CDU, MdB mit. Die christlichen Kirchen waren geladen und gekommen sind Kardinal Erzbischof Rainer Maria Woelki und Stadtsuperintendent Rolf Doming für den evangelischen Kirchenverband, um die höchsten Würdenträger zu nennen. Die Medien waren durch zwei Intendanten öffentlich-rechtlicher Fernsehanstalten vertreten: Tom Buhrow für den „WDR“ und Lutz Marmor für den „NDR“. Aus der Wirtschaft und den städtischen Unternehmen trafen sich Uwe Eichner, GAG, Arthur Grziesiek, Sparkasse KölnBonn oder Dr. Dieter Steinkamp, Rheinenergie, um nur einige zu nennen. Der älteste Gast der Proklamation war nicht Ludwig Sebus, der mit dem Lied „Wenn der Prinz mit dem Bauer und der Jungfrau kütt“ das Dreigestirn ankündigte, sondern Karl Zieseniss mit 101 Jahren.

Mit Aschermittwoch begonnen

„Mer stelle alles op der Kopp“, so das Motto der Session 2016. Also sangen „Kuhl un de Gäng“ erst einmal „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“ mit dem Publikum, bevor Michael Hehn in der Figur „Dä Nubbel“ Köln erst einmal zu Beginn ein wenig die Leviten las: Verkehrsprobleme oder die Oper standen an erster Stelle, aber auch ganz aktuell wurden die Übergriffe an Silvester thematisiert und die Armlängen-Tipps der neuen Oberbürgermeisterin. „Dä Nubbel“ gab den Kölner auch mit, das er unter Karneval feiern nicht Exzess versteht. Besonders gefielen dem erlaucht jecken Publikum die „Upside Down Act“-Spielereien unter der Gürzenichsaaldecke von Kai Leclerc, der sich 2010 als Supertalent beworben hatte. Passend zum Mottolied, geschrieben und vertont von Marie Luise Nikuta, vorgetragen vom Jugendchor St. Stephan. Mit Breakdancer Tom Langen, brachte man zudem ein modernes Element ein.

Kabarettist Ferdinand Linzenich brillierte mit seiner Vorstellung was es bedeuten würde, wenn das Leben im Sarg begönne und mit einem Orgasmus ende. Linzenich teilte aber auch aus: Polizei, Stadt, Baustellen, Oper, Sommerkarneval, wo aus Brauchtum Brautum werde, bekamen eine verbale Klatsche. Zu den Vorfällen in der Silvesternacht stellt Linzenich trocken fest, dass man diese Lümmel nicht brauche und selbst schon genug Föttchesföhler habe. Das Publikum liebte seine Zitate aus seinem Buch „Von Alaaf bis Zölibat: Das satirische Lexikon rheinischer Lebensart“. Das schenkte er Oberbürgermeisterin Henriette Reker, verlies dafür die Bühne und stellte für sich fest, dass sie den Shitstorm nach der Pressekonferenz, wo sie jungen Frauen Tipps im Umgang mit Männern gab, nicht verdient hätte. Dafür gab es tosenden Applaus. Nach der Proklamation und den Tänzen der Prinzengarde, der Gesellschaft, die in dieser kurzen Session das Dreigestirn stellt begann der Partyteil der Proklamation. Kuhl un de Gäng, die Wise Guys, Klüngelköpp, Jürgen Beckers, Brings und Natascha Balzat und das Scala-Ensemble mit kölscher Fassung von „Need a hero“ erfreuten die 1.200 Gäste. Die Junge Sinfonie war gleich zweimal im Einsatz. Einmal mit Tenor Norbert Conrads, der „Du bis mi Levve“ und gemeinsam mit Soulsängerin Marie Enganemben „Unser Stammbaum“ vortrug. Zum zweiten mit den Höhnern, die zum Finale der Prinzenproklamation die Gründungsmitglieder Peter Werner und Janus Frühlich verabschiedeten.

Wer Karneval feiern will, der muss sich in diesem Jahr beeilen. Denn nur einen Monat nach der Proklamation, also am 8. Februar 2016 hat das Dreigestirn zu der Zeit, als es gestern proklamiert wurde, schon tausende Kamellen unter dem jecken Volk verteilt. Denn dann ist der Rosenmontagszug schon lange angekommen. Wer die Prinzenproklamation aus Köln ansehen will, der kann dies im Fernsehen tun. Der „WDR“ strahlt die Aufzeichnung am Sonntag den 10. Januar um 20:15 Uhr aus.

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Rede von Oberbürgermeister Henriette Reker anlässlich der Proklamation des Kölner Dreigestirns am 8. Januar

(im Wortlaut, kursiv gesetzt)

Meine sehr verehrten, lieben Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, leev Fastelovendsfründe

in diesen Wochen feiern wir den 2000. Geburtstag der Stadtgründerin Agrippina. Seit acht Jahrzehnten wird ein Dreigestirn proklamiert. Zum ersten Mal von einer Oberbürgermeisterin.

Deshalb habe ich mich entschieden, heute in der Rolle der Agrippina zu Ihnen  zu kommen. Und bitte: Sprechen Sie mich nicht auf mein Alter an! Denn so viele Nullen verträgt keine Frau.

Meinem Stande gemäß bin ich im besten Hotel der Stadt abgestiegen – im Römisch-Germanischen Museum. Ich habe kurz überlegt, ob ich nicht lieber im Dom unterkommen soll – denn dort bin ich auch standesgemäß auf dem Dreikönigenschrein verewigt – was lange niemand glauben wollte. Nun ja – geheimnisvoll sollte eine Frau von Bedeutung immer sein!

Aber dort, im Dom, war es mir dann zum einen doch zu heilig – weltliche Themen übten schon immer eine größere Verlockung auf mich aus und zum anderen: Auch wenn Sie sich nicht erinnern sollten, Herr Kardinal – (zum Publikum) er sagte zu mir: Keine Frauen im Altarraum!

Nä, do moht ich jon.

Un jetz ston ich he – bei Üch. Bei mingem Volk!

Bevor ich Euch, liebes Dreigestirn, die Insignien der Macht für Euren „Fastelovend“ überreiche und Euch proklamiere, möchte ich sicher sein, dass Ihr dessen würdig seid und unsere Stadt gut genug kennt.

Ihr möget mir in der Sprache der Stadt antworten.
 
Bauer Antonius, ich beginne mit der entscheidenden Frage zum Kölner Lebensgefühl, die sich um die trinkbaren Früchte unserer Stadt dreht.

Agrippina: Wat es en Kölle Jrundnahrungsmeddel? Wing – oder Kölsch?

Bauer: Es doch klor! Kölsch!

Agrippina: Su! Klor es dat…. – No jo. För die ahle Römer wor et d’r Wing. Hück es dat anders, dat stemp. Ävver: Do sprichs för die „Gegenwart“.  Ich ben jroß gewode en d’r „Verjangenheit“, en d´r „Antike“. Deswäje ben ich noh lang kei Antiquitätche!

Alsu: Do kress d’r leever e paar Kölsch  – ich drinke eher e Jläsche Wing.

Dat es die kölsche Lösung: Die eine sagen su, die andere esu!!

Leeve Anton, do häs en würdije Antwoot jejovve!   

Agrippina: Thomas! Bei minger Frog an dich jeiht et öm et Wohrzeiche vun Kölle! Met Immobilie kenns do dich jo us.
Wat steiht mih för Kölle? Dr Dom oder d’r Rhing?

Prinz: Der Dom! Dä es Weltkulturerbe, es 157, 38 Meter huh un es en unbezahlbare Attraksion für 6 Millione Touriste em Johr!

Agrippina: Un wat es me’m Rhing? Ohne die Levvensoder „Pater Rhenus“ – Europas bedeutendste Wasserstroß – wör nix met Kölle. Dann sößem’r hück en Knollendörp! Eher en ener Schür wie he em Jözenich!

Prinz: Dat stemp! Mer künne uns nit enscheide. Kölle bruch d’r Dom un d’r Rhing! Wie wor dä „Fachausdruck“?

Agrippina: Kölsche Lösung!

Leeve Thomas, och ding Antwoot wor en würdije.

Agrippina: Bella Johanna! Jetz die Frog an dich: Wat verbingk die Jungfrau em kölsche Dreijesteen met mir, also met Agrippina?

Johanna: Dat kann ich dir sage: Eesch wors de bloss Stadtgründerin, et Agrippina. Späder han se dich mem „Colonia“ vermengk un am Engk han zwei Fraue e Kind jekräje – ohne Mann. Un dat Kind wor en Jungfrau – un dat ben ich.

Agrippina: Dat heiß, do bes d’r einzije Kääl op d’r Welt, dä och en Jungfrau es.
Ding Antwoot jefällt m’r. Un wat MIR jefällt, es och würdig!

Wie säht m’r bei uns: Mer dun et jo nur för Kölle!!
 
Rollenwechsel zur Oberbürgermeisterin

Lieber Thomas Elster,
do häs die Kölsche Sproch em Hätz un op d‘r  Zung! Dinge Fründe he nevven dir kenns do schon fuffzig Johr. M’r künnte meine, för üch es die kölsche Hymne  jeschrevve wode: „Echte Fründe stonn zesamme“!
Hiermit erhältst Du die Pritsche. Mit diesem Insignium hast Du ab sofort die Macht über das närrische Volk in unserer Stadt.  Ich proklamiere Dich zum Prinz Karneval: Prinz Thomas II.

Lieber Ulrich Anton Maslak,
dinge jrößte Wunsch es, dat dinge Vatter „vum Himmelspöözje us“ erlevve kann, dat do he zom staatse Boor vum Dreijesteen 2016 proklameet wes. Deshalv häs de dir och  dä Nome „Anton“ usjesök.
Als Zeichen meines Vertrauens überreiche ich Dir die Stadtschlüssel unserer schönen Stadt. Ich proklamiere Dich zum Kölner Bauer Anton.

Lieber Jörg Hertzner,
Buenos Dias Johanna – mir sin widder do!  Ov he en Kölle oder op Mallorca – Gastlichkeit ist dir ein großes Anliegen!
Und wer könnte das Thema Globalität und Willkommenskultur besser repräsentieren als du? Dieser Spiegel soll dir die Schönheit von Köln und der Welt zeigen und als Symbol deiner Unabhängigkeit und Uneinnehmbarkeit dienen.  
Ich proklamiere Dich zur Kölner Jungfrau Johanna.

Auf unser Dreigestirn,
auf unseren Kölner Fastelovend,
auf unsere Heimatstadt Colonia,

Dreimol
Kölle –ALAAF!
Kölle –ALAAF!
Kölle –ALAAF!

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Autor: Andi Goral
Foto: Prinz Thomas II in dem Moment, in dem er die Pritsche zum ersten Mal als proklamierter Prinz in der Hand hält