Köln | „Vertrauen und vertrauensvoll“ waren die Wörter die zu Beginn der Vorstellung der Kooperation zwischen der Kölner CDU und den Kölner Grünen zwischen den beiden neuen Partnern fröhlich hin und hergeworfen wurden. Die Vorsitzende des Kölner Kreisverbandes der Grünen Marlis Bredehorst sprach von Gleichklang bei den kommunalen Inhalten zwischen den beiden Parteien, die aber selbst nicht über eine eigene Mehrheit im Stadtrat verfügen und sich für Entscheidungen immer wieder Partner mit ins Boot holen müssen. Aus den Reihen der Opposition gibt es Kritik. Manche Inhalte des Kooperationspapiers waren zu erwarten – einige sind neu und spannend, wie etwa, dass Parken in Teilen der Innenstadt nur noch in Parkhäusern gestattet sein soll. Report-K dokumentiert Teile des Kooperationsvertrages.

Keine Mehrheitsbildung mit rechtsextremen Stimmen

Auf 1.496 Zeilen haben CDU und Grüne ihre Kooperation festgeschrieben. Beide Parteien erkennen in ihrem Selbstverständnis zu der Kooperation einen Handlungsstau in Köln, den man zusammen mit der gemeinsamen Oberbürgermeisterkandidatin und jetzt amtierenden Oberbürgermeisterin Henriette Reker auflösen möchte. Man werde für eine sachorientierte Politik um die entsprechenden Mehrheiten im Kölner Rat werben, schließt aber die Unterstützung durch rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien aus. In diesem Zusammenhang nimmt das Papier auch Stellung zum Porzer Bezirksbürgermeister Henk van Benthem, CDU, der diesen Posten nur mit Stimmen der Rechtspopulisten von „Pro Köln“ erringen konnte. Beide Parteien wollen auf ihre Bezirksvertreter einwirken, dass ein solcher Fall nicht wieder eintritt.

Sanierung der städtischen Verkehrsinfrastruktur – Parken in der Innenstadt nur noch in Parkhäusern

Basis für die politische Arbeit zum Thema Mobilität und Verkehr sei das städtische Konzept „Köln mobil 2025“. Beide Parteien gehen davon aus, dass der innerstädtische Verkehr in Zukunft aus 1/3 Individualverkehr und 2/3 öffentlichem Personennah- (ÖPNV), Rad- und Fußgängerverkehr bestehen wird. Jetzt soll zunächst ein Stadtentwicklungskonzept Mobilität entwickelt werden, hier wollen die Politiker die Stadtgesellschaft einbinden. Vor allem beim Radverkehr will man zügig bereits bestehende Konzepte umsetzen und in Stadtvierteln mit erhöhtem Radverkehr neue entwickeln. Die Verkehrsströme sollen besser gelenkt, die Ampelsysteme modernisiert und der Individualverkehr auf den Hauptverkehrsachsen beschleunigt, wohingegen die Wohngegenden beruhigt werden sollen. Carsharing und Leihradangebote sollen ausgebaut werden.

Innenstadt – Parken nur noch in Parkhäusern

In der zentralen Innenstadtlage soll ein Parken nur noch in Parkhäusern möglich sein. Dort wird es auch nicht die so genannte Brötchentaste zum Kurzzeitparken geben. Diese wird lediglich in den Stadtteilzentren eingerichtet, um den dortigen Handel zu beleben. In den stadtnahen Quartieren will man prüfen, ob die Parkplätze von der Straße in Quartiersgaragen verlegt werden können. Um Brücken, Straßen, Tunnel und den ÖPNV auszubauen, setzen die Parteien auf Bundes- und Landesmittel. Die Linie 7 möchte man im rechtsrheinischen Süden verlängern und die Linie 13 bis zum Bayenthalgürtel führen. Die Stadtviertel Stammheim, Flittard, Rondorf, Meschenich und Widdersdorf sollen an das Stadtbahnnetz angeschlossen werden.

Für den Autoverkehr will man an der Machbarkeitsstudie einer weiteren Rheinquerung im Kölner Süden festhalten. Der Niehler Gürtel wird nicht weitergebaut und die Autoverbindung lehnen beide Parteien ab. Dort soll eine Fuß- und Radweglösung entstehen.

Umwelt und Klimaschutz

Die Rheinenergie soll nur noch in erneuerbare Energien und in den Ausbau der Fernwärme, also der Kraft-Wärmekopplung investieren. Zudem will man den Ausbau der Photovoltaik bewerben. Zudem soll in Köln – nach Bonner Vorbild – ein Zentrum für Energieeffizienz aufgebaut werden. Dies soll mit der Energieagentur NRW, der Verbraucherzentrale, der Handwerkskammer und der Rheinenergie unter städtischer Führung geschehen. Für die Altbausanierung will man ein städtisches Förderkonzept auflegen. Auch ökologische Baustoffe sollen in den Blickpunkt der Bevölkerung gerückt werden. Städtische Gebäude sollen im Passivhaus-Standard errichtet werden.

Im Bereich der E-Mobilität soll die Infrastruktur in Köln verbessert werden. In Neubaugebieten ist in Zukunft der Bau von Ladesäulen von Anfang an mitzuplanen. Zudem soll eine Arbeitsstruktur geschaffen werden, die sich in der städtischen Verwaltung ressortübergreifend für Lärmschutz und Luftreinhaltung einsetzt. Die Rheinschiffe sollen in Zukunft mit „Landstrom“ versorgt werden. Urban Gardening und Biodiversität soll gefördert werden, eine Bebauung von Naturschutzgebieten lehnen die beiden Parteien ab und sie wollen, dass die Baumschutzsatzung konsequenter umgesetzt wird. Insgesamt wünschen sich, so die Grünen-Chefin Bredehorst, die neuen Partner eine grünere Stadt.

Soziales und Integration

Kirsten Jahn, die Fraktionsvorsitzende der Kölner Grünen im Rat der Stadt, spricht von einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, wenn es um die Integration der Flüchtlinge gehe. Dies sei eine Querschnitts-, aber auch eine Herkulesaufgabe. CDU und Grüne wollen Flüchtlinge in die Quartiere integrieren und nicht in Turnhallen unterbringen. 2015 wurden mit dem städtischen Haushalt drei Millionen Euro mehr für soziale Projekte eingestellt, dies soll, so Jahn, die Blaupause für die nächsten Jahre bleiben. Die Beitragsfreiheit für Kindergärten soll von 18 auf 12 Monate reduziert werden. Die frei werdenden Gelder sollen in den Kindergärten in den sozialen Brennpunkten für mehr Personal eingesetzt werden.

Bernd Pettelkau, der Fraktionsvorsitzende der Kölner CDU im Rat, lobte das hohe bürgerschaftliche Engagement der Kölner. 200.000 Kölner engagieren sich. Dies soll weiter gestärkt werden.

Die Stadt soll die finanzpolitische Selbstbestimmung behalten

CDU und Grüne wollen vermeiden, dass der städtische Haushalt in die Zwangsführung der Bezirksregierung rutscht und die finanzpolitische Selbstbestimmung erhalten bleibt. Die finanzielle Lage der Stadt, so Jörg Frank, Grüne, sei nicht rosig. Die Parteien streben eine andere Struktur an und die Einbringung des Haushaltes, im Einvernehmen mit der Kölner Oberbürgermeisterin, vor dem Beginn des Haushaltsjahres. So sollen Richtung und Schwerpunkte früher festgesetzt und diskutiert werden können. Zudem soll das Controlling verbessert werden, um Blindflug zu reduzieren. Die Gewerbesteuer soll nicht erhöht werden und städtische Unternehmen nicht veräußert werden, um den städtischen Haushalt zu konsolidieren. Zudem will man den Verzehr städtischen Vermögens auf Null reduzieren.

Mehr Sicherheit im öffentlichen Raum

CDU und Grüne wollen Angsträume in der Stadt abbauen und begrüßen die Initiative von Oberbürgermeisterin Henriette Reker für einen gesamtstädtischen Präventionsrat. Zudem will man Ordnungspartnerschaften mit der Polizei forcieren an den sozialen Brennpunkten, der Domumgebung und den Ringen.

Kultur

Die Archäologische Zone und das jüdische Museum werden nicht mehr in Zweifel gezogen. Das Wallraff-Richartz Museum und die Fondation Corboud werden erweitert und die Kunst- und Museumsbibliothek soll mit der Universität Köln weitergeführt werden. Zudem, so der CDU Kulturpolitiker Dr. Elster, will man auch das Kulturmarketing vor allem auch in Richtung Benelux verstärken. Das städtische Kulturamt soll zu einem Kulturbüro umgebaut werden, dass sich als Dienstleister der Kunstschaffenden sieht. Zudem will man nicht nur in Beton für die Kultur investieren, sondern auch in Menschen. Den Stadtgarten will man zu einem europäischen Zentrum für Neue Musik und Jazz mit Unterstützung des Landes ausbauen. Auch am acht Brücken Festival will man festhalten.

Die Bürgerbeteiligung, so Jörg Frank, Grüne, soll weiterentwickelt werden, um die Qualität und Akzeptanz bei städtischen Vorhaben zu stärken. Daher werde man das vom Rat eingesetzte Gremium unterstützen das ein Konzept und die Leitlinien für die Bürgerbeteiligung in Köln entwickelt. Beide Parteien wünschen sich eine Modernisierung der Verwaltung, eine nachhaltige Personalentwicklung und mehr Frauen auf allen Ebenen der städtischen Organisation. Zudem will man die Dezernate neu organisieren. Das Verkehrsressort will man dem Bereich Wirtschaft und Liegenschaften zuordnen. Man unterstützt die Leitstelle der Wohnungsbau. Zudem wird man ein neues Dezernat „Mobilität und Verkehrsinfrastruktur“ bilden. Das Finanzdezernat wird in Zukunft den Umweltbereich verantworten. Zudem haben sich die Parteien auf das Personalvorschlagsrecht für die Dezernate geeinigt: Dezernat I und III, also auch das Amt des Stadtdirektors ist der CDU zugeordnet, II und V, darunter die Kämmerei den Grünen. Dies führt zu Kritik von der Linken, die eine sachliche Neuordnung nicht erkennen kann. Jörg Detjen dazu:„Die absurden Verschiebungen zwischen den Dezernaten sind nicht sachlich, sondern rein machtpolitisch begründet. CDU und Grüne haben jetzt Zugriff auf Schlüsselstellen in der Verwaltung und teilen sich das Fell des Bären, das sie der SPD abgejagt haben.“

Die Bezirke sollen gestärkt werden. Soweit die Gemeindeordnung es zulasse, werde der Rat auf freiwilliger Basis mehr Entscheidungen und das dafür nötige Budget den Bezirksvertretungen zur Entscheidung überlassen.

Bei diesen konkreten Projekten sind sich Schwarz-grün einig: Der Godorfer Hafen wird nicht erweitert. Man will eine Open Air Fläche in Köln finden. Das Umfeld des Rheinenergiestadions sei nicht für große Veranstaltungen geeignet und soll für Veranstaltungen, wie etwa das AC/DC Konzert nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Parteien wollen eine Rettungshubschrauberstation in Köln betreiben, sehen aber die Notwendigkeit Alternativstandorte zum Kalkberg zu prüfen. 1.000 Wohnungen im geförderten Wohnungsbau will Schwarz-Grün jedes Jahr schaffen. Insgesamt sollen 5.000 neue Wohnungen jedes Jahr geschaffen werden. Dabei soll eine Zersiedelung verhindert werden. CDU und Grüne wollen ein „Haus der Wirtschaft“ gemeinsam mit der IHK und dem Kölner Handwerk auflegen.

Wo sind sich Schwarz-Grün nicht einig: Beim Köln Bonn Airport und der Nachtflugregelung.

Fehlt was? Zum Thema Digitalisierung – einem der wichtigsten strategischen Themen der nächsten Jahre – haben die Kooperationspartner wenig bis gar nichts aufgelegt. Gerade drei Zeilen widmen sie dem Zukunftsthema unter der Zwischenüberschrift „Open Data und E-Government“: „Bei der Weiterentwicklung des Konzepts „Internetstadt Köln“ sollen die Schwerpunkte angesichts begrenzter Haushaltsmittel auf Open Data, E-Government/Bürgerdiensten, auf Bildungsangeboten und auf der Stärkung der digitalen Infrastruktur liegen“.

Wie es weitergeht

Die Gremien der Parteien haben beide einstimmig für die Kooperation votiert. Am 12. März wird die Parteibasis der CDU und am 14. März die Mitgliederversammlung der Grünen über das Papier beraten und die Kooperation beschließen oder ablehnen. Erst dann kann das Kooperationspapier unterzeichnet werden. Köln hat dann fünf Monate nach der Oberbürgermeisterwahl und über 1,5 Jahre nach der Kommunalwahl im Mai 2014 in NRW ein neues Gestaltungsbündnis. Die, die das Papier heute vorstellten zeigten sich sehr optimistisch und Köln hat statt Koalitionären nun Kooperierende. Beide Seiten machten klar, dass man vor allem auf inhaltlicher Ebene im Rahmen der Kooperationsgespräche viele Gemeinsamkeiten festgestellt habe.

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Stimmen zum Kooperationsvertrag aus der Kölner Politik

Die Linke: CDU und Grüne teilen sich das Fell des Bären und setzen auf soziale Kürzungen

Heute legt das Kölner schwarz-grüne Bündnis seine Programmatik für die Zeit bis zur nächsten Kommunalwahl 2020 vor. DIE LINKE sieht in dieser Kooperationsvereinbarung grundsätzliche falsche Weichenstellungen und vermag daher in das Eigenlob von CDU und Grünen nicht einzustimmen.

Als Antwort auf das Defizit im Kölner Haushalt setzen CDU und Grüne auf „Einsparungen, Leistungsreduzierungen und mitunter auch [den] Verzicht auf Maßnahmen“. Sie kündigen in ihrer Kooperationsvereinbarung bereits an, die Beitragsfreiheit der Kita um sechs Monate zu reduzieren, also auf die zwölf Monate, die durch das Land NRW finanziert werden. Eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes schließen CDU und Grüne aus.

Jörg Detjen, Sprecher der Fraktion DIE LINKE, dazu: „CDU und Grüne setzen die falsche Politik der letzten Jahre fort. Sie wollen den Haushalt durch Kürzungen sanieren und treffen damit die Menschen, die auf die Unterstützung der Stadt angewiesen sind. Die Wirtschaft durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer zu beteiligen, schließen sie von vornherein aus. Das ist kurzsichtige Politik.“

Innerhalb der Verwaltung wollen CDU und Grüne Ämter und Arbeitsbereiche von einem Dezernat zum anderen verschieben. Unter sachlichen Gesichtspunkten sind diese Verschiebungen fragwürdig. Der Bereich Umwelt wird zukünftig im Finanzdezernat bearbeitet. Eine inhaltliche Nähe gibt es nicht. Der Verkehrsbereich bekommt zunächst ein eigenes Dezernat. Das wäre eine gute Entscheidung, ist aber nur ein taktisches Manöver: Der Verkehr soll – sachlich neben der Spur – dem Wirtschaftsdezernat zugeschlagen werden, sobald die Amtszeit der SPD-Dezernentin ausläuft und die CDU den Posten besetzen kann.

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Autor: Andi Goral
Foto: Die Kooperierenden