Berlin | Der Berliner Attentäter Anis Amri hat laut eines Berichts der „Welt am Sonntag“ regelmäßig Ecstasy und Kokain konsumiert. Seinen Lebensunterhalt habe er weitgehend als Drogendealer finanziert, berichtet die Zeitung mit Verweis auf den Sachstandsbericht zum Terroranschlag an der Berliner Gedächtniskirche, mit dem sich das geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags am Montag befassen werde. Schon in seiner Heimat Tunesien war der Berliner Attentäter wegen Drogendelikten aufgefallen.

Auch in Berlin soll er Drogen verkauft haben. Amri war am 19. Dezember mit einem gekaperten Lkw in einen Weihnachtsmarkt gerast, hatte zwölf Menschen getötet und Dutzende verletzt. Ermittler fragen sich, ob er unter Drogeneinfluss stand.

Laut des Berichts hielt sich Amri bereits mehrere Tage vor dem Anschlag in Berlin auf. In den Monaten zuvor reiste er öfter von Nordrhein-Westfalen nach Belgien, wo es eine starke Islamisten-Szene gibt. Allein in Deutschland suchen 400 Ermittler nach Kontakten – was schwer ist: Auf Amris Handy fanden sich nur zwei gespeicherte Telefonnummern.

Dennoch war er europaweit gut vernetzt, besonders in Italien. Am 23. Dezember hatte ihn die Polizei in Sesto San Giovanni im Großraum Mailand bei einer Kontrolle erschossen. In Amris Rucksack entdeckten die Fahnder „Rasierschaum, die Fahrkarte aus Frankreich, eine holländische Vodafone-Telefonkarte, ein deutsches Duschgel und 1.000 Euro“, sagte Claudio Ciccimarra, Chef von „Digos“, der Abteilung für Ermittlungen und Sonderoperationen, Terror- und Extremismusbekämpfung der Mailänder Staatspolizei, der Zeitung.

Drogen habe man nicht in Amris Rucksack gefunden. Woher er das Geld hatte, werde derzeit untersucht. Dem Bericht für den Bundestag zufolge ist die Reiseroute von Amri immer noch nicht ganz geklärt. Fraglich bleibt, was Amri in Sesto San Giovanni wollte. Digos-Chef Ciccimarra ist davon überzeugt, dass Amri zufällig dort auftauchte: „Unsere bisherigen Ergebnisse zeigen, dass Amri bei der Wahl seiner Route eher unsicher war, jedenfalls sobald er nach Italien kam.“ Die Staatsanwaltschaft in Catania auf Sizilien sieht laut „Welt am Sonntag“ keine Anzeichen dafür, dass sich Amri in Italien radikalisierte. Die gleiche Information erhielt die Zeitung am Samstag aus Regierungs- und Justizkreisen in Palermo, wo ebenfalls ein Verfahren zur Feststellung einer möglichen Radikalisierung Amris in dessen Jahren auf Sizilien läuft. Zuständig sind mehrere Justizdistrikte, weil Amri wegen seiner Gewalttätigkeit in vier Haftjahren vier Mal das Gefängnis wechseln musste. Unterdessen melden sich immer mehr Opfer und Angehörige, die finanzielle Hilfen in Anspruch nehmen wollen. Roland Weber, Opferbeauftragter des Landes Berlin, sagte der Zeitung: „25 Opfer und Angehörige haben sich bisher bei mir gemeldet.“ Der ehrenamtlich tätige Anwalt vermittelt ihnen Kontakte zu Hilfsorganisationen wie der Verkehrsopferhilfe. Zuständig für Leistungen nach terroristischen Straftaten ist auch das Bundesamt für Justiz in Bonn. „Bisher sind fünf Anträge von Hinterbliebenen der bei dem Anschlag Getöteten eingegangen“, teilte die Behörde der Zeitung mit.

Autor: dts
Foto: Fahndungsfotos des BKA