Köln | „Als in die Basalte im Jahre 2001 die ersten zwölf Namen eingeschlagen wurden, war das fast siebzig Jahre nach dem unerhörten Ereignis der NS-Bücherverbrennung. Das nenne ich spät. Es gab bis dahin im demokratischen Deutschland gewiss eine Erinnerungskultur an die Bücherverbrennung von 1933, sie dokumentierte sich in der einen oder anderen Gedenkveranstaltung. Aber es herrschte eine seltsame Zurückhaltung, dauerhaft wirkende Denkmäler zu errichten“, sagt Walter Vitt bei seinem Vortrag am Dienstagabend im Hauptgebäude der Fachhochschule.

Er war es damals, der das Bodendenkmal „Namen der Autoren“ initiiert hat. Inzwischen finden sich auf den Basaltplatten vor dem Haupteingang der FH die Namen von 65 Schriftstellern, deren Werke bei der Kölner Bücherverbrennung der Nazis vernichtet wurden. Ferdinand Bruckner, George Grosz, Georg Kaiser, Gertrud Kolmar, Siegfried Kracauer, Leonard Frank, Arthur Schnitzler, Carl Sternheim, Bertha von Suttner und Carl Zuckmayer sind die jüngsten Namen, an denen Studenten, Mitarbeiter und Besucher der FH täglich vorbeikommen.

„Es ist ein stilles Denkmal, es prahlt nicht, es will entdeckt werden“, beschreibt Vitt die Art der Erinnerung vor dem Gebäude, das ab 1934 dem Gauleiter der NSDAP als Sitz diente. Eine neue Plakette soll künftig an die Bücherverbrennung erinnern und auf das Bodendenkmal hinweisen, das regelmäßig um neue Namen erweitert wird. Dafür haben 160 Steinmetzlehrlinge in den vergangenen zwölf Jahren gesorgt. „Dass junge Steinmetze zu Beginn ihres Berufslebens an einem solchen Denkmal mitwirken, dürfte ihnen lebenslang tief in Erinnerung bleiben. Das nenne ich nachhaltig“, freut sich Vitt.

Wir schwierig die Erinnerung manchmal sein kann, daran erinnert der frühere FH-Präsident, Professor Joachim Metzner, in seinem Vortrag. Zuerst waren es große Reden von Zeitgenossen wie Peter Suhrkamp oder Erich Kästner, die das Unvorstellbare in Worte fassten, die aber ohne großen Widerhall in der Öffentlichkeit blieben. Erst in den 80er Jahren wurde das Gedenken in Monographien und Dokumentationen festgehalten.

Erste Hinweistafeln gab es in den 50er Jahren, die meist sachlich waren und eher zurückhaltend platziert wurden wie beispielsweise in Essen. Eine künstlerische Gestaltung setzte 1995 mit der Gestaltung des Denkmals am Bebelplatz in Berlin ein, wo in einem unterirdischen Schacht leere Buchregale platziert wurden. Allerdings hatte es das Denkmal nicht immer leicht – sein Sichtfenster wurde vernachlässigt, es sollte einer Tiefgarage weichen und wurde auch schon mal von einem Zelt der Fashion-Week überbaut.

Nicht immer ist so ein Denkmal unumstritten, wie in Salzburg, wo man den Residenzplatz nicht durch ein Denkmal verändern und Trachtenumzüge behindern wollte und dieses stattdessen versteckt im Innenhof der Unibibliotek platziert hat. Inzwischen erinnert am richtigen Platz zumindest eine Gedenktafel an die Bücherverbrennung. In Regensburg wurde ein Bodendenkmal abgelehnt, „weil auf den Juden schon genug herumgetrampelt worden“ sei. Die Fordungen nach einem Denkmal dauern bis heute an.

Immer wieder haben auch Aktionskünstler an die Bücherverbrennung erinnert – so Wolfgang Kastner, der in München und anderen Städten kreisrunde Flecke in den Rasen brannte, „um kein Gras mehr über die Sache wachsen zu lassen“. In Essen wurde so eine Aktion mit Hinweis auf „Vandalismus“ untersagt.

Für den Präsidenten der FH, Professor Christoph Seeßelberg ist das Bodendenkmal am Römerpark unverzichtbar: „Es ist wichtig, dass unsere Studenten jeden Tag so an die verfehmten Autoren erinnert werden und erkennen wie bedeutsam es ist, eine eigene Meinung jenseits des Mainstreams zu haben.“

Autor: Stephan Eppinger
Foto: Der Präsident der Kölner Fachhochschule Christoph Seelberg, der Prorektor Hochschule für Musik und Tanz Tilmann Claus, Walter Vitt der Dekan der Phil. Fakultät der Uniiversität, Stefan Grohe und Joachim Metzner ehemaliger Präsident der Kölner Fachhochschule.