Berlin | Die Alternative für Deutschland (AfD) hat ihren für Mitte Juni geplanten Parteitag in Kassel abgesagt. Zugleich habe der Bundesvorstand der Partei einen außerordentlichen Mitgliederparteitag beschlossen, der voraussichtlich Ende Juni stattfinde, wie die Partei am Dienstag mitteilte. Hintergrund der Absage des Bundesparteitags seien demnach „juristische Bedenken“.

Das Bundesschiedsgericht der AfD hatte zuvor Unregelmäßigkeiten bei den Delegiertenwahlen in einigen Landesverbänden festgestellt. Bereits im Vorfeld der Absage hatte sich Hans-Olaf Henkel, der für die AfD im Europäischen Parlament sitzt, für einen Mitgliederparteitag ausgesprochen. „Schön wäre es, wir könnten nun doch einen Mitgliederparteitag einberufen“, sagte Henkel dem „Handelsblatt“.

AfD-Co-Chefin Petry kritisiert Absage des Bundesparteitags

Die Co-Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Frauke Petry, hat die Absage des für Mitte Juni geplanten Bundesparteitags in Kassel scharf kritisiert. Der Delegiertenparteitag sei auf Basis demokratischer Beschlüsse zustande gekommen. „Die Absage ist für die Außenwahrnehmung der AfD schlecht und sie erhöht die Unsicherheit für alle Mitglieder. Das ist kein gutes Signal“, sagte Petry dem „Handelsblatt“. Die AfD-Politikerin sieht durch die Absage des Parteitags keinen Vorteil für ihren Mit-Vorsitzenden Bernd Lucke: „Die vergleichsweise geringe Unterstützung für Luckes Weckruf zeigt, dass seine Strategie, auf einem Mitgliederparteitag die Zustimmung zu bekommen, die er auf einem Delegiertenparteitag nicht bekommen hätte, wahrscheinlich gar nicht aufgehen wird“, sagte die sächsische Landes- und Fraktionschefin. Den inhaltlichen Streit wolle sie nun aber nicht weiter befeuern.

„Dazu ist alles gesagt.“ Dass die Absage des Parteitags mit der Schaffung von Rechtssicherheit begründet wurde, ist für Petry nicht nachvollziehbar. Die Delegierten seien in den meisten Landesverbänden von Mitgliederparteitagen gewählt worden.

Keine der Klagen sei jedoch bisher vom Bundesschiedsgericht entschieden worden, betonte die AfD-Politikerin. „Auch gegen den Bundesmitglieder-Parteitag laufen Klagen, die womöglich die neue Satzung kippen könnten“, fügte sie hinzu. „Es stimmt also nicht, dass die Einberufung eines Mitgliederparteitages mehr Rechtssicherheit schafft.“ Überdies sei der Beschluss für einen Delegiertenparteitag gefasst worden, um sparsam mit den knappen Mitteln der Partei umzugehen.

Lucke: AfD muss wegen neuem Parteitag Finanzplanung ändern

Die Absage des Bundesparteitags Mitte Juni in Kassel setzt die AfD finanziell unter Druck. Zwar könne die Partei den jetzt für Ende Juni geplanten Mitglieder-Parteitag finanziell stemmen: „Wir müssen aber unsere Finanzplanung ändern bezüglich des dritten Mitgliederparteitags, der für Ende November geplant ist“, sagte AfD-Chef Bernd Lucke dem „Handelsblatt“. „Wir haben Rücklagen in der Partei gebildet, und wir werden wahrscheinlich auf diese Rücklagen zurückgreifen müssen. Denn aus unserem Bundeshaushalt sind drei Mitgliederparteitage in einem Jahr nicht zu finanzieren.“ Dessen ungeachtet zeigte sich Lucke zufrieden mit der Entscheidung, den Delegierten-Parteitag abzusagen. „Der Mitglieder-Parteitag bietet auf jeden Fall der Partei eine bessere Ausgangslage. Ich finde es grundsätzlich auch sehr gut, dass die Mitglieder nun unmittelbar an den jetzt wichtigen Entscheidungen, die jetzt zu treffen sind, beteiligt werden“, sagte er. Ob das jetzt eine bessere oder ungünstigere Ausgangslage für ihn sei, sei schwierig vorauszusehen. „Ich persönlich habe immer geglaubt, dass ich viel mehr Rückhalt in der Partei habe, als das, was ich darüber in Zeitungen gelesen habe. Deswegen bin ich auch optimistisch bezüglich des Mitgliederparteitags.“ Er glaube zudem, dass der Wille in der Partei groß sei, jetzt zusammenzuhalten. „Ich habe überhaupt kein Interesse an einer Eskalation“, fügte Lucke mit Blick auf seine innerparteilichen Gegner um Co-Parteichefin Frauke Petry hinzu.

„Ich habe auch nicht den Eindruck, dass ich die Lage eskaliert habe. Ich bin jederzeit gesprächsbereit.“ Auf die Frage, wer Verlierer und wer Gewinner der Parteitagsverschiebung sei, sagte Lucke: „Die Querulanten und die Rechtsanwälte sind die Verlierer. Die Profiteure sind die ganz normalen Parteimitglieder.“ Kritisch äußerte sich Lucke in diesem Zusammenhang zu Petry, die bei dem vom Schiedsgericht der Partei bemängelten Delegiertenwahl-Parteitag in NRW als Versammlungsleiterin fungierte. „Frauke Petry hat mir gesagt, dass in NRW alles satzungsgemäß abgelaufen sei. Aber alle anderen Berichte, die ich gehört habe, sprechen eine deutlich andere Sprache.“ Es sei bekannt gewesen, dass es Delegiertenwahlen gegeben habe, bei denen man mehr Sorgfalt hätte aufwenden sollen. „Insofern hatten wir schon seit geraumer Zeit Sorge, dass der Delegiertenparteitag nicht rechtsgültig sein könnte und später angefochten würde“, so Lucke. „Deshalb fühlen wir uns durch die Empfehlung des Bundesschiedsgerichts bestätigt, die sehr deutlich war.“

Autor: dts
Foto: AfD-Chef Bernd Lucke