Köln | Sie war seit Jahren der erste gesellschaftliche Höhepunkt jedes Christopher Street Day, später Cologne Pride. Hier trafen sich die aufglühenden TV-Boulevard-Sternchen mit den Szenegrößen der Community oder den aufgebrezelten Kunstgebilden a la Tatjana Taft. Die hat in diesem Jahr zwar keine Meinung zu Griechenland, aber kokettiert als ionische Pappmachee-Säule mit Olivenzweigen, die nicht als Lorbeerkranz der Olympioniken drappiert sind, sondern strahlenförmig den Kopf umspielen. Auch die Politik gab sich immer ein Stelldichein und natürlich gehörte immer ein internationaler Star dazu – in diesem Jahr Conchita Wurst. Auf dem roten Teppich gab es allerdings nur die kölsche Variante als Conchita Wurst 4711.

Fotostrecke: Der rote Teppich bei der Aidsgala 2015 im Kölner Hotel Maritim >

Conchita Wurst bekommt den Jean-Claude Letist Preis vor dem Beginn des großen Finales, über das der Veranstalter jubelte. Es ist die letzte Aidsgala, weil es organisatorisch nicht mehr zu stemmen sei, so die Veranstalter. Die Öffentlichen Mittel seien gekürzt worden, man habe eine Stelle verloren und die Organisation der Aidsgala binde zu viele Kräfte, die im Alltagsgeschäft benötigt werden. Am 3. Juli 1992 feierte man zum ersten Mal im Kölner Gürzenich, das Straßenfest war noch nicht mitten in der Altstadt angekommen, sondern wurde in der Stephanstraße gefeiert. Und es wehten noch lange keine Regenbogenfahnen am Historischen Rathaus, der IHK Köln oder vor dem DGB Gebäude am Hans-Böckler-Platz. Es musste Geld gesammelt werden, es gab noch keine Medikamente gegen HIV und AIDS und schwule Männer starben in Köln. Es ging aber auch immer um Aufklärungsarbeit. Für die Zukunft will man weiter der Community nahe stehen, wo Männer mit Männern Sex haben. Man will sich für Akzeptanz, Information und einen Diskurs auf Augenhöhe einsetzen, wenn es um den Konsum illegaler Substanzen geht.

Der Jean Claude Letist Preis an Conchita Wurst

Jean-Claude Letist ist einer der Mitbegründer der Aids-Hilfe Köln. Sein Todestag jährt sich in diesem Jahr zum 25. Mal. Der Preis der seinen Namen trägt soll besonderen Menschen zu besonderen Anlässen verliehen werden. Das dieser an Conchita Wurst in diesem Jahr geht, begründet die Aidhilfe Köln so: „Die Entscheidung den Preis Conchita Wurst anzutragen, ist Ausdruck des besonderen Respekts ungeachtet aller Erwartungen und Konventionen anderer – sich selbst das Recht einzuräumen, authentisch und lebensfroh eine eigene Persönlichkeit zu leben.“ Die letzte Aidsgala wurde von Andreja Schneider und Jörg Thadeusz moderiert. Jonathan Briefs moderierte auf dem roten Teppich unter anderem Gloria Viagra oder Babyjane an. Cassy Carrington und ihr Herr Cosler brachten Pop-Chansons aus ihrem gerade erschienen Debüt-Album „Suite 107“. Tim Fischer und Rainer Bielfeld am Flügel sang als Kontertenor Chansons die das Publikum hinschmelzen ließ. Bridge Markland, Ralph Morgenstern, Marcella Rockefeller, Stephan Runge, Ades Zabel als Edith Schröder, Philipp Igris,Kai Wesel und Christian Steiffen begeisterten die rund 1.200 Anwesenden.

Auch die Kölner Politik war reichhaltig vertreten. Jochen Ott, OB-Kandidat der Kölner SPD war mit Lisa Steinmann, MdL und Ingrid Hack, MdL gekommen. Bernd Pettelkau, der Kölner CDU-Vorsitzende kam mit Gräfin Alexandra von Wengelsky, Reinhard Houben mit Gattin von der FDP, der grüne Bürgermeister Andreas Wolter kam mit Sven Lehmann, Landesvorsitzender der Grünen in NRW und Volker Beck, MdB. Arif Ünal, Grüne, MdL, der Vizepräsident des Festkomittee Kölner Karneval Joachim Wüst und viele andere Persönlichkeiten aus der Stadtgesellschaft und der Community waren gekommen.

Autor: Andi Goral
Foto: Der Vorstand der Aids-Hilfe Köln auf dem roten Teppich der letzten Aidsgala 2015