Berlin | Eine Grundgesetzänderung, um den Einsatz der Bundeswehr im Innern zu erleichtern, ist vorerst wohl vom Tisch. Das schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Mittwochsausgabe. Verteidigungsministerium und Auswärtiges Amt haben sich demnach nach einer längeren, zum Teil heftigen Auseinandersetzung auf eine Kompromiss-Formulierung für das neue Bundeswehr-Weißbuch geeinigt.

Darin ist, anders als im ursprünglichen Vorschlag, in Bezug auf das Grundgesetz keine Rede mehr von „Weiterentwicklungen“, die erforderlich seien. In einem Brief der SPD-geführten Ressorts für Auswärtiges und Justiz an das CDU-geführte Verteidigungsministerium heißt es mit Datum von Montag, der „von Ihnen vorgeschlagene Text“ sei „aus unserer Sicht konsentierbar“. Der Brief auf Staatssekretärsebene liegt ebenso wie die entsprechenden Textpassagen der „Süddeutschen Zeitung“ vor.

Der Streit hatte sich vor mehr als einem Monat an einem ersten Weißbuch-Entwurf aus dem Verteidigungsministerium entzündet. Bislang könne die Bundesregierung die Bundeswehr im Innern etwa im „Fall des inneren Notstandes“ einsetzen, hieß es in diesem Entwurf: „Charakter und Dynamik gegenwärtiger und zukünftiger sicherheitspolitischer Bedrohungen machen hier Weiterentwicklungen erforderlich, um einen wirkungsvollen Beitrag der Bundeswehr zur Gefahrenabwehr an der Grenze von innerer und äußerer Sicherheit auf einer klaren Grundlage zu ermöglichen.“ Die SPD hatte vor allem auf diesen Satz mit scharfer Kritik reagiert.

Er fehlt nun in der entsprechenden Passage. Stattdessen wird deutlich ausführlicher als in der Ursprungsfassung auf jene Möglichkeiten eingegangen, die das Grundgesetz bereits für den Einsatz der Bundeswehr im Innern bietet, etwa „bei terroristischen Großlagen“ zur „Unterstützung der Polizeikräfte“, wie es in der abgestimmten Textpassage heißt. In diesem Zusammenhang wird konkretisiert: „Es ist wichtig, an den Schnittstellen der im Katastrophenfall zusammenarbeitenden Bundes- und Landesbehörden weiter an einer guten Zusammenarbeit zu arbeiten und diese im Rahmen von Übungen vorzubereiten. Hierauf muss im Rahmen einer gemeinsamen verantwortungsvollen Sicherheitsvorsorge in unserem Land Verlass sein.“

Hintergrund dieser Passage dürften Befürchtungen aus dem Verteidigungsministerium sein, dass im Fall etwa eines schweren terroristischen Anschlags nach der Bundeswehr gerufen werden könnte, ohne dass es entsprechende Vorbereitungen gegeben hätte. Die nun vorliegenden Formulierungen sind das Ergebnis der Abstimmung zwischen den im Bundessicherheitsrat vertretenen Ministerien, wobei es sich im Wesentlichen um einen Streit zwischen dem Auswärtigen Amt unter Minister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und dem Verteidigungsministerium unter Ursula von der Leyen (CDU) handelte. Nun beginnt die eigentliche Ressortabstimmung. Allerdings gibt es weiter Punkte, an denen man sich nicht geeinigt hat.

„Da Sie sich entschlossen haben, die Ressortabstimmung einzuleiten, bevor wir eine Einigung zu den verbleibenden strittigen Passagen erreicht haben, müssen wir darauf bestehen, dass alle Fragen geklammert werden, die bislang noch nicht einvernehmlich zwischen uns geklärt werden konnten“, heißt es in dem Brief der SPD-Ressorts an das Verteidigungsministerium. Davon ist etwa die Rolle des Bundessicherheitsrats betroffen. Außerdem geht es um die Idee eines Rates der EU-Verteidigungsminister.

Autor: dts