Köln | Seit nunmehr zehn Jahren kooperieren die Aidshilfe und das Jobcenter Köln beim Regenbogencafé HIVissimo, in dem chronisch erkrankte Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit heraus wieder an den Arbeitsmarkt herangeführt werden sollen. Rund 15 Prozent der 30 bis 40 Teilnehmer an dem Projekt haben laut Jobcenter tatsächlich dadurch den Sprung zurück in den ersten Arbeitsmarkt geschafft.

So konnten allein zwischen 2013 und 2014 drei Teilnehmer in den ersten Arbeitsmarkt und weitere vier in einen Minijob vermittelt werden. Zwei Personen haben eine Ausbildung begonnen und eine weitere nahm eine geförderte Beschäftigung auf.

Das Angebot des Regenbogencafés HIVissiomo richtet sich an Jobcenter-Kunden, die HIV-positiv, an einer Aids- oder Suchterkrankung leiden oder aufgrund einer anderen chronischen Erkrankung den direkten Zugang zum Arbeitsleben verloren haben. Hier setzt das gemeinsame Projekt an. In dem durch die Aidshilfe Köln betriebenen und durch Fördergelder des Jobcenters mitfinanzierten Regenbogencafé HIVissimo werden in einem halbjährlichen Turnus jeweils 15 Teilnehmer wieder an ein geregeltes Arbeitsumfeld herangeführt, eigene Hemmschwellen aufgrund der Erkrankung abgebaut und eine Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe ermöglicht. Das Angebot richte sich bewusst nicht nur an HIV-Infizierte, um einer Stigmatisierung vorzubeugen, so Michael Schuhmacher, Geschäftsführer der Aidshilfe Köln. „Ansonsten käme das Umbinden einer Schürze hier einem Coming-Out als HIV-positiv gleich“, erklärt er.

15 Stellen – sechs Monate Laufzeit

Die 15 Arbeitslosengeld II-Bezieher haben für jeweils ein halbes Jahr die Möglichkeit, in der Küche oder im Service im Café der Aidshilfe Köln mitzuarbeiten. Neben Frühstück sowie Kaffee und Kuchen am Nachmittag bietet das Café montags bis freitags zusätzlich einen Mittagstisch mit frisch zubereiteten Speisen an. Rund 80 bis 100 Drei-Gänge Menüs werden hier täglich mittags serviert.

Geleitet wird das Regenbogencafé seit Jahreswechsel von Frank Reibeholz für den Bereich Service und Markus Speen für den Bereich Küche. Speen kommt eigentlich aus dem gehobenen Gastronomiebereich, was sich auch auf der wöchentlich wechselnden Speisekarte niederschlägt. Auf dieser finden sich Hauptgerichte wie geschmorte Ochsenbacke mit Perlzwiebeln und Kartoffelstampf oder auch Wildlachsfilet auf Sauerkraut mit Dijonsenfsauce und Kartoffeln. Alles wird frisch zubereitet.

Dabei muss sich Speen auf die immer wechselnden Teilnehmer einstellen. Teilweise müsse er den Teilnehmern den Umgang mit Messer und Schneidebrett beibringen. Dabei darf Speen nicht außer Acht lassen, dass die Menschen, die in seiner Küche stehen teilweise über Jahre zurückgezogen gelebt haben. Von Fall zu Fall kämen auch Sprachbarrieren hinzu, die es zu überwinden gelte, so der 35-jährige Koch, der sich zugunsten seiner Familie aus der gehobenen Gastronomie mit oftmals extrem langen Arbeitszeiten verabschiedet hat. Es müsse auf die jeweiligen Befindlichkeiten der Teilnehmer Rücksicht genommen werden. „Aber es gibt auch klare Regeln und klare Ansagen“, so Speen. „Wir führen hier einen Betrieb der einem Restaurant gleichkommt.“ In Gesprächen mit Neuankömmlingen versuche man gemeinsam herauszubekommen, wer welche Tätigkeit übernehmen wolle, ob nun im Service oder in der Küche. „Der Spaß an der Arbeit steht auch hier im Vordergrund“, erklärt er.

Chronisch Kranke wieder in die Arbeitswelt integrieren

Die Entwicklung neuer Medikamente habe die Lebensqualität der HIV-Infizierten wesentlich verbessert, so Michael Schuhmacher. „Dank der Präparate kann die Infektion wirksam unter Kontrolle gebracht werden, sodass die Krankheit nicht ausbricht und das Immunsystem in der Lage ist, sich zu erholen. Viele Menschen können ein relativ normales Leben führen und am Arbeitsleben teilhaben – das ist genau das, was sich die meisten wünschen.“

Chronisch Kranke seien oft über längere Zeiträume alleine und ohne soziale Kontakte, so Schuhmacher. Das Regenbogencafé biete ihnen die Möglichkeit, andere Menschen kennenzulernen, sich auszutauschen. Gleichzeitig bekämen sie durch ihre Arbeit auch von den Gästen ein positives Feedback, erführen nach langer Zeit wieder Wertschätzung.

Flankierende Betreuung

Neben der Arbeit im Café werden die Teilnehmer – auf Wunsch – durch ein flankierendes psychosoziales Angebot unterstützt. Die Betroffenen seien nicht nur durch ihre Krankheit beeinträchtigt, sondern hätten oft zusätzlich noch eine Reihe anderer Probleme, so Schumacher. „Das können Schulden sein, fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten oder instabile Wohnverhältnisse“, erklärkt der Aidshilfe-Chef. Der Ansatz des Beratungsangebotes sei es, praktische Lösungen zu finden und Hemmnisse im Alltag abzubauen.

Nicht zu unterschätzen ist laut Wagner darüber hinaus die Außenwirkung des Projekts. Der direkte Kontakt von Gästen und Menschen, die an HIV oder Aids erkrankt sind, trage wesentlich dazu bei, Vorurteile und Berührungsängste abzubauen.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Geschmorte Ochsenbacke mit Perlzwiebeln und Kartoffelstampf – eines der wechselnden Menüs im Regenbogencafé HIVissimo.