Köln | Die Stadt beherbergt derzeit rund 8000 Flüchtlingen, darunter befinden sich (Stand Ende August) 1155 minderjährige Jugendliche, die ohne ihre Familie angekommen sind und deshalb vom Jugendamt in Obhut genommen werden müssen. Die Zahlen der Neuankömmlinge sind deutlich gestiegen – waren es 2013 noch 220 und 2014 im ganzen Jahr 450 Jugendliche, wurden 2015 bis Mitte August bereits 525 gezählt. Bis Jahresende wird die Zahl wohl auf 800 steigen. Dazu kommen Flüchtlinge unter 18, die bei Verwandten in der Stadt unterkommen oder die vom Jugendamt bereits in Wohngruppen in und außerhalb Köln untergebracht werden können.

„Wir fühlen uns derzeit schon an und teilweise über der Grenze. Wir müssen jeden Tag sehen, wo wir Personal und Räume herbekommen, um die Jugendlichen entsprechend der Vorschriften unterzubringen“, sagt Jugendamtsleiterin Carolin Krause. Verschärft werde die Situation derzeit noch durch die neue Drehscheibe am Kölner Flughafen.

Aktuell hofft die Stadt auf das neue Bundesgesetz, das die Verteilung der Jugendlichen auf alle Länder und Kommunen neu regelt. Derzeit liegt die Last der Unterbringung auf den Jugendämtern Köln, Aachen, Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf und Bochum und das obwohl es in NRW insgesamt 170 Jugendämter gibt.

Das neue Gesetzt tritt regulär am 1. Januar in Kraft, eventuell wird es auf den 1. November vorgezogen. Dann könnte Köln etwa 90 Prozent der jugendlichen Neuankömmlinge, nach vorheriger Prüfung der Verteilfähigkeit, zu anderen Kommunen weiterleiten. Die Verteilung soll binnen von vier Wochen nach der Ankunft erfolgen.

Derzeit nutzt Köln sowohl die eigenen Unterbringungsmöglichkeiten, als auch weitere im Umland in einem Umkreis von bis zu 70 Kilometern. Genutzt werden als Notlösung auch Hotels bzw. Hostels, Jungendhilfeeinrichtungen wie Jugendzentren oder leerstehende Gebäude wie eine Schule in Ehrenfeld. Außerdem soll es im Jugendhilfesystem Kölns einen weiteren Platzausbau geben.

In der Regel bekommt die Stadt die Kosten, die zwischen 3000 und 5000 Euro pro Jugendlichem liegen, vom Bund erstattet. Ob dies auch bei den Notlösungen gilt, die oft höhere Kosten verursachen, darüber gibt es derzeit noch Debatten. Geprüft wird aktuell auch die Möglichkeit, die Jugendlichen in Gastfamilien unterzubringen, von denen sich aktuell in Köln 40 bis 50 angeboten haben. Möglich ist dies allerdings nur nach einer halbjährlichen Schulung.

Die ankommenden Jugendlichen kommen nach ihrer Ankunft zunächst in stationäre Aufnahmegruppen, wo die Grundversorgung sicher gestellt wird. Später folgen dann sogenannte Clearingwohngruppen, wo es neben anderen Angeboten regelmäßig Sprachunterricht gibt. Im Idealfall kommen die jungen Flüchtlinge dann nach acht bis zehn Wochen in reguläre Wohngruppen. Hier sind aktuell aber auch Wartezeiten von bis zu fünf Monaten möglich. In allen Bereichen werden die Flüchtlinge intensiv pädagogisch betreut. Ziel ist es, den Jugendlichen einen möglichst guten Start ins Leben in der neuen Heimat zu sichern, wozu auch der Schulbesuch bzw. eine berufliche Ausbildung gehört.

Autor: Stephan Eppinger