Köln | Die Kölner Polizei und der NRW Innenminister sind von der Videoüberwachung im öffentlichen Raum überzeugt und werden, so hatte es Kölns PolizeipräsidentJürgen Mathies, der städtischen Verwaltung und Politik im Ausschuss Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen der Stadt Köln vorgestellt an 48 Standorten in Zukunft die Bürger mit Videokameras dauerhaft überwachen. Dies gefällt nicht allen, die Kölner Piraten sprechen von Placebos und Märchen statt echter Sicherheit. Report-K hatte nach dem Straßenkarneval, sowohl bei der Bundespolizei, als auch bei der Polizei Köln nachgefragt was die Dauer-Videoüberwachung rund um den Hauptbahnhof gebracht habe.

Hier will die Kölner Polizei verstärkt filmen

An diesen Stellen will die Kölner Polizei in Zukunft eine dauerhafte Videoüberwachung installieren und zu den angebenen Zeiten Videoaufnahmen vornehmen:

Bereich Nr. 1 -Bahnhofsvorplatz, Domtreppe, Domplatte, Roncalliplatz, Heinrich-Böll-Platz. -Zeiten: Sonntag bis Donnerstag 10 Uhr bis 1 Uhr in der Nacht sowie Freitag, Samstag und an Tagen vor Wochenfeiertagen von 12 Uhr bis 2 Uhr in der Nacht -Möglich sind hier bis zu 19 Kamerastandorte.

Bereich Nr. 2 -Weltjugendtagsweg -Zeiten: Sonntag bis Donnerstag 10 Uhr bis 1 Uhr in der Nacht sowie Freitag, Samstag und an Tagen vor Wochenfeiertagen von 12 Uhr bis 2 Uhr in der Nacht -Möglich sind hier bis zu 7 Kamerastandorte.

Bereich Nr. 3 -Hohenzollernring zwischen Friesenplatz und Bismarckstraße sowie Parkanlage Kaiser-Wilhelm-Ring -Freitag, Samstag, Tage vor Wochenfeiertagen 23 Uhr bis 7 Uhr am Folgetag -Möglich sind hier bis zu 11 Kamerastandorte.

Bereich Nr. 4 -Hohenzollernring zwischen Friesenplatz und Rudolfplatz -Freitag, Samstag, Tage vor Wochenfeiertagen 23 Uhr bis 7 Uhr am Folgetag -Möglich sind hier bis zu 11 Kamerastandorte.

Die Auswahl der Standorte für die Kameras sei auf Basis der Kriminalitäts- und Einsatzentwicklung von 2013 bis 2015 erfolgt, schreibt die Polizei Köln. Zudem teilt man mit dass auch die Belange des Datenschutzes berücksichtigt werden. Wie genau man dies regeln will, bleibt offen. Ob dies etwa nur durch den Datenschutzbeauftragten der eigenen Behörde erfolgt oder durch externe Kontrolle.

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Die Videoüberwachung an Karneval – Was hat sie gebracht?

Die Bundespolizei und die Kölner Polizei hatten ab Weiberfastnacht alle Tage rund um den Kölner Hauptbahnhof eine mobile und intensive Videoüberwachung aufgebaut. Report-K hatte im Nachgang nachgefragt, wo und wie lange die Videoüberwachung eingesetzt war und welche Erkenntnisse die Behörden gewonnen haben?

Die Fragen an die Polizei Köln

report-K: Wie viele Stunden hat die Polizei Köln über Karneval, an wie vielen Orten Videomaterial aufgezeichnet?

Polizei Köln: An Weiberfastnacht (04.02.2016) wurden an folgenden Örtlichkeiten Videofahrzeuge eingesetzt:

– Kurt-Hackenberg-Platz

– Bahnhofsvorplatz in Richtung Domtreppe

– Domplatte in Richtung Bahnhofsvorplatz

– Domforum

– Zülpicher Str./Roonstr.

– Severinskirchplatz

– Rheingarten/Weltjugendtagsweg

Am Karnevalssonntag (07.02.2016) wurde im Bereich des Bahnhofsvorplatzes ein Videofahrzeug eingesetzt. Es wurden keine Aufzeichnungen getätigt. An den übrigen Schwerpunktbereichen gab es keine Hinweise auf Ansammlungen von Problemklientel, sodass die Standorte unbesetzt blieben.

Im Bereich Leverkusen wurde am 7. Februar zeitweise Videomaterial aufgezeichnet. Dieses Material wurde noch vor Ort gelöscht.

Am Rosenmontag (04.02.2016) wurde am Severinskirchplatz ein mit Videoaufzeichnungstechnik ausgerüstetes Fahrzeug eingesetzt. Zu einer Aufzeichnung von Bildern ist es nicht gekommen, da durch die Videobeobachtung keine Straftaten festgestellt wurden. Die Rechtsgrundlage beruht auf §§ 15, 15a PolG NRW.

Liefen die Aufzeichnungen die gesamte Zeit?

Die Videobeobachtung erfolgte im gesamten Einsatzraum zu dem Zweck, aus gefahrenabwehrenden Gründen von erhöhter Position einen Einblick in das Innere größerer Personengruppen zu erhalten. Dadurch sollten Entwicklungen, aus denen heraus Straftaten oder Gefahren entstehen, frühzeitig erkannt werden, um Maßnahmen einleiten zu können.

Im Bereich der Kölner Innenstadt hat am 4. Februar in 49 Fällen eine temporäre Videoaufzeichnung stattgefunden.

Kam es in diesem Bereich zu schweren Straftaten und wenn ja wie viele?

Straftaten wurden nicht aufgezeichnet beziehungsweise über Video beobachtet.

Im Übrigen haben die Kameras Zoom- und Schwenkfunktionen. Dies bedeutet, dass es je nach Zoomfaktor und Schwenkrichtung Straftaten im unmittelbaren Bereich nicht auf dem Monitor zu sehen waren.

In wie weit sind die Datenschutzbeauftragten Ihrer Behörde eingebunden?

Die Datenschutzbeauftragte der Behörde wurde im Vorfeld nicht eingebunden. Dies ist mit Blick auf die Regelungen des PolG auch nicht erforderlich.

Wie verfahren Sie mit dem Material? Wann wird dieses gelöscht? Und wer kontrolliert dies?

Nach bisherigen Kenntnisstand wurden in 49 Fällen Videoaufzeichnungen gefertigt. Gemäß § 15 Abs. 2 PolG NRW dürfen die gewonnenen Daten höchstens für die Dauer von 14 Tagen gespeichert werden, es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten benötigt oder Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass eine Person künftig Straftaten begehen wird, und die Aufbewahrung ist zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich.

Da keine Straftaten aufgezeichnet wurden, werden die Daten spätestens am 22. Februar gelöscht. Teilweise wurden die Aufzeichnungen bereits direkt vor Ort gelöscht.

Die Löschung wird durch die jeweiligen Vorgesetzten im Rahmen der Fach- und Dienstaufsicht kontrolliert.

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Die Antworten der Bundespolizei zur Videoüberwachung an Karneval

Auch die Bundespolizei setzte Videokameras im direkten Umfeld an Karneval rund um den Hauptbahnhof ein. Auch hier fragte die Redaktion von report-K nach und erhielt folgende Antwort: „Die Bundespolizei hatte am Bahnhof Köln Hbf zwei und am Bahnhof Köln-Messe/Deutz drei mobile Videokameras im Einsatz. Die Kameras haben von Weiberdonnerstag bis Rosenmontag „rund um die Uhr“ aufgezeichnet. Bisher wurde das Videomaterial nicht weiter für Zwecke der Strafverfolgung genutzt. Am kommenden Freitag, dem 12. Februar 2016 werden alle Aufzeichnungen gelöscht, es sei denn, dass sich bis dahin noch Erkenntnisse ergeben sollten, die eine Nutzung von Aufzeichnungen für repressive Zwecke erforderlich machen würden. Die Daten würden in diesem Fall der zuständigen Staatsanwaltschaft übergeben. Wir gehen jedoch bis auf Weiteres davon aus, dass alle Aufzeichnungen am 12. Februar 2016 gelöscht werden. Mit Blick auf die einschlägigen Rechtsvorschriften möchte ich auf die §§ 26 und 27 Bundespolizeigesetz (BPOLG) verweisen.“

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Die Kritik der Kölner Piraten nach der Ausschusssitzung am Konzept der Kölner Polizei

Die Piraten im Kölner Rat haben sich zu der Vorstellung der Kamerastandorte durch die Kölner Polizei geäußert und sprechen vonPlacebos und Märchen statt echter Sicherheit. Vor allem kritisiert man, dass es keine Evaluation der bereits bestehenden Videoüberwachung und deren Wirksamkeit gebe. Zudem kritisiert man die Verwendung des Wortes „Videobeobachtung“ durch die Kölner Polizei. So heißt es in einer Erklärung der Kölner Piratengruppe im Rat: „Das Wort veranschaulicht die Absurdität dieser Sicherheitsinitiative: Videokameras verhindern keine Straftaten, das können nur Sicherheitskräfte und eine aufgeklärte Zivilgesellschaft.“ Man zitiert die Bielefelder Polizeipräsidentin : „Vielmehr setzt eine konsequente Videoüberwachung zur Gefahrenabwehr auch voraus, dass zur Begutachtung der Aufnahmen und zur Veranlassung weiterer Maßnahmen dauerhaft Beamte abgestellt werden müssen, die vor Ort effektiver eingesetzt werden könnten.“

Alleine die Kölner Verkehrsbetriebe betrieben rund 2.500 Kameras, wie eine Anfrage der Piratengruppe im Rat ergeben habe. Kritisch merkt man an, dass auch in der Silversternacht rund um den Dom 80 Kameras im Einsatz gewesen seien. Thomas Hegenbarth, Sprecher der Piraten im Rat, regt sich über die Placebo-Maßnahmen auf: „Das Schlimme ist, dass uns Kölnern die Kameras als Antwort auf die zunehmende Kriminalität und nach den Vorgängen aus Silvester angeboten werden. Dabei beweisen die 80 Kameras am Hauptbahnhof und auch die Statistiken, dass die Kriminalität trotz der Anlagen steigt. Im besten Fall tragen diese Einrichtungen zu einer etwas erhöhten Aufklärung bei – doch selbst das gilt als umstritten. Gestern kam mir die Ausschusssitzung wie eine Märchenstunde des Polizeipräsidenten vor. Herr Mathies soll mal Fakten auf den Tisch legen, inwieweit Videoüberwachung wirklich wirksam ist. Immerhin handelt es sich um einen Grundrechtseingriff, da reichen keine Märchen zur Rechtfertigung.“

Autor: Andi Goral
Foto: Mit diesen Videoüberwachungsfahrzeugen war die Kölner Polizei an Karneval im Einsatz