New York | aktualisiert | Der Star-Dirigent Kurt Masur ist tot. Das teilten die New Yorker Philharmoniker mit. Demnach ist Masur am Samstag im Alter von 88 Jahren in Greenwich im US-Bundesstaat Connecticut gestorben.

Masur war von 1991 bis 2002 Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker und prägte als Gewandhauskapellmeister fast 30 Jahre das Musikleben in Leipzig. Neben seinem musikalischen Wirken war Masur insbesondere für sein politisches Engagement während der friedlichen Revolution in Leipzig im Jahr 1989 bekannt. So war er einer der sechs prominenten Leipziger, die den Aufruf „Keine Gewalt!“ verfassten.

2014 erhielt Masur für sein Engagement bei der friedlichen Revolution die Goldene Henne in der Kategorie „Politik“.

Gauck: Mit Masur verlieren wir großen Dirigenten und Menschen

Bundespräsident Joachim Gauck hat den verstorbenen Kurt Masur als „großen Dirigenten und großartigen Menschen“ gewürdigt. „Ich denke in diesen Stunden voller Dankbarkeit an diesen herausragenden Künstler, der das Leipziger Gewandhausorchester zu einem Klangkörper von Weltruf machte“, schrieb Gauck in einem Kondolenzschreiben. Masur war am Samstag im Alter von 88 Jahren in Greenwich im US-Bundesstaat Connecticut gestorben.

Es sei Masur zu verdanken, dass Leipzig auch während der deutschen Teilung eine „erste Adresse des kulturellen Lebens“ blieb. Man werde ihm niemals vergessen, dass der Dirigent sich im Herbst 1989 für grundlegende Veränderungen in der DDR eingesetzt habe. „Wir trauern um einen brillanten Musiker, einen großen Humanisten und einen engagierten Kosmopoliten. Wir werden Kurt Masur nicht vergessen“, so Gauck weiter.

Das Beethoven-Haus Bonn trauert um seinen langjährigen Vorsitzenden und sein Ehrenmitglied Kurt Masur

„Kurt Masur hat wie kein anderer das Beethoven-Haus Bonn nach dem Millenniumswechsel geprägt. Wir haben mit diesem international wirkenden Ausnahmekünstler einen der profiliertesten Beethoven Interpreten und engagiertesten Unterstützer verloren. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie, der unser tief empfundenes Mitgefühl gilt,“ erklärte Malte Boecker, Direktor des Bonner Beethoven-Zentrums am Samstag Abend.

Kurt Masur war seit 2003 Ehrenmitglied und vom 5. Juli 2004 bis 6. September 2013 Vorsitzender des Beethoven-Hauses Bonn. In dieser Funktion initiierte er die Internationalen Beethoven Meisterkurse Bonn. Seit 2006 sind sie das wesentliche Instrument des Beethoven-Hauses zur Förderung des künstlerischen Nachwuchses. Zunächst wurden sie als Dirigierkurse durchgeführt, seit 2010 außerdem als Kurse für Kammermusik. 2008 brillierte Kurt Masur an der Spitze des Orchestre National de France beim Beethovenfest Bonn mit dem ersten Gesamtzyklus aller Beethoven Sinfonien seit der Neugründung des Beethovenfestes 1999. Kurt Masur setzte sich im Verein Beethoven- Haus auch persönlich für den am 17. Dezember 2009 erfolgten Erwerb des Autographs der Diabelli Variationen für Klavier op. 120 ein. Mit diesem Manuskript, einer der letzten großen Beethoven-Handschriften, die noch in Privatbesitz nachweisbar waren, wurde die Sammlung Beethoven-Haus unter seinem Vorsitz um „eines der bedeutendsten Werke der Musikgeschichte“, so Kurt Masur, ergänzt.

Zur Amtsübergabe an seine Nachfolgerin, der international renommierten Viola-Virtuosin, Hochschullehrerin und Kammermusikerin Tabea Zimmermann, hatte Masur 2013 in Bonn erklärt: „Das Beethoven-Haus ist die Keimzelle der ‚Beethovenstadt‘ Bonn und das Beethoven-Zentrum im Herzen dieser Stadt. In den vergangenen neun Jahren ist es mir in ganz besonderer Weise vertraut geworden. Für mich ist es der Ort auf der Welt, an dem ich die größte Nähe zu Beethovens Leben und Werk verspüre.“

Kurt Masur hat als junger Mann unter dem Eindruck einer Aufführung der neunten Symphonie Beethovens den Entschluss gefasst, Dirigent zu werden. Er war 24 Jahre alt, als er zum ersten Mal eine Beethoven-Sinfonie dirigierte. Das war 1952 am Stadttheater in Erfurt anlässlich des 125. Todestages von Beethoven. Seither hat sich Masur immer wieder und vor allem mit dem sinfonischen Werk des Komponisten auseinandergesetzt. Seinen ersten Zyklus der Beethoven-Sinfonien dirigierte Masur im Beethoven-Jubiläumsjahr 1970 in Rio de Janeiro. Beethoven Interpretationsgeschichte schrieb er mit seinen durch intensives Quellenstudium vorbereiteten Beethoven-Aufführungen und Einspielungen in den 1990er Jahre u.a. mit dem Gewandhausorchester, den New Yorker Philharmonikern, dem Orchestre National de France und dem London Philharmonic Orchestra. Im Dezember 2012 war sein letzter Beethoven Gesamtzyklus mit der Dresdner Philharmonie in Dresden und München zu erleben.

Zum Tod des Dirigenten Kurt Masur, dem ehemaligen Leipziger Gewandhauskapellmeister, erklärt Sachsens Kunstministerin Dr. Eva-Maria Stange:

„Ich bin tief betroffen vom Tode Kurt Masurs. Wir trauern um einen Künstler von Weltrang und um eine außerordentliche Persönlichkeit.  Kurt Masur hat als Dirigent die Dresdner Philharmonie und vor allem das Leipziger Gewandhaus zu weltweit gefragten und bejubelten Klangkörpern geformt. Er hat mit Geschick und großer Beharrlichkeit der SED-Führung für das Gewandhaus den Neubau eines eigenen Konzerthauses abgetrotzt. 1989 schrieb er Geschichte mit als er im Revolutionsherbst mit seiner besonnenen Intervention dafür sorgte, dass es nicht zu einem Blutvergießen kam und die Leipziger Montagsdemonstrationen als Triebkraft der Friedlichen Revolution letztlich zur Wiedervereinigung Deutschlands führen konnten. Kurt Masur, der auch Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste war, war ein akribischer Künstler mit großer Ausdruckskraft und ein freiheitsliebender Mensch mit Haltung und Bescheidenheit. Auch wenn er nie als Held der Friedlichen Revolution dargestellt werden wollte, habe ich ihn immer für seinen Mut bewundert, sich dem SED-Regime entgegenzustellen und damit den Fall der Mauer mit zu ermöglichen. Wir werden ihn sehr vermissen.“

Autor: dts