Köln | Vom 29. August bis 23. November 2014 zeigt das Wallraf-Richartz-Museum in seinem Graphischen Kabinet eine Ausstellung unter dem Titel „Der Abklatsch. Eine Kunst für sich.“ Zu sehen sind knapp 50 Werke französischer, belgischer und deutscher Künstler des 17. bis 19. Jahrhunderts, die die verschiedenen Arten des Abklatsches repräsentieren und die auch dessen Stellenwert in der Kunstwelt im Wandel der Zeit dokumentieren.

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Mit der Schau zum zeichnerischen Phänomen des Abklatsches endet ein Zyklus von Ausstellungen in der Reihe „Der Ungewisse Blick“, mit dem sich das Wallraf ganz dem Marginalen in der Zeichenkunst gewidmet hat. Der Abklatsch markiert dabei „den Nullpunkt der Zeichnung, kommt der Prozess doch ohne jeden künstlerischen Anspruch aus“, erklärt Thomas Ketelsen, Leiter der Graphischen Abteilung des Museums.

Erstmals im Fokus einer eigenen Ausstellung

Dieses so simple wie ungewöhnliche Verfahren steht erstmals im Fokus einer eigenen Ausstellung. Dafür hat das Wallraf insgesamt 47 Werke in seinem Graphischen Kabinett zusammengetragen. Dabei förderten Thomas Ketelsen und Michael Venator, die die Ausstellung kuratierten, auch Kurioses zum Vorschein. So etwa der automimetische Abdruck eines Kupferstichs aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von Dirck Volckertsz Coornhert nach einer Zeichnung von Maarten van Heemskerck auf einem Karton, der lange Zeit unter dem Stich gelegen hatte. Anders als bei der bewussten Herstellung eines Abklatsches sei es bei diesem Exemplar nicht zu einem Materialabrieb gekommen, erläutert Venator. Vielmehr habe hier ein chemisch-physikalischer Übertragungsprozess stattgefunden. Kurios daran: die eigentliche Rückwand des Gemäldes ist von dem Prozess unberührt geblieben.

Zu allen Zeiten in der Kunst vorhanden

Abklatsche von Zeichnungen habe es in den Künstlerwerkstätten zu allen Zeiten gegeben: im 17. Jahrhundert in Italien und den Niederlanden, vor allem aber im 18. Jahrhundert in Frankreich, wo Abklatsche auch anstelle von Originalen gesammelt und auch entsprechend gehandelt wurden, so Ketelsen. Das Verfahren des Abklatsches erläutert Venator: Dabei wird  ein angefeuchtetes Papier auf die Original-Zeichnung gelegt. Allein durch leichtes Pressen überträgt sich der Pigmentüberschuss auf das Blatt, es entsteht eine gespiegelte Kopie des Originals, auf der oftmals auch die Struktur des Originalblattes gespiegelt abgebildet wird.

In allen Graphischen Kabinetten lassen sich laut Ketelsen verschiedene Formen des Abklatsches nachweisen: der Rötel- oder Kreideabdruck, der Kontur- und Klappabdruck oder gar der Naturselbstdruck. Obwohl überall vorhanden, bildeten die Abklatsche nur den Bodensatz einer jeden Sammlung,  da sie – nach traditioneller Auffassung – keine wirklichen Zeichnungen darstellten, sondern nur deren Duplikate.

Aufwertung im 19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert erfährt der Abklatsch eine ungeheure Aufwertung, da er hier als Grundlage für weitere, eigenständige Kunstwerke dient. Dies wird deutlich an einem in der Ausstellung an letzter Position gezeigten Werk von Louis François Cassas. Der Abklatsch einer Phantasielandschaft aus dem alten Griechenland wurde mt einer Feder in Schwarz überarbeitet, durch Figuren ergänzt und vom Künstler signiert.

Die Ausstellung soll auch zeigen, dass der Abklatsch trotz fehlender individueller Handschrift oder eines besonderen Stils einen operativen Wert besitzt. Vor allem aber stelle der Abklatsch unsere Vorstellung von Authentizität infrage, so die beiden Kuratoren.

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Infobox:

„Der Abklatsch. Eine Kunst für sich.“
Ausstellung in der Reihe „Der ungewisse Blick“ im Graphischen Kabinett
29. August bis 23. November 2014
Wallraf-Richartz-Museum Köln

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Autor: Daniel Deininger
Foto: Blick in die Ausstellung im Graphischen Kabinett des Wallraf.