Köln | aktualisiert | Der Generalbundesanwalt übernimmt die Ermittlungen im Fall des Attentats auf Henriette Reker. Dies teilte die Kölner Staatsanwaltschaft vor wenigen Minuten gegenüber report-K mit. Der Generalbundesanwalt begründet: „Mit Blick auf die Schwere der Tat und der mit ihr vom Beschuldigten angestrebten Signalwirkung hat die Bundesanwaltschaft nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen die besondere Bedeutung im Sinne des § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GVG angenommen und die Ermittlungen an sich gezogen.“ Der NRW-Verfassungsschutz teilte mit, dass der Attentäter Frank S.im Jahr 2008 Kontakt zur NPD gesucht habe und aktuell noch sporadisch rechtsgerichtete Online-Portale besucht habe. Die NRW-Linke berichtet, dass die Festplatten bei den bei der Hausdurchsuchung sichergestellten Computern von Frank S. entfernt waren.

Die andauernden Ermittlungen gegen Frank S. fördern zu Tage, dass er auch aktuell nicht der rechtsextremen Szene abgeschworen hatte. Die Frage, warum Kölner Staatsanwaltschaft und Polizei am Samstag, diese Erkenntnisse noch nicht hatten, liegt in der Arbeitsweise der Behörden. So müssen sowohl Polizei, wie Staatsanwaltschaft beim NRW Verfassungsschutz anfragen, ob Erkenntnisse vorliegen. Sie haben keinen direkten Zugriff auf die Daten. Im Falle der Staatsanwaltschaft ist es sogar so, dass der Verfassungsschutz nicht auskunftspflichtig ist. Der Austausch mit dem Verfassungsschutz kann also immer nur im Rahmen einer Abfrage von statten gehen.

Generalbundesanwalt ermittelt wegen Angriff auf Reker

Der neue Generalbundesanwalt Peter Frank hat die Ermittlungen zum Messer-Angriff auf die neue Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker übernommen. Ausschlaggebend für diese Entscheidung sei das mutmaßliche Motiv des Messerstechers, sagte Frank dem SWR. Die Ermittler gehen von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus. Weil sich nach den Verhören des 44-jährigen Tatverdächtigen Verbindungen zur rechten Szene ergeben hätten, schätze die Bundesanwaltschaft den Sachverhalt als möglicherweise staatsschutzrelevant ein, erklärte Frank.

Bis heute hatte Reker Attentäter Bezüge zu rechtsextremen Szene

Heute äußerte sich der NRW Verfassungsschutz zum Attentat auf Henriette Reker in Köln: Der mutmaßliche Täter habe nach ersten Erkenntnissen über Jahre Kontakte in die rechtsextremistische Szene gehabt. Dies beziehe sich vor allem auf die Zeit in den 90er Jahren im Rahmen der Bonner Szene. In der Mitteilung heißt es: „Nach unseren Informationen hat er Bezüge zur „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP) gehabt, die 1995 verboten wurde. Des Weiteren liegen Erkenntnisse vor, dass der heute 44-Jährige 1994 an einem sogenannten „Rudolf Heß Gedenkmarsch“ in Luxemburg teilnahm und von den dortigen Sicherheitsbehörden in Gewahrsam genommen wurde. Es liegen Informationen vor, dass der mutmaßliche Täter 2008 zudem auch Interesse an der NPD gezeigt hat. In jüngster Zeit ist der Beschuldigte sporadisch in rechtsgerichteten Online-Foren in Erscheinung getreten.“ Das heißt Frank S. war beim NRW-Verfassungsschutz kein Unbekannter, aber in der Einschätzung wohl eher ein Mitläufer?

Die Linke kritisiert die Schablonen-Denke des Verfassungsschutzes

Hierzu äußerte sich heute Azad Tarhan, Sprecher für antifaschistische Politik der Partei DIE LINKE in Nordrhein-Westfalen: „Burkhard Freier, Chef des sogenannten Verfassungsschutzes in NRW liegt richtig, wenn er feststellt, dass viele rechte Täter gar nicht aus dem organisierten Rechtsextremismus, sondern aus dessen Umfeld stammen. Allein eine konsequente Schlussfolgerung aus dieser Erkenntnis fehlt: Die Extremismus-Schablone passt auf viel Beispiele aus der Realität nicht und sollte daher ebenso entsorgt werden, wie der Geheimdienst selbst. Dies gilt umso mehr seit Bekanntwerden der Verwicklungen von V-Männer in die Morde des NSU sowie den Aufbau der gewaltbereiten und rassistischen Hogesa. Die Vorstellung, dass rechter und rassistischer Hass nur an den extremen Rändern der Gesellschaft zu finden sei, ist schon lange widerlegt. Diese Falschdarstellung wird dennoch hartnäckig beibehalten, weil sich so ganze Gruppen leicht brandmarken lassen. Tatsächlich gefährliche rassistische Gewalttäter werden aber offensichtlich nicht dingfest gemacht. Zusätzlich werden über die angeblich extremistische Gefahr immer weitreichendere Überwachungstechniken durchgesetzt. Die Kölner Polizei war übrigens über die rechte Vergangenheit des Attentäters nicht auf dem Laufenden und zeigte sich überrascht. Ebenso erstaunlich ist, dass sie in der Wohnung des Attentäters keinerlei Planungsdokumente zum Attentat fanden. Selbst die Festplatten waren aus seinem PC beseitigt worden. Stellt sich die Frage, ob Frank S. seine Tat so detailliert bis zur Festnahme selbst durchorganisiert hat oder ob er womöglich professionelle Hilfe dabei hatte.“

Bericht: BKA stuft 15 Rechtsextremisten als „Gefährder“ ein

Das Bundeskriminalamt (BKA) stuft nach Informationen der „Welt“ vom 20.10.2015 derzeit 15 Personen als rechtsextremistische „Gefährder“ ein, denen jederzeit eine politisch-motivierte Straftat zugetraut wird. Weitere 109 Rechtsextremisten gelten demnach als „relevante Personen“ der Szene. Der 44-Jährige, der am Wochenende die Kölner Politikerin Henriette Reker mit einem Messer attackierte und schwer verletzte, tauche in diesen Listen allerdings nicht auf. Der „Welt“ zufolge verfügen weder die Polizei noch die Verfassungsschutzämter über Informationen zu dem Mann aus Köln-Nippes. Eine Aussage, die sich nicht mit der Erklärung des NRW-Verfassungsschutzes deckt.

Autor: Andi Goral, dts