Köln | Schöner retten, denkt der, der den Ausblick aus der Panoramascheibe der Rettungshubschrauberstation aus einem der zukünftigen Ruhezimmer der Ärzte genießt. Die Feuerwehr der Stadt Köln hat nicht gespart: spannende Architektur, viel Glas und Licht, edle Sanitäreinrichtungen, mit der Station auf dem Kalkberg kann man protzen und angeben. Die Anlage sei zu 85 Prozent fertig, sagt Bauherr und Direktor der Feuerwehr, Feyrer. Die Stadt hat heute zum Pressetermin mit Gutachtern geladen, einen Tag bevor der Stadtrat ein weiteres Mal über den Kalkberg spricht.

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Gutachter glaubt nur an Setzungen von 1 mm pro Jahr

Prof. Lutz-Heinrich Benner der die Halde untersucht, erklärt, dass er davon ausgehe, wenn die Halde saniert und stabilisiert ist, sie sich nur noch um einen einzigen Millimeter pro Jahr setzen werde. Und er, sowie Wolfgang Beer, Institut Roger Grün, Mülheim, gehen davon aus, dass sich das Gebäude nur noch gleichmäßig setzen und nicht mehr, wie bisher, einseitig neigen werde. Und selbst wenn dies passieren würde, dann könne man noch mit Beton eine eventuelle Neigung stabilisieren. Benner machte darauf aufmerksam, dass er zwar noch keine Erfahrung mit Deponien aus Kalkschlämmen, aber mit Halden und Deponien in der Wismut habe.

Damit lehnen sich die beiden Gutachter weit aus dem Fenster und bescheinigen dem Gebäude der Rettungshubschrauberstation auf Jahre hinaus seine volle Betriebsfähigkeit ohne Einschränkungen und Nachbesserungen, außer bei den großen Rolltoren des Hangars, wo eine Nachjustierung vorgesehen werden soll. Bei den großen Rolltoren für die Helikopterhalle solle der Hersteller jetzt eine Anlage einbauen, die nachjustiert werden könne. Diese sollen Nachjustierungen bis zu fünf Zentimeter ermöglichen. So sei dies bestellt worden. Nimmt man die 1 mm von Prof. Benner, dann reicht dies für 50 Jahre.

Gutacher Beer: Keine konstruktiven Probleme

Beer sagt, die Haarrisse im Betonboden des Hangars und den Wänden seien unproblematisch und konstruktiv kein Problem. Das Gebäude habe sich um fünf Promille geneigt, dies sei das drei bis vierfache einer normalen Baustelle. Sollte es sich weiter neigen, könnte eine Betonsuspension eingebracht werden – und dies nicht nur einmal – die das Gebäude weiter stabilisiere. Er sagt auch, er gehe davon aus, dass das Gebäude in der Waage bleibe, wenn die Böschung des Kalkberges saniert sei, denn dann werde es nur noch wenige Setzungen geben. Bildlich so die Gutachter müsse man sich das vorstellen, als würde der Kalkberg noch einmal eingetopft und der Berg eingespannt. Dann könne auch kein Wasser mehr den Kalk erreichen. Von unten nicht, weil die Grundwasserschicht, die das Umweltamt der Stadt Köln mit einer maximal bisher gemessenen Höhe von 39 Metern angebe, so Benner. Danach gebe es noch einen Abstand von rund einem halben Meter der so genannten Rheinterrasse, auf der die Deponie und die Kalkschlämme auflägen. Und von oben nicht, weil eine neue Deckschicht aufgebracht sei.

Für den südlichen Teil des Gebäudes, also nicht den Hangar, sehen beide Gutachter keine Probleme für Türen und Fenster. Das Gebäude habe sich um drei Zentimeter gleichmäßig gesetzt. Dies sei im Rahmen und die Gutachter erwarten hier keine Veränderungen. Zudem könne man auch hier die Fenster und Türen nachjustieren. Das endgültige Gutachten erwartet die Stadt Köln für April.

Feyrer will den Kalkberg

Der Direktor der Kölner Feuerwehr Feyrer betonte, dass der Kalkberg nach seiner Auffassung der beste Standort sei und das Gebäude und der Hangar zu 85 Prozent fertig gestellt. Jeder Tag Baustopp koste Geld, so habe ein Unternehmen die Stadt auf täglichen Schadensersatz von 3.000 Euro verklagt. Feyrer sagt, die Ratsvorlage für morgen enthalte den Vorschlag die Standorte Kurtekotten und Geestemünder Straße zu prüfen und zwar unter allen Voraussetzungen. Dies koste pro Standort rund 125.000 Euro. Bis zu einer Entscheidung rechnet Feyrer mit 1,5 Jahren, dann könnte dort gebaut werden und diese Kosten kämen dazu.

Allerdings sieht Feyrer gute Chancen für Bürger, die an den anderen Standorten gegen die Stadt klagten, weil die Stadt mit dem Kalkberg einen bereits genehmigten Alternativstandort habe. Der Vorgang der luftrechtlichen Genehmigung für den Kalkberg nahm drei Jahre in Anspruch. Er habe jetzt die Genehmigung für die Rettungshubschrauber am Köln-Bonn-Airport bis Ende 2017 verlängert. Die Kosten lägen pro Jahr bei rund 600.000 Euro, da dort pro Start und Landung bezahlt werden müsse. Die Stadt Köln sei mit ihrer im Eigenbetrieb betriebenen Rettungshubschrauberstation eine Ausnahme, so Feyrer. 

Die Gutachter sagen, die Halde könne saniert werden und parallel bereits der Rettungshubschrauberbetrieb gestartet werden. Feyrer hat für den Kalkberg einen anderen Plan. Zunächst müsse der Rat die entsprechenden Beschlüsse herbeiführen, dann solle die Halde saniert werden und anschließend die Rettungshubschrauberstation in Betrieb genommen werden. Hier müssen die Genehmigungen noch final hergestellt werden. Auch ist ein neuerliches Lärmschutzgutachten abzuwarten, ob durch den Abtrag der Kuppe nicht weitere Maßnahmen zum Lärmschutz erfolgen müssen. Feyrer geht von einer Inbetriebnahme des Kalkbergs Ende 2017 aus.

Der Rat der Stadt Köln steht vor keiner leichten Entscheidung. Folgt er dem Antrag einiger Gruppen im Rat, das endgültige Aus des Kalkbergs als Rettungshubschrauberstation zu beschließen, dann wird ein fast vollständig fertiger und bereits komplett ausgebauter Neubau abgerissen. Und die Feuerwehr hat sich dort Luxus gegönnt und nicht gegeizt. Hier wird auch deutlich, es handelt sich um ein Prestigeobjekt. Beschließt er die Fertigstellung und anschließende Inbetriebnahme der Station, bleibt das Restrisiko einer unkalkulierbaren Halde, auch wenn die Gutachter heute sich souverän zeigen. Und damit unkalkulierbare Kosten und Risiken auf Jahre hinaus, denn auch die Sanierung und das Eintopfen des Kalkschlammes muss gelingen.

Autor: Andi Goral
Foto: Bei strahlendem Sonnenschein zeigte die Kölner Feuerwehr heute ihr Prestigeobjekt – die Rettungshubschrauberstation auf dem Kalkberg