Frankfurt | aktualisiert | Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat die Lokomotivführer, Lokrangierführer, Zugbegleiter, Bordgastronomen, Disponenten, Ausbilder, Instruktoren und Trainer in den Eisenbahnverkehrsunternehmen der Deutsche Bahn (DB) am heutigen Montag von 18 bis 21 Uhr zu Warnstreiks aufgerufen. Davon werden auch Reisende im Regional- und Fernverkehr in Nordrhein-Westfalen betroffen sein. Die Warnstreiks sorgen für erhebliche Verspätungen bei der Bahn.

20:38 Uhr > Warnstreik sorgt für heftige Verspätungen im Bahnverkehr

Der Warnstreik der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) hat im Bahnverkehr am Montagabend für teils stundenlange Verspätungen und Zugausfälle gesorgt. Betroffen war ab 18 Uhr nicht nur der Güterverkehr, der eigentlich Schwerpunkt des Streiks sein sollte, sondern auch der Personenverkehr. So fielen beispielsweise in Berlin selbst zahlreiche S-Bahn-Verbindungen aus oder waren mit über 40 Minuten Verspätung unterwegs.

„Das heutige Angebot der DB stellt keinerlei substantielle Veränderung dar“, hatte die GDL zuvor mitgeteilt. Es würden noch weitere Warnstreiks folgen, wenn die Bahn ihre Position nicht verändere, sagte der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. Die Geduld des Zugpersonals sei zu Ende.

Die Gewerkschaft fordert fünf Prozent mehr Lohn und eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit um zwei auf 37 Stunden, sowie bessere Schichtpläne.

12:24 Uhr > Laut Peter Daum, GDL-Bezirk Nordrhein-Westfalen sind von den Streiks alle Züge im Regional-, Fern- und Güterverkehr betroffen.

Mit der abendlichen Streikzeit will die GDL „Rücksicht nehmen auf die vielen Wochenendreisenden, die während des ersten Wochenarbeitstages die Eisenbahnen nutzen“. Außerdem solle damit auch jenen Pendlern Rechnung getragen, „die am Tage ihrer Arbeit nachgehen“. Der erste Streik soll im Schwerpunkt den Güterverkehr treffen, weniger die Fahrgäste, so die Gewerkschaft in ihrer offiziellen Erklärung zum Streikaufruf. Doch Pendler und Fernreisende, die erst gegen 18:00 Uhr ihre Fahrt antreten wollen, werden von den Warnstreiks dennoch betroffen sein.

„Keine Wahl“

Die DB lasse der GDL keine andere Wahl, als mit einem Arbeitskampf den Druck zu erhöhen, so die Lokfahrer-Gewerkschaft. „Wer mit uns bestehende Tarifverträge für Lokomotivführer erst gar nicht verhandeln will und die einzige Tarifkonstruktion (den Flächentarifvertrag BuRa LfTV und den Betreiberwechseltarifvertrag) in Frage stellt, die das Lohndumping im Eisenbahnverkehrsmarkt beendet hat, der entmündigt das Zugpersonal auf unerträgliche Art und Weise“, wird der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky schriftlich zitiert.

Mit der Blockadehaltung spreche die DB der GDL das Recht ab, für ihre ureigene Kernklientel Lokomotivführer über Arbeitszeitabsenkung, Überstundenbegrenzung, Entgelt, Zulagen und die Verbesserung der Entgeltstruktur zu verhandeln. Das „ultimative Verlangen“ der DB, die GDL müsse ihre Unterschrift unter eine Kooperationsvereinbarung mit der DB-Hausgewerkschaft EVG setzen, sei nichts anderes als „eine tarifpolitische Zwangsjacke“, so die GDL.  Eine solche Unterschrift käme der Selbstaufgabe aller bisher mühsam erreichten Rechte gleich.

51 Prozent des Zugpersonals in GDL organisiert

Die GDL organisiert laut eigenen Angaben 80 Prozent der 20.000 Lokomotivführer und 30 Prozent der Zugbegleiter und Bordgastronomen bei der DB. Mittlerweile befinde sich nach Angaben der DB AG mehr als 51 Prozent des gesamten Zugpersonals in den DB-Eisenbahnverkehrsunternehmen in der GDL. Nur 21 Prozent seien in einer anderen Gewerkschaft organisiert, womit die GDL in den DB-Eisenbahnverkehrsunternehmen eindeutig die legitimierte Gewerkschaft für das Zugpersonal sei, so die Gewerkschaft.

Bahn: Verhalten der Gewerkschaft GDL „absolut unverständlich“

Die Deutsche Bahn (DB) hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und die Ankündigung von Warnstreiks sofort zurückzunehmen: „Das Verhalten der GDL ist absolut unverständlich“, sagte DB-Personalvorstand Ulrich Weber am Montag. Der Gewerkschaft liege seit Montagmorgen ein neues Angebot vor. „Warnstreiks sind daher völlig überflüssig. Ich werte das als reines Ablenkungsmanöver“, so Weber. Auch den GDL-Vorwurf der Blockadehaltung wies der Personalvorstand der Bahn zurück. „Das war nie richtig und das ist es auch jetzt nicht. Wir sind und bleiben verhandlungsbereit“, betonte Weber. Das neue Angebot der Bahn beinhalte die Bereitschaft, über alle Tarif-Forderungen der GDL für Lokomotivführer zu verhandeln, teilte die Bahn weiter mit. Die Gewerkschaft hatte für Montagabend einen mehrstündigen Warnstreik angekündigt, der insbesondere den Güterverkehr treffen sollen.

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Hintergrund

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Arbeitgeber fordern weniger Macht für kleine Gewerkschaften

Angesichts der drohenden Streiks im Bahn- und Flugverkehr wächst der Druck auf die Bundesregierung, die Macht der kleinen Berufsgewerkschaften zu beschränken: Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer forderte eine gesetzliche Regelung zur Wiederherstellung der Tarifeinheit. Er erwarte ein Gesetz noch in diesem Jahr, sagte er der „Welt“. „Ohne Tarifeinheit ist die Tarifautonomie langfristig nicht denkbar“, sagte Kramer.

Auch die Metallarbeitgeber forderten rasches Eingreifen. „Wenn trotz des gültigen Flächentarifs jederzeit eine Minderheit den gesamten Betrieb lahmlegen kann, ist unser gesamtes System der Flächentarife bald hinfällig“, warnte der Hauptgeschäftsführer von Gesamtmetall, Oliver Zander. „Weil Spartengewerkschaften ausschließlich die Interessen einer kleinen Minderheit im Unternehmen durchsetzen, und sich nicht mehr für die gesamte Belegschaft verantwortlich fühlen, sorgen sie für eine massive Umverteilung von unten nach oben“, kritisiert Zander.

„Der Kuchen kann nur einmal verteilt werden.“ Unterstützung bekamen die Arbeitgeber aus der CDU-Fraktion: „Wir reden nicht über Streiks in der Luftballon-Produktion, sondern über neuralgische Bereiche wie den Luft- und Bahnverkehr. Hier geht es um Daseinsvorsorge und die deutsche Volkswirtschaft insgesamt“, sagte CDU-Fraktionsvize Michael Fuchs der Zeitung.

„Verlässlichkeit war stets einer der wichtigsten Pluspunkte des Wirtschaftsstandortes Deutschland“, so Fuchs. „Daher brauchen wir die Tarifeinheit. Frau Nahles sollte jetzt zügig einen Vorschlag vorlegen.“

Die Koalition hatte sich vorgenommen, den Grundsatz „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ gesetzlich festzuschreiben. Die Politik setzt auf das Mehrheitsprinzip, wonach der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern im Unternehmen zur Anwendung kommen soll. Die kleinen Berufsgewerkschaften der Lokführer, Piloten und Klinikärzte sehen dies als Frontalangriff auf ihre Existenz. Denn wenn in einem Betrieb nur der Tarifvertrag der größten Gewerkschaft gilt, wären die kleinen Gewerkschaften an die Friedenspflicht gebunden und könnten im Konfliktfall nicht mehr zum Streik aufrufen.

Autor: Daniel Deininger, dts
Foto: Symbolfoto