Köln | Das Römisch-Germanische Museum in Köln hat eine neue Sonderausstellung aufgelegt: „Zerbrechlicher Luxus – Köln – ein Zentrum antiker Glaskunst“ und zeigt famose Glaskunst aus der römischen, fränkischen und späteren Zeit. Die Einzelobjekte sind Kleinode die begeistern, die Präsentation der Stücke eher lieblos.

Fotostrecke: Einblick in die Ausstellung „Zerbrechlicher Luxus“, Köln ein Zentrum antiker Glaskunst >

Einzigartiger Schatz

Das Römisch-Germanische Museum hat einen einzigartigen Status und Schatz, der zu wenig gewürdigt wird. Jetzt hat man eine Ausstellung aufgelegt, die von den Einzelstücken gesehen, atemberaubend ist. So sticht etwa ein bemaltes Objekt, der Achillespokal heraus. Gefunden wurde er auf einem ehemaligen römischen Friedhof an der Richard-Wagner-Straße im Belgischen Viertel. Oder natürlich die Kölner Diatrete die in ihrer Schönheit und Gestalt umwerfend sind. Marcus Trier, der Direktor und Kölner Chefarchäologe stellt daher fest, dass in Köln die Stücke aus der Schatzkammer made in Köln stammen und sich die Sammlung durch die Ausgrabungen ständig erweitere. Trier meint damit, dass alle Objekte aus dem Kölner Boden stammen. So dürfte Köln nördlich der Alpen über eine der umfangreichsten, kostbarsten und famosesten Sammlungen antiker Glasobjekte verfügen.

Diesen Objekten widmet sich die neue Ausstellung in zwei Räumen. Einmal neben dem Eingang und Museumsshop, wo ein antiker Glasofen zu sehen ist. Der wurde erst kürzlich an der Baustelle des ehemaligen Kölner Hauptzollamtes ausgegraben. Dieser Fund dient den Historikern als Beweis, dass auch nach der römischen Blütezeit in Köln Menschen Glas und Glaskunst herstellten. In diesem Bereich der Ausstellung wird man in die Arbeitsweise von Glashandwerkern und Künstlern eingeführt. Im völlig abgedunkelten Raum für die Sonderausstellungen finden sich die antiken Preziosen.

Manche Stücke wirken wie moderne Kunst, Buntglas aufgesetzt auf klassischen Gefäßformen mit expressionistischem Duktus, wieder andere sind in Form und Accessoires hoch verspielt als Amphoren mit unterschiedlichsten gestalterischen Adaptionen. Glas war ein Luxusgut in der Antike. Aber warum hat Köln so viele gut erhaltene Stücke, vor allem aus der römischen und fränkischen Antike? Das ist leicht beantwortet. Sie waren Grabbeigaben und an allen großen Kölner Ausfallstraßen finden sich römische Friedhöfe. Als Grabbeigaben waren die Glasobjekte von weiteren Gefäßen, etwa aus Stein, umgeben. Dadurch wurde das Glas nicht durch den Erddruck zerbrochen und über die Jahrtausende bewahrt. Glas, das sich in Siedlungen befand, wird daher heute häufig nur noch zerbrochen oder in Fragmenten gefunden, weil es dem Erddruck ausgesetzt ist. Als die Menschen es aufgaben, Gläser als Grabbeigaben ihren Toten mitzugeben, endete damit auch die Zeit in der Funde von ganzen Stücken gemacht werden.

Die Kölner Glasgefäße haben noch weitere Besonderheiten. In manchen finden sich heute noch die eingetrockneten Reste von Salben, bei denen man allerdings nicht mehr bestimmen kann, welchen Zweck sie erfüllten. Also welche Ingredienzien oder Düfte dort enthalten waren.

Historiker präsentieren wie Historiker

Die Ausstellung ist von Historikern für Historiker konzipiert. Und sie ist anstrengend. Und das bei einem Thema wie „Zerbrechlicher Luxus“. Hier verspielt das Museum Chancen. Die Vitrinen voll gefüllt bis oben hin, ein weniger wäre viel mehr. Eine Konzentration auf einzelne Objekte oder auf Objekte die Themen aufgreifen. So wandelt der Besucher durch die Ausstellung ein wenig planlos. Und ist gerade Luxus nicht weniger als mehr. Luxus ist Konzentration auf das Eine, das Besondere, nicht auf 400 Glasgefäße auf vielleicht 100 Quadratmeter. Dazu kommen lange Texte statt inspirierender Anregungen. So werden die Gefäße, in denen die Gläser gefunden wurden mit ausgestellt, wie alle Teile die darin zu finden waren. Und dies mehrfach, aber nie plakativ erklärt. Mühsam muss die Zuordnung zur Zeit oder Thema gesucht werden. Das verwirrt und ist zu viel. Bei einer Ausstellung über Glas erwartet man Glas und keine Münzen, Schwerter oder andere Werkzeuge in der Vitrine.

Die Idee ist toll, die Umsetzung nicht mehr zeitgemäß, auch wenn man sich mit der Vorausstellung im Foyer Mühe gibt, modern zu wirken. Den Machern der Ausstellung fehlt das visuelle Auge und das Denken in Emotion. Sie sind berauscht von der Vielfalt ihrer Funde und wollen alles zeigen und in einen historischen Kontext einordnen. Aus ihrer Sicht ist das sicher hervorragend gelungen. Aber gelingt dies für das Publikum des 21. Jahrhunderts.

Der Katalog dagegen, den die Macher der Ausstellung auflegen, ist gelungen. Inhaltlich, wie optisch. Und er ist auf den ersten Blick verständlich. Wer also antike Glaskunst faszinierend findet, der sollte die Ausstellung besuchen, aber sich auch den Katalog gönnen, denn er vermittelt tolle historische Fakten, die einfach zu erfassen sind.

[infobox]Ausstellung und Katalog tragen den Titel „Zerbrechlicher Luxus“

„Köln – ein Zentrum antiker Glaskunst“
Marcus Trier, Friederike Naumann-Steckner (Hrsg.)
Schnell + Steiner

Begleitband mit 192 Seiten und rund 190 farbigen Fotografien
Im Museum 22,95 Euro

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Autor: dts
Foto: Der bemalte Achillespokal