Engelskirchen | Die ersten Wunschzettel aus China kamen schon im Frühjahr. Beklebt mit fremdartigen, bunten Marken hatten die Briefe mit chinesischen Schriftzeichen, meist mit englischen Sätzen ergänzt, schon eine weite Reise hinter sich. In gelben Postkisten wurden sie mehrere Monate verwahrt und warteten darauf, dass das Christkind seinen Sommerurlaub beendet.

Jetzt ist es endlich so weit: Am Freitag hat die Christkind-Postfiliale in Engelskirchen im Bergischen Land die Arbeit aufgenommen. Rund 5.000 Briefe warten dort schon auf die zehn Mitarbeiterinnen, die in den nächsten Wochen jeden einzelnen von ihnen lesen und beantworten werden. „Im vergangenen Jahr haben wir 140.000 Briefe und Wunschzettel aus 63 Ländern bekommen“, sagt Britta Töllner von der Deutschen Post. Deshalb gibt es ein vorgefertigtes Antwortschreiben, das die Helferinnen bei Bedarf handschriftlich ergänzen.

Viele Kinder wünschen sich Zeit mit der Familie

Kisten mit bunten Briefumschlägen stapeln sich im Alten Baumwolllager des Industriemuseums Engelskirchen. Der Raum ist mit Kerzen und Tannenzweigen geschmückt, an den Wänden hängen besonders liebevoll gemalte Wunschzettel. Manche Briefkuverts sind bemalt mit Tannenbäumen und Winterlandschaften, ein Mädchen hat Bilder von Schneeflocken ausgeschnitten und auf einen großen rosa Umschlag geklebt. „An das Christkind“ steht auf all diesen Briefen, in ihnen verbergen sich die Wünsche von Kindern aus aller Welt.

Mitarbeiterin Birgit Müller nimmt ein paar der Briefe und geht damit an ihren Schreibtisch. Sie ist schon seit 20 Jahren dabei und weiß, was Kinderherzen sich wünschen. „Als ich damals anfing, war ich erschüttert. Ich hatte den Eindruck, für die Kinder zählten nur noch Gameboys. Ich fragte mich, wo die Kinder sind, die noch spielen wollen.“ Doch das habe sich geändert, sagt die 52-jährige Engelskirchnerin. „Heute wünschen sich die Kinder nicht mehr ausschließlich Computer, sondern auch wieder traditionelles Spielzeug wie Puppen.“ Aber an erster Stelle stünde bei den Kleinen etwas ganz Anderes: Familie und Freunde. „Viele wünschen sich, gemeinsam mit der ganzen Familie Weihnachten zu feiern und wieder mehr Zeit miteinander zu verbringen“, berichtet Müller.

Maja wünscht sich einen echten Vulkan

Auch Geschwister und Haustiere seien seit Jahren sehr begehrt, erzählt sie. „Aber die Kinder denken auch an andere. Sie wünschen sich zum Beispiel für den Opa eine neue Brille und für die Oma ein neues Gebiss.“ Besonders freue sie, dass die Kinder sehr weltoffen seien. „Viele wünschen sich eine Welt ohne Krieg, ohne Erdbeben und dass alle Kinder genug zu essen haben.“ Dann zieht sie einen Brief hervor, den sie gerade erst geöffnet hat. Darauf steht in großen verwackelten Buchstaben, was Maja sich sehnlichst wünscht: einen echten Vulkan. Zur Sicherheit hat sie einen daneben gemalt. „Hier erlebe ich noch das echte Weihnachten“, sagt Müller und lächelt.

In der Postfiliale des Christkinds geht es traditionell zu: Eine E-Mail-Adresse gebe es nicht. „Es hat angefangen mit handgeschriebenen Wunschzetteln, und diese Tradition wollen wir nicht brechen“, sagt Töllner. Deshalb erreichen nur per Post versandte Wunschzettel mit der Anschrift „An das Christkind, 51777 Engelskirchen“ den richtigen Adressaten.

Vor 27 Jahren wurde die Christkind-Postfiliale in Engelskirchen zu Weihnachten eröffnet, damals tauchten die ersten Briefe auf, adressiert an das Christkind. Heute fragen die Kinder in ihren Briefen auch mal nach dessen Handynummer. Man könne sich ja mal treffen.

Zwei Kinder aus dem Kölner Gebiet haben zudem einen fünf Meter langen Wunschzettel geschrieben und auch Lukas hat einen großen Wunsch: Er will ein iPad. Sollte das nicht gehen, dann sei er aber auch mit einer Schachtel Keksen zufrieden.

Autor: Kathrin Aldenhoff, dapd | Foto: Roberto Pfeil/dapd
Foto: Ein „Christkind“ im Christkind-Postamt der Deutschen Post in Engelskirchen