Köln | Das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (NS-DOK) widmet sich in seiner neuen Sonderausstellung dem Thema Kölner Sport im NS-Regime. In fünf thematischen Teilbereichen veranschaulicht die Ausstellung Veränderungen im Vereins- und Verbandswesen, die Auswirkungen auf konfessionelle und Arbeiter-Sportbewegung sowie die Entwicklung in Betrieben, Schulen und Parteiorganisationen.

Ebenfalls beleuchtet die Ausstellung den Ausschluss jüdischer Sportler aus bürgerlichen Vereinen sowie die schrittweisen Einschränkungen, denen jüdische Sportvereine bis zu ihrem endgültigen Verbot ausgesetzt waren. Mit der Ausstellung „Siegen für den Führer. Der Kölner Sport in der NS-Zeit“ wird damit erstmals die Sportentwicklung einer deutschen Großstadt während der NS-Zeit dokumentiert.

Sport als Grundpfeiler der NS-Erziehung

Leibesübungen und körperliche Ertüchtigung zählten zu den Grundpfeilern des nationalsozialistischen Erziehungsprogramms, vor allem im Hinblick auf die „Wehrhaftigkeit“ bei Jungen. Auch für Mädchen und junge Frauen sollte Sport eine wichtige Rolle einnehmen – getreu dem Motto „gesunde Mütter – gesundes Volk“. Der gesunde und sportlich trainierte Körper stellte zudem im Rahmen der Rassenlehre ein Auslesekriterium dar und diente einer „Elitenbildung“. So nahm die Leibeserziehung als Schulfach neben der Führung einen höheren Stellenwert in den Schulzeugnissen ein als alle anderen Fächer. Dadurch sollte eine Gleich- bzw. Höherwertigkeit der Physis gegenüber den Geisteswissenschaften hergestellt werden.

Kölner Sport im Wandel zwischen Weimarer Republik und NS-Zeit

Die Ausstellung skizziert ebenfalls den Übergang des Kölner Sportes von der Weimarer Republik zur NS-Zeit. So wird das Vorantreiben des Images Kölns als „Sportstadt der Nation“ unter Kölns Oberbürgermeister Konrad Adenauer in den 1920er Jahren vom Bau des Sportparks in Müngersdorf bis zur Bewerbung für die Olympischen Spiele 1931 veranschaulicht. Aufbauend auf den vorhandenen Strukturen und Inhalten einer etablierten Turn- und Sportbewegung, die in der Weimarer Republik eine Blütezeit erlebte, integrierte das NS-Regime Sport und Leibesübungen nach 1933 systematisch in den Machtapparat. Gleichzeitig wurde der Vereinssport durch Gründung einer neuen Dachorganisation zentralisiert, Arbeitersportvereine aufgelöst und jüdische Vereinsmitglieder aufgrund der Rassengesetze aus den bürgerlichen Vereinen ausgeschlossen.

Kölner Spitzensportler und das NS-Regime

Auch das Verhalten von Kölner Spitzensportlern, die bereits vor 1933 erfolgreich waren, auf die neuen Machtverhältnisse wird beleuchtet. gegenüber dem NS-Regime verhielten, wie zum Beispiel der Radrennfahrer Toni Merkens, die Sportfliegerin Liesel Bach oder die Tennisspielerin Cilly Aussem. Anhand der Vita dieser Spitzensportler wird deren Einstellung gegenüber dem Regime zu dem sie teilweise bewusst Nähe suchten, verdeutlicht. Auch das Schicksal von Albert Richter erfährt in der Ausstellung eine besondere Aufmerksamkeit. Richter, der sich im Gegensatz zu seinem Radrenn-Kollegen Merkens klar vom Regime distanzierte, dies auch öffentlich kundtat und weiter an seinem jüdischen Manager festhielt, wurde 1940 in Süddeutschland ermordet.

Die von Dr. Gabi Langen, die sich seit annähernd 30 Jahren mit der Thematik Sport im Dritten Reich beschäftigt und Dr. Jürgen Müller, Ausstellungs- und Veranstaltungsmanager im NS-DOK kuratierte Ausstellung beleuchtet auch, welch bedeutende Rolle die Olympischen Spiele von 1936 in der Propaganda des NS-Regimes spielten und aus welchem Blickwinkel sie in Köln verfolgt wurden. Ein letzter thematischer Schwerpunkt widmet sich der Frage, wie nach Kriegsende mit der Rolle der Sportvereine, deren Funktionäre und Leistungsträger während der NS-Zeit umgegangen wurde. So erfährt der Besucher, dass eine Aufarbeitung des während der NS-Zeit Geschehnen weder stattfand noch sonderlich gewünscht war und liefert dazu auch Beispiele. So erhielt der 1944 infolge einer Kriegsverletzung gestorbene und regimetreu agierenden Radprofi Toni Merkens bereits 1948 einen Gedenkstein während der aus Ehrenfeld stammende Albert Richter lange Zeit in Vergessenheit geriet.

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„Siegen für den Führer. Der Kölner Sport in der NS-Zeit“
Sonderausstellung
22.05. – 04.10.2015
NS-DOK
Appelhofplatz 23-25

Begleitband zur Ausstellung

Zur Ausstellung erscheint im Emons-Verlag die gleichnamige Publikation, herausgegeben von Dr. Ansgar Molzberger, Prof. Dr. Stephan Wassong von der Deutschen Sporthochschule Köln und Dr. Gabi Langen, als Band 20 der Schriftenreihe des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln.

ISBN 978-3-95451-604-9, 336 Seiten, über 140 Abbildungen

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Autor: Daniel Deininger
Foto: Jungen beim Werfen von Keulen, die in ihrer Form Handgranaten nachempfunden sind. Damit sollte bereits für die „Wehrhaftigkeit“ geübt werden – Bild aus der Ausstellung „Siegen für den Führer“ im NS-DOK.