Berlin | 81,9 Prozent der Bundestagsabgeordneten haben einen akademischen Abschluss. Das berichtet die „Welt“ in ihrer Samstagausgabe. In der Gesamtbevölkerung waren es im Jahr 2017 lediglich 17,6 Prozent.

Für die Erhebung wertete die „Welt“ die Profile der 709 Abgeordneten auf der Website des Bundestags aus und stellte bei einem Teil von ihnen Nachfragen. Vier Parlamentarier unterschiedlicher Fraktionen wollten sich trotz mehrfacher Nachfrage nicht zu ihrem Abschluss äußern und wurden somit von der Auswertung ausgenommen. Untersucht wurde auch die Verteilung der akademischen Abschlüsse auf die einzelnen Fraktionen.

Ergebnis: Die meisten Akademiker finden sich – gemessen an der Zahl der Abgeordneten – in der FDP-Fraktion (87,5 Prozent), gefolgt von den Grünen (85 Prozent), Union (84,5 Prozent) und AfD (79,7 Prozent). Die wenigsten Hochschulabsolventen zählen die Fraktionen der Linken (78 Prozent) und SPD (76,8 Prozent). 35 Abgeordnete (4,9 Prozent) gaben bei der Erhebung an, keinen Abschluss zu haben.

Spitzenreiter bei den Studienabbrechern ist die Grünen-Fraktion. 11,9 Prozent (acht Abgeordnete) haben ihr Studium nicht zu Ende gebracht. Dicht hinter der Ökopartei folgen bei den Abbrechern die Linken mit sieben Abgeordneten (10,2 Prozent).

In der AfD-Fraktion gaben fünf Abgeordnete (5,6 Prozent) ihr Studium auf, gefolgt von der SPD mit sechs (3,9 Prozent) und der FDP mit drei Parlamentariern (3,7 Prozent). Die Union kommt auf fünf Abbrecher (zwei Prozent). Die meisten promovierten Abgeordneten gibt es in der Grünen-Fraktion (20,8 Prozent), die wenigsten Doktoren bei der Linken (13,2 Prozent). Beim Anteil der Habilitierten liegt hingegen die AfD mit fünf Prozent vorne (vier Professoren); die Union hat sechs Professoren, kommt damit aber nur auf 2,4 Prozent; jeweils zwei Habilitierte bringen der FDP eine Professoren-Quote von 2,5 Prozent und der größeren SPD-Fraktion eine von 1,3 Prozent. Bei den Grünen gibt es einen Habilitierten, bei der Linkspartei keinen.

Karl-Josef Laumann (CDU), gelernter Maschinenschlosser mit Hauptschulabschluss und Arbeitsminister in Nordrhein-Westfalen, sieht den hohen Anteil von Akademikern im Bundestag kritisch. „Die CDU kann nur auf Dauer Volkspartei bleiben, wenn sich der Blickwinkel nicht verengt – zum Beispiel auf die Sichtweise von Juristen“, sagt Laumann. Er wünscht sich jedoch nicht nur eine Mischung der Berufe, sondern auch von Frauen und Männern, Alten und Jungen, von Stadt- und Landbevölkerung.

„Politik lebt davon, dass Menschen aus den unterschiedlichsten Lebenswelten unser Zusammenleben gestalten.“ Für Annalena Baerbock, Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete der Grünen, sollte das Parlament „auch ein Spiegel der Gesellschaft sein – mit Blick auf Geschlecht, Berufe und Schulabschlüsse, auf Alter und Herkunft“. Daran zu arbeiten, „dass hier mehr Vielfalt entsteht“, sei aus ihrer Sicht wichtig für alle Fraktionen.

Autor: dts | Foto: Deutscher Bundestag/Marc-Steffen Unger