Berlin | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) droht in einer wichtigen politischen Frage der Verlust einer eigenen Mehrheit im Bundestag. Nach Informationen des „Handelsblatts“ (Donnerstagausgabe) aus der SPD-Partei- und Fraktionsführung ist bei den Sozialdemokraten die Entscheidung gefallen, die Bundesregierung bei der Rettung der in Schieflage geratenen Inselrepublik Zypern nicht mehr zu unterstützen. Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der bislang die Euro-Rettungspolitik der Regierung unterstützt habe, sehe im Falle Zyperns keine Möglichkeit mehr für eine Zustimmung seiner Fraktion, heißt es in der Führung der Sozialdemokraten.

SPD-Chefhaushälter Carsten Schneider hat deshalb bereits gestern Hilfen durch den Euro-Rettungsfonds ESM unter den derzeitigen Bedingungen abgelehnt: „Ohne eine effektive Beteiligung des in Zypern liegenden Kapitals an der Sanierung des Landes kann es keine Hilfe des ESM geben“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Wir werden nicht mit dem Geld der deutschen Steuerzahler die Einlagen von russischem Schwarzgeld bei den zypriotischen Banken absichern.“ Damit wäre die Kanzlerin gezwungen, eine eigene Mehrheit herzustellen – die sie derzeit aber in der Zypern-Frage nicht mehr hat.

Denn die FDP-Fraktion ist laut Einschätzung von Fraktionschef Rainer Brüderle bei diesem Thema nicht mehr geschlossen. Auch in der Unionsfraktion wird mit deutlich mehr Abweichlern gerechnet. Ein führendes Mitglied der Unionsfraktion befürchtet, dass die SPD „die Gunst der Stunde nutzt, um die Regierung wenige Monate vor der Wahl vor die Wand laufen zu lassen“.

Um dennoch die Zustimmung in den eigenen Reihen zu sichern, will die Bundesregierung laut Informationen des „Handelsblatts“ Zypern unter Dauerkontrolle stellen. Danach fordert Berlin, dass es während der Laufzeit des Hilfsprogramms fortlaufende Kontrollen gibt, ob Zypern die Vorgaben zur Bekämpfung von Geldwäsche einhält. Man wolle, dass dies in der Vereinbarung (Memorandum of Understanding) mit Zypern festgeschrieben wird, hieß es in Regierungskreisen.

Bisher haben sich die Euro-Gruppe und Zypern lediglich darauf verständigt, dass es vor Start des Hilfsprogramms eine Untersuchung durch die Troika aus EU, EZB und IWF gibt.

Autor: dts