Wiesbaden | In Deutschland waren den Ergebnissen der Erhebung „Leben in Europa“ (EU-SILC) zufolge im Jahr 2013 13 Millionen Menschen armutsgefährdet. Das entspricht einem Anteil an der Bevölkerung von 16,1 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mit. Demnach blieb der Anteil der armutsgefährdeten Personen in der Bevölkerung vom Berichtsjahr 2012 auf das Berichtsjahr 2013 unverändert.

Eine Person gilt nach der EU-Definition für EU-SILC als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2013 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 979 Euro im Monat. Für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren lag der Schwellenwert 2013 bei 2.056 Euro im Monat.

Frauen trugen – wie bereits in den Jahren zuvor – ein höheres Armutsgefährdungsrisiko als Männer. Dies gilt ausnahmslos für alle Altersgruppen: So lag die Quote der armutsgefährdeten Personen bei den Frauen unter 18 Jahren mit 15,4 Prozent zwar unter dem Bundesdurchschnitt, jedoch höher als das Armutsrisiko für die gleichaltrige männliche Bevölkerung (14,2 Prozent). Ähnlich hohe Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern ergaben sich in der Altersklasse zwischen 18 und 64 Jahren (Frauen: 17,7 Prozent, Männer: 16 Prozent).

Bei den Frauen ab 65 Jahren fiel das Armutsgefährdungsrisiko im Jahr 2013 mit 17 Prozent deutlich höher aus als bei den Männern derselben Altersklasse mit 12,7 Prozent. Untergliedert nach Haushaltstypen haben Personen aus Alleinerziehenden-Haushalten sowie Alleinlebende ein Armutsgefährdungsrisiko, das über dem Bundesdurchschnitt liegt. Im Jahr 2013 waren mehr als ein Drittel der Personen (35,2 Prozent) aus Alleinerziehenden-Haushalten armutsgefährdet.

Bei den Alleinlebenden betrug der Anteil der armutsgefährdeten Personen 31,9 Prozent. Bei Personen aus Haushalten mit zwei Erwachsenen und Kindern war das Armutsgefährdungsrisiko im Jahr 2013 dagegen eher unterdurchschnittlich: Beispielsweise lagen die Quoten für zwei Erwachsene mit einem Kind bei 11,1 Prozent und mit zwei Kindern bei 8,5 Prozent. Differenziert nach dem überwiegenden Erwerbsstatus im Referenzjahr waren im Berichtsjahr 2013 mit 69,3 Prozent weit mehr als zwei Drittel der Arbeitslosen ab 18 Jahren armutsgefährdet. Bei den überwiegend Erwerbstätigen ab 18 Jahren betrug der Anteil dagegen nur 8,6 Prozent, teilten die Statistiker weiter mit.

Zahl der Sozialhilfeempfänger kräftig gestiegen

Die Zahl der Sozialhilfeempfänger ist im vergangenen Jahr kräftig gestiegen. Zum Ende des Jahres 2013 erhielten rund 370.000 Personen Sozialhilfe, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mit. Demnach stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 8,1 Prozent.

Zwei Drittel der Leistungsberechtigten (67 Prozent) lebten in Einrichtungen wie Wohn- oder Pflegeheimen, ein Drittel (33 Prozent) der Empfänger lebte außerhalb solcher Einrichtungen. Letztere führten überwiegend einen Einpersonenhaushalt. Im Vergleich zum Jahr 2005 hat sich die Zahl der Empfänger außerhalb von Einrichtungen um 54 Prozent erhöht, in Einrichtungen um 29 Prozent.

Insgesamt gab es 2013 deutschlandweit über ein Drittel (36 Prozent) mehr Leistungsbezieher als 2005.

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Die Reaktionen aus der Politik

Linke: Zahlen zum Armutsrisiko erschreckend

Linken-Chefin Katja Kipping hat die Zahlen des Statistischen Bundesamts zum Armutsrisiko in Deutschland als erschreckend bezeichnet. „Trotz der wohlfeilen Worte aus der Regierung ändert sich am generell hohen Risiko, in Armut zu fallen, nichts. Trotz betroffener Mienen in der Regierung ändert sich am höheren Armutsrisiko für Frauen und Alleinerziehende nichts. Und trotz öffentlichkeitswirksamer Auftritte und Versprechungen steigt die Kinderarmut in Deutschland wieder an“, sagte Kipping am Dienstag. Dieser Zustand sei in den vergangenen Jahren von den jeweiligen Bundesregierungen „bewusst in Kauf genommen worden“, kritisierte die Linken-Chefin. „Armut darf es in einem so reichen Land wie Deutschland nicht geben.“

Kipping forderte zur Bekämpfung der Armut die Erhöhung des Mindestlohns auf zehn Euro pro Stunde, eine Mindestsicherung von 1.050 Euro sowie die Abschaffung des Sanktionssystems bei Hartz IV. Ferner sei ein gerechtes Steuersystem nötig, „das Konzerne und Superreiche ihrem Vermögen entsprechend in die Verantwortung nimmt“, so Kipping. Laut den Zahlen des Statistischen Bundesamts sind 13 Millionen Menschen in Deutschland von Armut bedroht.

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Autor: dts / Foto: Roman023/Fotolia