Leverkusen | Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Landesverkehrsminister Michael Groschek machten sich am 26. August 2014 gemeinsam ein Bild vom Zustand der maroden A1-Rheinbrücke bei Leverkusen. An der fast 50 Jahre alten Brücke werden derzeit Notreparaturen durchgeführt. Später soll sie durch einen kompletten Neubau ersetzt werden, der 2020 befahrbar sein soll. Das komplette Ersatzbauwerk soll 2023 freigegeben werden.

Nach der Besichtigung machte Groschek deutlich, dass es beim Neubau der Brücke zu keinen vermeidbaren Verzögerungen kommen dürfe. „Die Leverkusener Rheinbrücke befindet sich auf einer der wichtigsten Verkehrsadern Europas. Es ist daher sowohl für Pendler und Reisende, aber auch für die Wirtschaft enorm wichtig, dass die neue Brücke zügig und leistungsfähig errichtet wird.“, so Groschek.  Aufgrund der überregionalen Bedeutung seien er und der Bundesverkehrsminister darüber einig, dass man den Weg bis zum Baubeginn verkürzen müsse.

Verkürztes Verfahren

Bürger und Verbände würden natürlich unverändert  am Verfahren beteiligt und frühzeitig über das konkrete Vorhaben informiert. Man könne es sich jedoch nicht leisten, durch Klagewege über mehrere Instanzen das Risiko einer Vollsperrung einzugehen, stellte Groschek klar. Wer wegen des Ersatzneubaus der Leverkusener Brücke klagen wolle, der solle sich direkt an das Bundesverwaltungsgericht wenden, „so wie das auch beim Aufbau Ost funktioniert hat“.

Immer noch 1.000 Verstöße pro Tag

Nach der Ankündigung von Groschek, Lkw-Fahrer, die sich nicht an das Fahrverbot auf der Brücke hielten, härter zu bestrafen,  befolgten 90 Prozent von ihnen das Überfahr-Verbot, so das Landesverkehrsministerium. Allerdings führen immer noch bis zu 1.000 Lastwagen pro Tag über die marode Brücke.

Den Lastwagen-Fahrern müsse endlich klar werden, dass sie sich mit diesem Verhalten auf Dauer selbst schadeten, so Groschek. Sie riskierten nicht nur, dass sie saftige Geldbußen bezahlen müssten, oder dass ihre Fahrzeuge sogar sichergestellt würden. Vor allem gefährden sie durch diese Fahrlässigkeit den Erfolg der Reparaturarbeiten. Dabei führe man doch gerade für die Transportbranche diese Arbeiten durch, so Groschek.  Man wolle die Brücke so schnell wie möglich wieder für den kompletten Lkw-Verkehr freigeben.

Erneute Lkw-Freigabe noch nicht sicher

Ob die Freigabe überhaupt möglich ist, kann erst im Anschluss an die Instandsetzung beurteilt werden. Erst dann kann festgestellt werden, ob und wann die A1-Brücke für Lastwagen wieder befahrbar sein wird. Die Reparaturarbeiten werden mindestens bis Ende Oktober andauern, so die Prognose des Landesverkehrsministeriums.

Bei den aktuellen Schäden handelt es sich laut Ministerium um einen neuen Typus von Rissen in den Seilkammern. Dabei besteht die Gefahr eines reißverschlussartigen Versagens der Schweißnähte. Solange die erforderlichen Notreparaturen nicht abgeschlossen sind, können vorhandene Risse weitere Schäden auslösen und dadurch weitere Schweißnähte aufbrechen. Dann könnten die Seilkräfte nicht mehr aufgenommen werden und die Standsicherheit des Bauwerks wäre ernsthaft gefährdet.

Zuletzt war die Brücke bis Anfang März 2013 drei Monate lang für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen gesperrt. In der Zeit wurden rund 30 große und 350 mittelgroße Schadstellen neu verschweißt. Dauerhaft gesperrt ist die Brücke für Schwertransporte mit einem Gesamtgewicht über 44 Tonnen. Um die Schwingungen der Brücke zu begrenzen, gilt dort Tempo 60.

Acht Meter lange Bleche werden verschraubt

Die ersten beiden acht Meter langen, ein Meter fünfzig breiten und drei Zentimeter dicken „Bleche“ wurden Anfang der Woche angeliefert und werden jetzt langsam ausgerichtet, um dann verschraubt zu werden.

Ziel sei es, so die Verantwortlichen für die Arbeiten, Straßen NRW, somit die acht Seilkammern der Leverkusener Rheinbrücke im Verlauf der A1 zu stabilisieren. Hier waren Ende Juni dieses Jahres neue Risse festgestellt worden, die nicht geschweißt werden können. Straßen.NRW hofft, die Sanierungsarbeiten in drei Monaten abschließen zu können.

16 Bleche – 6.500 Schrauben – 64 Tonnen Gewicht

16 Bleche werden insgesamt in den kommenden Monaten mit 32 Winkelblechen mit Hilfe von 6.500 Schrauben fest miteinander verbunden. Auch die Winkelbleche messen acht Meter. Dadurch wird jede Seilkammer um acht Tonnen schwerer, die Brücke insgesamt um 64 Tonnen. Um Gewicht auf der Brücke einzusparen, wurden daher in der vergangenen Woche die Betonschutzwände abgebaut und durch Stahlschutzwände ersetzt. 500 Tonnen Gewichtsersparnis wurden damit erzielt.

Die Seilkammern sind wesentliche Bauteile der Brücke: Hier sind alles Seile, die von den zwei mächtigen Pylonen hinunterreichen, verankert. Auch die Risse in den Seilkammern sind auf die stetig gewachsene Verkehrsbelastung in den vergangenen Jahrzehnten zurückzuführen. Der Stahl, der damals verbaut wurde, ist den heutigen Belastungen nicht mehr gewachsen und kann wegen seiner Zusammensetzung an diesen neuralgischen Stellen nicht geschweißt werden. In den anderen Bereichen der Brücke finden bereits seit Jahren Schweißarbeiten durch eine Thüringer Firma statt. In Thüringen werden zurzeit auch die großen Stahlplatten produziert und anschließend nach Leverkusen transportiert.

Eigenes Gremium gebildet

Die vergangenen Wochen seit der neuerlichen Gewichtsbeschränkung auf der Brücke im Juni sind genutzt worden, um die Ideen des die Arbeiten begleitenden Expertengremiums zu planen und umzusetzen. Das Gremium setzt sich aus mehreren Brücken-Ingenieuren von Straßen.NRW, aber auch externen Fachleuten zusammen. Sie haben die Idee gehabt, die Seilkammern zu verschrauben. Die Fachwelt blickt wegen dieser erstmals angewandten Methode die nächsten Wochen nach Leverkusen.

Die Seilkammern mussten zunächst sandgestrahlt werden, um unter anderem die Korrosionsschutzschichten zu entfernen und die festgestellten Risse genau zu lokalisieren. Dann waren Vermesser am Werk, um die genauen Positionen der Bohrlöcher zu ermitteln. Parallel waren während der gesamten Vorbereitungszeit auch Statiker im Einsatz, um die neue Konstruktion zu berechnen. Diese sollen auch das letzte Wort haben, wenn alle acht Seilkammern im Herbst verschraubt sind, so Straßen NRW.  Erst dann wisse man, ob die Reparatur gelungen sei und die Gewichtsbeschränkung wieder aufgehoben werden könne. Der Verkehr soll während der laufenden Arbeiten auf vier Fahrspuren fließen können.

Autor: dd
Foto: Die A1-Rheinbrücke bei Leverkusen (Archivfoto)