Köln | Heute morgen wurde in Köln Braunsfeld Henriette Reker, parteilose Oberbürgermeisterkandidatin, unterstützt von CDU, Grünen, FDP und Deine Freunde, um 9:04 Uhr von einem 44-jährigen Mann aus Köln-Nippes mit einem Bowie-Messer am Hals attackiert und schwer verletzt. Ihr Zustand, so Polizeipräsident Wolfgang Albers, sei stabil, aber sie sei noch nicht über den Berg. In Köln, aber auch im Land und in der Republik löst die Tat Bestürzung aus. Die Polizei und Staatsanwaltschaft schließt einen fremdenfeindlichen Hintergrund nicht aus und NRW Innenminister Jäger spricht von einer politisch motivierten Tat. Der Tag in der Zusammenfasssung.


Kommentar zum Anschlag auf Henriette Reker >

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Die erste Wahlkampfstation des Tages

Es ist 9:04:54 als eine Frau in der Leitstelle der Kölner Feuerwehr anruft und erklärt es gebe auf dem Wochenmarkt in Braunsfeld eine verletzte Frau und es sei ein Messer im Spiel. Um 9:05 Uhr erhält die Leitstelle der Kölner Polizei einen Anruf von der Feuerwehr und Hinweis über den Vorfall. Der erste Streifenwagen ist vier Minuten später um 9:09 Uhr vor Ort in der Aachener Straße 485. Ein Bundespolizist, der in seiner Freizeit auf dem Wochenmarkt war, hielt den Attentäter fest. Die Beamten der Kölner Polizei nehmen den Mann fest.

Gewalt aus dem Nichts heraus

Roland Schüler, stellvertretender Bezirksbürgermeister, der Grünen ist vor Ort als die Tat geschieht. Seine Schilderungen decken sich mit denen, die Ralph Sterck noch vor Ort, von seinen Parteikollegen wiedergibt. Es seien noch kaum Passanten vor Ort gewesen und die Standmitarbeiter der drei Parteien seien gerade dabei gewesen sich zu begrüßen, so Schüler. Der Kollege der SPD habe noch nicht einmal seinen Stand aufgebaut gehabt. Der spätere Attentäter sei völlig friedlich auf den Stand zugekommen. Henriette Reker sei bei den Kollegen am FDP-Stand gestanden und wollte dem Mann eine Rose geben. Schüler, ein Mann der über viel Wahlkampferfahrung verfügt, sagt: Normalerweise merkt man, wenn Bürger ihrem Ärger Luft machen wollen, dann sind sie schon mal laut und man muss sie beruhigen und kann dann eigentlich auch immer mit ihnen sprechen. Der Attentäter dagegen sei völlig ruhig gewesen und aus dem Nichts heraus, sei die Attacke erfolgt. Er habe das Messer aufblitzen sehen und dann sei Henriette Reker zusammengebrochen. Die, die Henriette Reker beschützen wollten seien ebenfalls attackiert worden, dann habe der Mann das große Bowie-Messer weggeworfen und das kleine Butterfly-Messer herausgeholt und sei aber ganz ruhig stehengeblieben. Es habe auf ihn, so Schüler den Eindruck gemacht, dass der Mann, es ganz gezielt auf Henriette Reker abgesehen habe, weil er nach der Tat, als er seine Botschaft abgesetzt hatte, so ruhig blieb. Wie der CDU-Ratsherr Dr. Strahl, der ebenfalls Augenzeuge war, sagt Schüler, dass der Attentäter nur wenig sagte in Richtung er habe das für die Gesellschaft getan.

Strahl berichtet, dass sich eine auf dem Markt einkaufende Ärztin zunächst um Henriette Reker kümmerte. Die ersten Notärzte trafen nach 9:55 Minuten am Ort des Geschehens ein. Ein Notarzt wurde mit dem Rettungshubschrauber Christoph Rheinland eingeflogen. Der Direktor der Kölner Feuerwehr Feyrer erläuterte, dass insgesamt fünf Notärzte, sechs Rettungswagen und mehrere Notfallseelsorger vor Ort gewesen seien. Zwei Patienten seien schwer verletzt worden und unmittelbar in Krankenhäuser der Maximalversorgung unter Notarztbegleitung gebracht worden. Zwei Menschen wurden mittelschwer und eine Person leicht verletzt. Alle wurden in Krankenhäuser gebracht.

Fremdenfeindliches Motiv nicht ausgeschlossen

Der festgenommene Täter, ein 44-jähriger Deutscher aus Nippes, wurde ins Polizeipräsidium nach Kalk verbracht. Schon auf der Fahrt soll er, so der leitende Kriminaldirektor Wagner von der Kölner Polizei, fremdenfeindliche Äußerungen gemacht haben. Unter anderem sei das Wort „Ausländer“ gefallen. Im Polizeipräsidium habe er in einer Einlassung gegenüber den Beamten gesagt, Frau Reker gezielt angegriffen zu haben. Der Mann lebe seit 15 Jahren in Köln und sei bei der Polizei bislang nie aufgefallen. Die Polizei habe auch keine Erkenntnisse, dass er aktuell politisch aktiv sei. Er solle aber gegenüber Beamten ausgesagt haben vor langer Zeit politisch aktiv gewesen zu sein. Dies solle nun geprüft werden. Der Mann, von Beruf Maler und Lackierer, wurde, so die Erkenntnisse aus den ersten Befragungen in seinem Wohnumfeld, als völlig unauffällig beschrieben. Er lebte, so Wagner, von Hartz IV. Die Polizei gehe daher von einem Einzeltäter aus, da sie keine Bezugspunkte bisher ausmachen habe können, dass es Tatbeteiligte gebe. Die Ermittlungen dauerten allerdings an und auch der Gesundheitszustand werde heute noch von Psychologen überprüft.

Die Kölner Staatsanwaltschaft ordnet das Attentat daher den politisch motivierten Straftaten zu, wie dies auch schon NRW-Innenminister Jäger tat. Die Zeugenaussagen, aber auch die Aussagen gegenüber Beamten der Kölner Polizei, lassen ein fremdenfeindliches Motiv vermuten. Die Kölner Polizei hat eine Mordkommission eingesetzt und sofort eine Sonderorganisation aufgebaut, die mit Hochdruck ermittle. Sowohl Kölner Polizei, als auch Staatsanwaltschaft zeigten sich erschüttert über den Anschlag.

Erschütterung quer durch alle Parteien

Roland Schüler verglich die Situation an den Wahlkampfständen vor einigen Jahren und heute. Früher sei man immer hinter den Ständen gestanden. Heute wähle man bewusst den Platz vor den Ständen um mit den Bürgern im Dialog Fragen und Themen zu diskutieren. Auch Oberbürgermeister Jürgen Roters hob darauf an und sagte, es sei ja gerade wichtig, als Politiker mit Bürgerinnen und Bürgern aufeinanderzutreffen und deren Wünsche und Erwartungen aufzunehmen. Roters sprach von einem Anschlag auf das öffentliche Leben und die Demokratie. Die Stadt halte den Atem an und es sei nicht nachvollziehbar, wie ein solcher Anschlag auf das Leben und die körperliche Unversehrtheit von Frau Reker in Köln habe stattfinden können. Die Polizei spricht davon, dass es dafür im Vorfeld keine Anhaltspunkte gegeben habe. Ob es Jörg Detjen ist, Gisela Manderla, Anne Lüttkes, Marlies Bredehorst oder Ralph Sterck, alle zeigten sich tief erschüttert.

Das politische Köln traf sich um 14 Uhr auf der Schildergasse. Auch Henriette Rekers Gegenkandidat Jochen Ott war gekommen. Alle Parteien, bis auf die „Die Partei“, die fröhlich durch die Stadt zog, stellten alle Wahlkampfveranstaltungen sofort ein. Ott sprach aber nicht für die SPD, sondern Gabriele Hammelrath. Man habe von dem Anschlag zwischen zwei Wahlkampfveranstaltungen erfahren, so die SPD Politikerin und sofort alle Wahlkampfaktivitäten eingestellt. Man stehe an der Seite von Henriette Reker und es sei jetzt wichtig zu zeigen, dass die Demokratie wehrhaft ist. Armin Laschet, CDU-Bundesvize und Vorsitzender der Partei in NRW, rief, wie alle Politiker dazu auf morgen zur Wahl zu gehen und damit ein Signal für die Demokratie zu setzen, ganz gleich wer gewinne. Denn die Wahl, so Wahlleiterin Klug werde morgen stattfinden, das sehe das NRW-Wahlgesetz auch so vor.

Die Gedanken der Politik, der Polizei, der Staatsanwaltschaft und vieler Kölnerinnen und Kölner sind bei den Opfern des Anschlages und es dürfte niemanden in Köln geben, der nicht gute Besserung wünscht.

Autor: Andi Goral
Foto: Mit diesem Bowie Messer wurde Henriette Reker attackiert