Köln | Die Linke hatte zur OB-Kandidaten-Diskussion ins Bürgerzentrum Ehrenfeld geladen. Von den sieben Kandidaten um das Amt des Oberbürgermeisters wurden die beiden aussichtsreichsten Kandidaten Henriette Reker und Jochen Ott von der Linken interviewt. Henriette Reker verließ die Diskussionsrunde vorzeitig. Gekommen waren so viele Interessenten, dass nicht alle im Saal Platz hatten.

[infobox]Zu den Personen

Henriette Reker tritt als parteilose Kandidatin an und wird von CDU, Grünen, FDP und Deine Freunde unterstützt. Jochen Ott ist Kandidat der SPD.

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Rekers frühzeitiges Gehen sorgt für Irritationen

Für Irritationen sorgte Henriette Reker, als sie um 20:38 Uhr den Saal verließ. Sie habe einen Anschlusstermin, so die Kandidatin um das Amt des Oberbürgermeisters. Bei der Linken traf sie dabei nicht auf Verständnis, denn die sagten, der Termin sei wochenlang im Voraus geplant gewesen. Die Diskussionsrunde begann um 19:30 Uhr. Jochen Ott blieb dann alleine zurück und stellte sich auch den Fragen aus dem Saal.

Beide wollen kein Dezernat für Integration, Flucht und Einwanderung

Beide Kandidaten teilten dem Vorstoß der Linken nach einem Dezernat für Integration, Flucht und Einwanderung eine Absage. Hier sei man mit der Task Force schon gut genug aufgestellt, so das Urteil der beiden Kandidaten. Reker betonte, dass dort jeder seinen Job an der richtigen Stelle mache. Jochen Ott forderte für die aktuelle Flüchtlingssituation ein Gesamtkonzept, dass man aus zwei Perspektiven betrachten und angehen müsse. Der eine Teil sei das Ankommen von Flüchtlingen und deren schnelle Versorgung, der zweite Teil aber auch die Integration der Flüchtlinge. Man müsse die Angebote neu bündeln so Ott, damit die Flüchtlinge die nötige Hilfestellung erhalten. Reker forderte eine Abkürzung des Asylverfahrens, bei den Flüchtlingen, die zu 99 Prozent in Deutschland bleiben dürften, damit die Kinder schneller integriert werden könnten, aber auch die Erwachsenen, nach einem Screening ihrer Qualifikationen in den deutschen Arbeitsmarkt finden. Nachdem die Flüchtlinge pünktlich ausgezogen seien man jetzt diskutiere ob das Staatenhaus für die Oper nicht reaktiviert werden könne, frage sie sich, so Reker, ob in Köln die Prioritäten richtig gesetzt würden. Reker forderte mehr Grundstücke auf denen Bauten für Flüchtlinge errichtet werden können.

Geförderter Wohnungsbau

Bei der Frage nach mehr geförderten Wohnungen machte Reker der GAG den Vorwurf nicht genügend zu tun. Sie habe im Rahmen eines Pressetermins ihr Veedel Bickendorf, wo sie aufgewachsen sei, besucht und dabei festgestellt, dass in der GAG Wohnung in der sie gewohnt habe, nach 55 Jahren immer noch die gleiche Tür eingebaut sei. Die GAG müsse hier ihren Job machen, so Reker und auch modernisieren. Jochen Ott, nicht nur SPD-Vorsitzender, sondern auch Vorsitzender des Aufsichtsrates der GAG antwortete mit einer scharfen Gegenrede, für die er viel Applaus bei der Linken erhielt. Man habe es geschafft zu verhindern, dass die GAG unter Preis von CDU und FDP verkauft worden sei, so Ott. Heute sei die GAG wesentlich mehr wert und habe Millionen in die Sanierung von Veedelsquartieren investiert. Man habe die GAG von der Börse genommen, um wieder mehr Freiraum für die GAG zu schaffen, damit diese nicht nur unter dem Diktat der Wirtschaftlichkeit stehe und wieder stärker Wohnungsbau unter sozialen Aspekten angehen könne. Er sei auf der Hauptversammlung der GAG neun Stunden lang dafür von den Kleinaktionären auch für die Übernahme der Wohnungen in Chorweiler beschimpft worden. Es sei äußerst schwierig gewesen die Wohnungen in Chorweiler zu übernehmen, so Ott. In Chorweiler sieht Ott gute Chancen das Viertel voranzubringen, mit den fünf Millionen Euro Förderung durch den Bund und über 300.000 Euro durch das Land. Sein Traum sei es, dass City Leaks Festival, ein Festival für Malerei an Häuserwänden im öffentlichen Raum, nach Chorweiler zu holen.

Das kooperative Baulandmodell, also baut ein Investor so muss er immer auch 30 Prozent geförderten Wohnraum ermöglichen, findet Reker gut gemeint, aber schlecht gemacht. Es sei zu bürokratisch, so Reker. Besonders negativ wirke sich aus, so die Kölner Sozialdezernentin, dass jetzt Investoren, die städtische Grundstücke für sozial geförderten Wohnraum kauften, diesen nicht mehr 30 Prozent billiger erhielten. Ott hielt dagegen und sieht das Problem vor allem in den viel zu langwierigen Prozessen, bis in Köln Baurecht für Investoren herrsche. Hier will er mit einer Wohnungsbauleitstelle für Beschleunigung sorgen. Das kooperative Baulandmodell sei ein breiter Kompromiss und werde dafür sorgen, dass die richtige Idee der gemischten Quartiere erhalten bleibe und nicht wieder Fehler wie beim Bau des Rheinauhafens gemacht würden, so Ott.

Der ÖPNV

Ott will einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und sieht bei der Finanzierung den Bund weiter in der Pflicht. Er hofft, dass bei den Gesprächen zum Bund-Länder-Finanzausgleich entsprechende Weichen gestellt werden. Der ÖPNV muss für Ott ein Anreizsystem bleiben, also so gut sein, dass die Menschen ihn nutzen und nicht mehr den eigenen PKW. Ott sieht hier vor allem in den nächsten Jahren gute Chancen. Man müsse kreativer werden und alle Angebote für die gesamte Stadt formulieren. Also Leihfahrräder und Carsharing in der gesamten Stadt. Der ÖPNV sei Teil der Daseinsvorsorge und da könne es nicht sein, dass etwa Anbieter von Carsharing sich nur die Innenstadt-Rosinen-Stadtviertel herauspickten, sondern müssten auch die gesamte Stadt bedienen. Auch von den Taxianbietern verlangt Ott mehr Flexibilität, etwa eine besondere Flatrate für Senioren, die zum Einkaufen wollen. Köln brauche ein ÖPNV-Ticket, dass so cool sei, dass viele Menschen es für ihre Mobilität mit allen Mitteln des ÖPNV von der Stadtbahn, Fahrrad bis zum Wasserbus nutzten, so Ott.

Aus dem Saal wurden viele Fragen aufgeworfen, wie die Pflege Älterer, die Situation bei den Kliniken der Stadt und weitere Themen. Es war eine politisch geführte Debatte, am Ende nur noch mit einem der Kandidaten, dies wurde auch von vielen Teilnehmern aus dem Saal bemängelt. Sie hätten gerne auch Henriette Reker zu den Themen, die ihnen unter den Fingernägeln brennen, befragt.

Autor: Andi Goral
Foto: Henriette Reker verließ die Diskussionsrunde der Linken vorzeitig