Köln | Von April bis Anfang Juli will die Stadt das leerstehende Staatenhaus in Köln-Deutz für die Unterbringung von rund 300 Flüchtlingen nutzen. Ab kommenden Montag sollen die Vorbereitungsarbeiten hierzu beginnen. Bis April soll erneut eine Mehrfachturnhalle des Schulzentrums Weiden als Notunterkunft genutzt werden.

Die insgesamt sechs Vereine, die von der Hallenbelegung durch die Stadt betroffen sind, seien bereits informiert, ebenso die Schulen, so die Stadt Köln. Am kommenden Dienstag wollen die Vereine bei einem Treffen die notwendigen Ersatzsituationen besprechen, so Dieter Sanden, Leiter des Sportamtes Köln. So müssten etwa Ausweichmöglichkeiten zum Austragen für anstehenden Ligaspielen der Vereine gefunden werden.  Angesichts des zusätzlichen Einschnitts in die Aktivitäten und damit eine erneute Belastung der Kölner Vereine sagte Kölns Sozialdezernentin Henriette Reker, man müsse künftig ein Gleichgewicht finden, welches auch gesellschaftlich vertretbar sei.  

Staatenhaus-Nutzung bis 1. Juli 2015 vorgesehen

Das Staatenhaus, das ab Sommer zu einer Spielstätte für Musicals umgebaut werden soll,  wird nun in den kommenden Wochen vorbereitet. Auf einer Parkfläche vor dem Eingangsbereich sollen Container mit Duschen und Toiletten aufgestellt werden, im Erdgeschoss entstehen Anlagen für Essensausgaben und medizinische Versorgung der Untergebrachten sowie Räumlichkeiten für Sicherheitsdienst und Rotes Kreuz, das die Flüchtlinge dort betreuen wird.

Bild: In diesem Teil im Obergeschoss des Staatenhauses sollen Feldbetten, Spinde und Sitzgelegenheiten aufgestellt werden.

Im Obergeschoss des Staatenhauses will die Stadt Feldbetten, Spinde und Sitzgelegenheiten für rund 300 Personen aufstellen lassen.  Aufgrund der temporären Unterbringung würden keine weiteren Aufbauten wie etwa Trennwände oder der Bau von so genannten Schlafkojen wie etwa in einem durch die Stadt als Unterkunft genutzten ehemaligen Baumarkt entstehen, erklärte Kölns Sozialdezernentin Henriette Reker. Die Betten sollen jedoch nicht auf den nackten PVC-Boden im Staatenhaus gestellt werden, vielmehr ist seitens der Stadt das Auslegen eines Bodenbelages im Obergeschoss vorgesehen.

Land erlaubt keine Nutzung von Leerständen im Kölner Umland

Wohin die bis zum 1. Juli 2015 im Staatenhaus Untergebrachten danach umziehen, steht noch nicht abschließend fest. Was die längerfristige Unterbringung von Köln zugewiesenen Flüchtlingen anbelangt, so sollen bis Mai rund 650 Wohnplätze in Unterkünften in Schnellbauweise entstehen.

Derzeit prüfe man zwei von der Bundeswehr für die Flüchtlingsunterbringung zugewiesene Flächen, so Stefan Ferber, Leiter des Kölner Wohnungsamtes. Hier könnten ebenfalls Unterkünfte in Schnellbauweise entstehen, für die kurzfristige Unterbringung von Menschen seien beide Liegenschaften nicht geeignet, es handle sich um unbebaute Grundstücke.

Auch sehen Reker und Ferber für Köln keine Möglichkeit einer Unterbringung von Flüchtlingen in Gebäuden des Landes, welches kürzlich den Kommunen angeboten hatte, landeseigene Leerstände zur Flüchtlingsunterbringung durch die Kommunen freizugeben. Innerhalb Kölner Stadtgrenzen gebe es schlicht keine Möglichkeit dafür. Eine durch das Land dafür ausgewiesene Liegenschaft in der Boltensternstraße werde bereits seit Beginn letzten Jahres genutzt. Eine Unterbringung an Köln zugewiesener Flüchtlinge  außerhalb der Stadtgrenze gestatte das Landesinnenministerium nicht, so Reker. Auch nicht für Gebäude in städtischem Besitz, wie etwa eine leerstehende Klinik im Rhein-Sieg-Kreis.

Sportjugend Köln übt Kritik an Vorgehensweise Rekers

Zur erneuten Belegung der Sporthalle in Weiden gibt es eine Stellungnahme der Sportjugend Köln. Hier der Original-Wortlaut:

Rüdes Foul am Kölner Sport!

Erneut beschlagnahmt Frau Reker die Sporthalle Weiden. Wie schon zur Gewohnheit der stillschweigenden „Kommunikation“ geworden, bemächtigt sich das Dezernat für Soziales wieder einer Sporthalle für die Unterbringung von Flüchtlingen. Wie immer ohne die Einbindung des organisierten Sports, wie immer aus dem Nichts heraus und mit viel zu später Information des SSBK und der SJK. Im sportlichen Miteinander nennt man das ein rüdes Foul!

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate wird die Sporthalle Weiden vereinnahmt. Ein weiteres Mal zeigt sich die scheinbare Überforderung der Behörde bei Planung, Kommunikation, Transparenz und Bewältigung außergewöhnlicher Umstände wie bei der Flüchtlingsproblematik. Keine Spur davon, auch andere Gesellschaftsbereiche ins Kalkül zu nehmen.

Dass der Sport den Flüchtlingen sehr viel Sympathie, Mitgefühl und Solidarität entgegenbringt ist nicht nur bekannt, sondern hat er auch wie kaum jemand sonst gezeigt. Dafür ist der Sport ohnehin bekannt. Seit Jahren. Seit Generationen.
Dass dieses Entgegenkommen hinter vorgehaltener Hand als „Weg des geringsten Widerstandes“ missdeutet wird, ist fatal und beleidigend für die Fairness und die Toleranz im Sport. Mit diesem permanenten Überraschungsmanagement wird die überragende Willkommenskultur im Kölner Sport fahrlässig aufs Spiel gesetzt.

Dem können und wollen wir nicht tatenlos zusehen! Es ist genug! Der Flüchtlinge wegen und der Sportvereine wegen endgültig genug! Es ist höchste Zeit, dass auch andere als der Sport gefordert und in die Verantwortung genommen werden! Es ist höchste Zeit für eine für alle sichtbare Planung!

Autor: Daniel Deininger
Foto: In diesem Flügel des Staatenhauses sollen in den nächsten Wochen Anlagen für Versorgung der Untergebrachten entstehen.