Berlin | „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“ Mit diesem Satz sorgte der damalige Bundespräsident Christian Wulff in seiner Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit für kontroverse Diskussionen. So ein Satz ist leicht gesagt. Spannend wird es, wenn es konkret wird. Die ARD-Dokumentation „Allah in Ehrenfeld“ befasst sich am Dienstag (10. Juli) um 22.45 Uhr im Ersten mit einem konkreten Fall. Der Film von Birgit Schulz und Gerhard Schick skizziert den Bau der Kölner Zentralmoschee im Stadtteil Ehrenfeld.

Das Großprojekt spaltet die Gemüter der Domstädter seit Jahren. Es ist klar, dass es dabei um mehr als um eine Moschee geht. In den imposanten Kuppelbau wird das gesamte Thema Integration projiziert.

Der Film zeigt vor allem am Anfang wütende Proteste gegen den Bau. Als prominenter Gegner kommt Ralph Giordano zu Wort: „Die Quelle des islamistischen Terrors liegt in den Schwierigkeiten der islamischen Gesellschaft bei der Anpassung an die Moderne.“ Damit begründete der Publizist im Frühjahr 2007 den Wunsch nach einem sofortigen Baustopp.

Filmisches Tagebuch eines Bauprojektes

Die Dokumentation begleitet das Moschee-Projekt von der Idee über Grundsteinlegung und Richtfest bis zum Zerwürfnis des türkischen Bauherrn, der türkisch-islamischen Union Ditib, mit dem deutschen Architekten Paul Böhm. Der Film umfasst damit eine Zeitspanne von 2005 bis 2012.

Angelegt ist die WDR/SWR-Koproduktion wie ein Tagebuch. Chronologisch werden die Etappen des Bauvorhabens abgearbeitet und von Schulz mit persönlichen Worten kommentiert. Die Regisseurin hält ihre Kamera aufs Geschehen, zeigt Gegner wie Befürworter, streift immer wieder das Thema Integration und stellt kritische Fragen. Auch an sich selbst. „Ich habe mich oft gefragt, ob ich gern neben der Moschee wohnen würde“, sagt sie in ihrem Beitrag. Eine Antwort überlässt sie dem Zuschauer.

Betonpalast mit Signalwirkung

Der Beitrag eignet sich ohnehin, sich vom Projekt und den hitzigen Debatten ein eigenes Bild zu machen. Immerhin werden die positiven Aspekte einer möglichen integrativen Wirkung ebenso angesprochen wie die Kritikpunkte. Kann eine Moschee zur kulturellen Annäherung führen oder trägt sie zur Abschottung bei? Hinterfragt wird auch die Nähe der Ditib zur türkischen Regierung. Platten Stammtischparolen von Rechtsaußen erteilt das Werk eine Abfuhr. Laut Film ließ der Widerstand gegen den Moscheebau sogar nach, als der in Köln vorgesehene Anti-Islam-Kongress 2008 zum rechten Reinfall wurde.

Erst das Zerwürfnis der Ditib mit Böhm im Oktober 2011 sorgte erneut für Zündstoff. Türkische Zeitungen hatten dem Architekten vorgeworfen, heimlich christliche Symbole in den Betonpalast eingebaut zu haben. Im Anschluss fand Ditib nach eigenen Angaben rund 2.000 Baumängel.

Inzwischen wird die Zentralmoschee von dem türkischen Architekten Orhan Gökkus zu Ende gebaut. Böhm ist nur noch in beratender Funktion tätig. Ein Finale der Bau-Odyssee ist nicht in Sicht. Ursprünglich sollte das Gotteshaus in diesen Tagen eröffnet werden. Mittlerweile ist die Einweihung für Frühjahr oder Sommer 2013 vorgesehen.

Unmissverständlich ist das Signal, das dann in die Welt getragen wird: „Wer baut, der bleibt. Ankommen heißt, sichtbar werden“, bringt es die Dokumentation auf den Punkt. Der Islam wird danach ein kleines Stückn mehr zu Deutschland gehören. Die kontroversen Diskussionen zu diesem Thema dürften dennoch weitergehen.

Autor: Oliver Zimmermann, dapd