Köln | NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hatte zum Trauergottesdienst für die Angehörigen des Germanwings Fluges in den Kölner Dom geladen, der würdig den Opfern gedachte. Im Vorfeld des Gottesdienstes gab es viel pauschale Medienschelte, auch vom Kölner Erzbischof Kardinal Woelki. Die Landesregierung NRW und die beiden großen Kirchen verfolgten eine restriktive Medienakkreditierung. Unter anderem wurden für die Bildberichterstattung aus dem Kölner Dom nur die großen Agenturen Deutsche Presseagentur, Katholische Nachrichtenagentur und der evangelische Pressedienst akkreditiert. Die zeigten sich später aber wenig solidarisch, antworteten auf Anfragen mit Absagen oder saftigen Preisen. Die Landesregierung NRW und die katholische Bischofskonferenz weigern sich bis heute Transparenz in die Akkreditierungspraxis zu bringen. Eine Betrachtung am Tag der Pressefreiheit.

Das doppelte Spiel der katholischen Kirche

Am Morgen des Trauergottesdienstes wurde ein Interview mit dem Kölner Kardinal Erzbischof Woelki im Deutschlandfunk ausgestrahlt. In diesem forderte der Kölner Kardinal die Medien auf, die nötige Distanz und den Respekt vor den Opfern zu wahren. Präses Annette Kurschus rief für die evangelische Kirche dazu auf, die Würde der Trauernden zu achten: „Im Weinen sei diese Würde besonders sichtbar und verletzbar. Es sei würdelos, ein Geschäft mit den Tränen von Menschen zu treiben: Die Tränen der Trauernden gehören niemandem als ihnen selbst.“ Soweit die Ansprachen. Die Realität sieht anders aus.

Landesregierung NRW, die katholische Bischofskonferenz und evangelische Kirche akkreditierten Medien für den Trauergottesdienst, der natürlich für ein hohes öffentliches Interesse sorgte. Wie in diesen Fällen üblich, werden so genannte Pools für die Bildberichterstattung gebildet, meist aus Nachrichtenagenturen, oder den öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten. Diese bedienen dann wiederum alle anderen Medien. So auch in Köln am 17. April 2015. Dabei wurde unterschieden zwischen Plätzen im Dom, wo Medien nur schreibend akkrediert wurden und vor dem Dom. Dort gab es eine Fotoposition für die Anfahrt der Staatsgäste. Auch hier, obwohl die Domplatte nicht zu den kleinsten Plätzen Kölns zählt, wurde eine Selektion vorgenommen.

WDR zeigt sich solidarisch

Für die laufenden Bilder aus dem Kölner Dom war dies der Westdeutsche Rundfunk (WDR). Dieser stellte kostenlos anderen Medien einen Videoplayer und TV-Signal zur Verfügung, um die Übertragung des Traueraktes und des Gottesdienstes einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wer beim WDR anfragte, dem wurde erklärt, dass man aus Solidarität in diesem speziellen Fall auf eine Honorierung verzichtete. So auch report-K, das den Livestream übernehmen konnte.

KNA und epd halten die Hand auf

Ganz anders bei den Fotos. Wer bei dpa anfragte, erhielt die Antwort, dass man nur für andere Nachrichtenagenturen arbeite und Einzelmedien, die dem dpa-Verbund nicht angeschlossen seien, nicht bediene. Die Katholische Nachrichtenagentur KNA verlangte Geld und das nicht zu knapp. Wer ein Foto aus dem Dom wollte, der musste kräftig bezahlen: Für die Nutzung in einer Internetpublikation für eine Woche 30 Euro und dauerhaft 175 Euro, zuzüglich Mehrwertsteuer pro Bild. Dazu der Hinweis, dass man da schon sehr kulant sei und die Bilder normalerweise sehr viel teurer wären.

Die Katholische Nachrichtenagentur ist eine klassische GmbH und verfolgt damit rein kommerzielle Ziele. Nach deren eigenen Angaben auf der deren Website www.kna.de ist der Mehrheitsgesellschafter die Katholische Medienhaus GmbH in Bonn. Weitere Gesellschafter sind deutsche Zeitungsverlage, katholische deutsche Bistümer und der Deutsche Caritas Verband DCV. Alleiniger Gesellschafter der Katholische Medienhaus GmbH ist der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD). Zu diesem heißt es auf der Internetseite der Deutschen Bischofskonferenz: „Der Verband der Diözesen Deutschlands ist Rechtsträger der Deutschen Bischofskonferenz. Er wurde am 4. März 1968 als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet. Im VDD sind die 27 rechtlich und wirtschaftlich selbstständigen Diözesen zusammengeschlossen. Vorsitzender der Vollversammlung des VDD ist der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx (Erzbischof von München und Freising). Die Ämter des Vorsitzenden des VDD-Verwaltungsrates und des Vorsitzenden des VDD-Verbandsausschusses übt in Personalunion Bischof Norbert Trelle aus.“

Pikant: Deutsche Bischofskonferenz entscheidet über Akkreditierungen und profitiert

Das Pikante ist nun, dass genau diese Deutsche Bischofskonferenz über die Akkreditierung von Medien im und vor dem Kölner Dom entscheiden durfte und hinten herum davon profitiert. Hat die Deutsche Bischofskonferenz ihrer eigenen kommerziellen Nachrichtenagentur so Vorteile verschaffen wollen? Zumindest macht es den Eindruck.

Ist die evangelische Kirche besser? Nein, auch der Evangelische Pressedienst (epd) verkauft die Bilder aus dem Kölner Dom. Allerdings hat die gGmbh des epd moderatere Preise. So verlangt man nur 50 Euro pro Bild zuzüglich Mehrwertsteuer. Wer sich jetzt an die Worte von Präses Annette Kurschus erinnert, sollten Medien nicht mit den Tränen der Opfer oder deren Angehörigen Kasse machen. Auf die Nachfrage warum, der epd Geld mit dem Trauergottesdienst mache, antwortete der Pressesprecher der Evangelischen Kirche von Westfalen Andreas Duderstedt: „Keine Kamera durfte sich im Dom auf die Angehörigen richten. Der Evangelische Pressedienst verzichtet auf sensationsheischende Fotos und hält die nötige Distanz ein. Das war sonst bei der bisherigen Bildberichterstattung über die Opfer nicht immer der Fall. Ingo Lehnick, Chefredakteur des epd West: „Es geht nicht um das Ob der Bildberichterstattung, sondern um das Wie.““ In der Shopping Card des epd fand sich dann allerdings gekennzeichnet mit einem Einkaufswagen, das Foto der weinenden Sarah, die für die Angehörigen sprach. (Hinweis der Redaktion: Der Screenshot liegt in der Redaktion vor, kann aber aus datenschutzrechtlichen und urheberrechtlichen Gründen hier nicht gezeigt werden) Für die Agenturen, die zugelassen waren, sind solche Beschränkungen ein gutes Geschäft, nicht nur kurz nach dem Ereignis, sondern oft auf Jahre hinaus, wenn an Jahrestagen wieder Fotos benötigt werden.

Wie viele Medien hatten sich wirklich angemeldet und waren akkreditiert?

Die für die Akkreditierung verantwortliche Landesregierung Nordrhein-Westfalens und die katholische Bischofskonferenz sprachen von rund 400 angemeldeten Medienvertretern. Report-K wollte es genau wissen und stellte daher mehrfach die Anfrage nach der genauen Anzahl akkreditierter Journalisten vor dem Dom und im Dom und wie die Verteilung der Plätze auf die einzelnen Mediengattungen von Print, TV, Hörfunk und Internet, als auch ausländische und inländische Medien erfolgte. Nicht akkreditierte Journalisten konnten im Hotel Excelsior Ernst die WDR Übertragung verfolgen.

Der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz Matthias Kopp antwortete zunächst: „Aufgrund von hunderten weiterer Anfragen kann ich Ihnen erst jetzt antworten. Da deutlich mehr Medienvertreter einen Platz vor oder im Dom beantragt haben, als durch die Organisation zur Verfügung gestellt, war es notwendig, dass die Pressestellen der Staatskanzlei und unseres Hauses eine Auswahl treffen mussten und nicht jeden Wunsch berücksichtigen konnten. Insgesamt haben sich rund 400 Medienvertreter angemeldet. Ich bitte um Verständnis, dass ich nähere Auskünfte, welche Mediengattungen wo in welcher Zahl platziert werden, derzeit nicht geben werde. Internetplattformen sind im übrigen vertreten wie Fernsehstationen, Zeitungen und Fotoagenturen. Die Einschränkung bei der Vorfahrt der Verfassungsorgane vor dem Dom ist aus Platz- und Sicherheitsgründen notwendig.“

Mit Hinweis auf das Landespressegesetz NRW bat report-K um erneute Beantwortung und Angabe konkreter Zahlen, dies beantwortete Kopp so: „Aufgrund der hohen Anmeldezahl von Medienvertretern war – wie Sie wissen – eine räumliche Beschränkung notwendig, weshalb nicht jedes Akkreditierungsgesuch mit den darin geäußerten Wünschen umgesetzt werden konnte. Mit Ihrem Bezug auf das Landespressegesetz verstehe ich nicht, warum für die Öffentlichkeit exakte Akkreditierungszahlen nach Medien, Standorten etc. notwendig sind. Gemäß dem Landespressegesetz habe ich Sie gestern informiert.“ Auch die Staatskanzlei des Landes NRW und Regierungssprecher Staatssekretär Thomas Breustedt verweigert schriftlich die Angabe zu konkreten Zahlen und verweist auf die Antwort des Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz. Eine weitere Anfrage beantwortete der Regierungssprecher gar nicht mehr. Wichtig zu wissen in diesem Zusammenhang ist, dass die Anfrage sich nicht auf die Namen der Medien oder Medienvertreter bezog – aus Datenschutzgründen – sondern nur auf die reinen Zahlen, um auch das Medieninteresse an der Trauerfeier im und vor dem Dom konkret und korrekt darzustellen. Und natürlich auch, wie die Landesregierung NRW und die Deutsche Bischofskonferenz ausgewählt haben.

Wer bestimmt was die Öffentlichkeit interessiert und was nicht?

Es ist schon erstaunlich, dass bei einer Veranstaltung initiiert von der Landesregierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in Nordrhein-Westfalen, der Pressesprecher der Katholischen Kirche, darüber entscheidet, was die Öffentlichkeit zu interessieren hat und was nicht. Und wer darüber berichten darf oder nicht. Heute ist weltweiter Tag der Pressefreiheit.

Autor: Andi Goral
Foto: Die katholische Kirche entschied über die Presseakkreditierungen im Kölner Dom beim Trauerakt für die Opfer des Germanwings Fluges 4U9525 und akkreditierte neben zwei weiteren Agenturen nur die ihr zugehörige KNA für die Bildberichterstattung.