Köln | Seit mehr als einem Jahr gibt es nach Aachen und Bonn auch in Köln die Anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftaten (ASS). In fünf Kölner Kliniken, die beteiligten Häuser findet man am Ende des Artikels, können Frauen in Köln nach Sexualstraftaten zunächst anonym die Spuren sichern lassen. 25 Frauen haben im vergangenen Jahr das Angebot genutzt, drei von ihnen im Anschluss Strafanzeige gestellt.

Viele Opfer sexualisierter Gewalt scheuen davor zurück, direkt nach einem Übergriff eine Strafanzeige zu stellen. Oft sind sie auf Grund der traumatischen Erfahrung nicht in der Lage, diesbezüglich eine zeitnahe Entscheidung zu treffen. Wichtig für eine spätere Beweisführung ist jedoch, dass mögliche Tatspuren gerichtsverwertbar gesichert werden. Hier knüpfen die Modelle der anonymen Spurensicherung an. In den letzten zehn Jahren sind in einigen Städten in NRW (Vorreiter waren Aachen und Bonn) und in anderen Bundesländern verschiedene Modelle und Maßnahmen entwickelt worden, die eine anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftaten (ASS) ermöglichen. In den beteiligten Krankenhäusern werden Spuren oder Verletzungen dokumentiert, um Opfern Zeit zu geben, sich psychisch zu stabilisieren, Unterstützung zu suchen und nach einem von ihnen gewählten Zeitraum doch noch eine Anzeige zu stellen. Die anonyme Spurensicherung soll eine direkte Anzeigenerstattung nicht verhindern oder an deren Stelle treten. Sie soll jedoch für Opfer sexualisierter Gewalt ein Signal setzen, dass sie Anspruch auf Hilfe haben, ohne zu Schritten genötigt zu werden, die sie noch nicht bewältigen können und deren Folgen sie in einer psychischen Ausnahmesituation nicht überblicken.

Das Projekt startete in Köln am 5. Juli 2011. Dr. med. Sibylle Banaschak vom Institut für Rechtsmedizin, in dem die Asservate chiffriert gelagert werden, berichtet: „Rund 25 gewaltbetroffene Frauen haben das Angebot bereits genutzt – das ist eine bemerkenswert hohe Zahl, mit der wir im ersten Jahr noch nicht gerechnet hätten.“ In drei Fällen haben sich die Frauen inzwischen zur Anzeige entschlossen und die Asservate wurden für die weiteren Ermittlungen der Polizei übergeben.

Zwei katholische Krankenhäuser in Köln, die zu Beginn involviert waren, sind mittlerweile aus dem Programm ausgestiegen. In Zukunft sichern folgende Kölner Krankenhäuser Spuren im Rahmen der ASS:

• Frauenklinik Krankenhaus Holweide
• Evangelisches Krankenhaus Köln-Kalk
• Krankenhaus Porz am Rhein
• Universitäts-Frauenklinik
• Evangelisches Krankenhaus Köln-Weyertal

Der Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen beklagt aber auch, dass die Finanzierung des Projektes, etwa der Untersuchungs-Sets, der Transport und die Lagerung der Proben und Asservate nicht gesichert ist. Man fordert einen festen Kostenrahmen und vom Land NRW die Umsetzung eines Landesaktionsplanes. Vor Ort in den Krankenhäusern sei, durch die hohe personelle Fluktuation so die Initiatoren, oftmals der Informationsstand sehr unterschiedlich und eine regelmäßige Beschulung der dort eingesetzten Kräfte nötig.

Autor: ag; Q: Frauen gegen Gewalt e.V. | Foto: Viktor Kuryan/fotolia
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