Köln | Die Bundesanwaltschaft hat am 29. Januar 2016 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf Anklage gegen den 44-jährigen deutschen Staatsangehörigen Frank S. wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung erhoben.*

Es bestehe der hinreichende Verdacht, dass der Angeschuldigte am Morgen des 17. Oktober 2015 auf einem Wochenmarkt in Köln-Braunsfeld versucht hat, die damalige Kandidatin für das Kölner Oberbürgermeisteramt heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen zu töten, und dabei fünf weitere Menschen zum Teil schwer verletzt hat. So begründet der Generalbundesanwalt seine Anklage.

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen wollte der Angeschuldigte Henriette Reker ausschließlich deshalb töten, weil sie als Beigeordnete für Soziales, Integration und Umwelt der Stadt Köln

mitverantwortlich war für eine – aus seiner Sicht – verfehlte Politik in Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten. Mit der Tötung von Henriette Reker wollte der Angeschuldigte ein Zeichen setzen und ihre Wahl zur Oberbürgermeisterin verhindern. Vor diesem Hintergrund handelt es sich um eine staatsschutzspezifische Tat von besonderer Bedeutung (§ 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a GVG), ordnet der GBA ein.

Es gebe keine Hinweise zu Mittätern oder die Beteiligung des Angeklagten in einer terroristischen Vereinigung, stellen die Ankläger fest.

Der GBA schildert in seiner Anklageschrift die Tat: „Der Angeschuldigte hatte sich entschlossen, die damalige Kandidatin für das Oberbürgermeisteramt der Stadt Köln, Henriette Reker, als Repräsentantin einer von ihm abgelehnten Ausländer- und Flüchtlingspolitik zu töten. Er informierte sich daher im Internet über die für den 17. Oktober 2015 geplanten Wahlkampfauftritte seines Opfers.

Ein Termin war von 9.00 bis 9.30 Uhr auf dem Wochenmarkt in Köln-Braunsfeld in Höhe der Aachener Str. 456 vorgesehen. Der Angeschuldigte verließ daher am frühen Morgen des 17. Oktober 2015 seine Wohnung. An der Innenseite seines Oberschenkels trug er ein sogenanntes Bowiemesser mit einer Klingenlänge von etwa 30 Zentimeter. Zudem hatte er ein Butterflymesser mit einer Klingenlängevon etwa 9 Zentimeter bei sich. Wenige Minuten nach dem Eintreffen von Henriette Reker auf dem Wochenmarkt ging der Angeschuldigte auf sein Opfer zu, das an einem Wahlkampfstand Rosen verteilte. Zur Verschleierung seines Vorhabens bat er sie um eine Blume. Als Henriette Reker dem Angeschuldigten eine Rose überreichte, zog er sein Bowiemesser und stach ihr von vorne in den Hals. Das Messer drang etwa zehn Zentimeter tief ein, erreichte die Wirbelsäule und verletzte die Luftröhre.

Für Henriette Reker kam der Angriff überraschend, so dass sie nicht in der Lage war, sich dagegen zu wehren. Sie stürzte lebensgefährlich verletzt zu Boden. Beim Zurückziehen des Bowiemessers verletzte der Angeschuldigte eine Frau im Gesicht. Anschließend stach er wahllos auf zwei weitere Menschen ein. Er versetzte ihnen Stiche in den Brustkorb und in den Arm. Als er das Bowiemesser zu Boden geworfen hatte, zog er das Butterflymesser hervor und stach einer weiteren Frau in den Unterleib. Schließlich schob ein Wahlkampfhelfer den Angeschuldigten mit Hilfe einer Werbefahne beiseite. Der Angeschuldigte ließ das Butterflymesser fallen und wartete widerstandlos auf das Eintreffen der Polizei.

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft Köln die Ermittlungen gegen den Beschuldigten geführt. Bereits am 19. Oktober 2015 hat die Bundesanwaltschaft das Ermittlungsverfahren wegen des spezifischen staatsgefährdenden Charakters der Tat und der besonderen Bedeutung des Falles übernommen. In der Folge wurde der Angeschuldigte dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der auf Antrag der Bundesanwaltschaft Haftbefehl erließ. Der Angeschuldigte wurde am 17. Oktober 2015 vorläufig festgenommen und befindet sich seit dem 18. Oktober 2015 in Untersuchungshaft.

(§ 211, § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5, § 22, § 23, § 52 StGB)

Autor: ag
Foto: Der Ort des Attentats im Oktober 2015 in Köln-Braunsfeld