Köln | Gestern fand im Kölner Dom ein Gedenkgottesdienst und ein staatlicher Trauerakt aus Anlass des Absturzes des Germanwings Fluges 4U9525 statt. In der öffentlichen Meinung und der kann man sich anschließen, wurden Ablauf und Art als würdevoll und angemessen gewertet. In den Stunden und am Tag danach drängt sich eine Frage auf: Wem wurde dort gedacht und an wen erinnert man sich?

Gauck, Merkel, Kraft, Woelki, Kurschus, Notfallseelsorger, deren Namen man schon vergessen hat, Sarah, die für Angehörigen sprach, Kleine, Gabriel, Gröhe, Schwesig, Bouvier, Voßkuhle, Lammert, Copilot Andreas L. sind die Namen, die man mit dem Gottesdienst und dem Trauerakt heute, morgen und Übermorgen in Verbindung bringt. Stellen wir uns einmal die Frage, was hätte ich gewollt, wenn ich als Mensch in ein derartiges Unglück verwickelt gewesen wäre? Alle, die wir gefragt haben, auch wenn das sicher nicht repräsentativ war, sagten: „Ich hätte gewollt, dass mein Name gesagt wird, vielleicht noch ein Satz zu meiner Person.“

Um welche Talente, Menschen mit Haltungen, Schwächen und Charaktere wurde gestern getrauert? Elfi Scho-Antwerpes, die Kölner Bürgermeisterin, stellte auf der jährlichen Gedenkveranstaltung an die AIDS Toten anlässlich des Kölner CSD, der Nacht der Lichter, einmal die Frage, ob wir nicht viel zu schnell Menschen und ihre Taten vergessen. An diesem Abend des CSD, als Scho-Antwerpes dies sagte, wurden Namen von Menschen öffentlich verlesen, die nicht mehr da waren, es wurden ihre Bilder eingeblendet. Auf dem Heumarkt tausende Menschen, die in diesem Moment an den Verstorbenen, seinen Namen, sein Leben erinnert wurden. Es war auch sehr würdevoll und vor allen Dingen nicht voyeuristisch. Ein Vorwurf der aktuell immer wieder im Raum steht.

Die unschuldigen Opfer des Absturzes in den französischen Alpen blieben gestern Namenlos und Anonym. Alle hatten die gleiche weiße Kerze. Das Andenken an sie, an ihre Taten und Wirken bleiben zunächst privat und abstrakt. Bleibt dies so und wenn die Ermittlungen im Abschluss das bisherige Ergebnis bestätigen, dass Co-Pilot Andreas L. das Flugzeug absichtlich abstürzen ließ – über den wir sehr viel wissen – dann wäre der Täter, der einzige Name, neben den oben genannten Namen von staatlichen Repräsentanten und kirchlichen Vertretern, der im kollektiven Gedächtnis für immer bleibt. Diese Vorstellung ist verstörend.

Autor: Andi Goral