Köln | aktualisiert | Heute Nachmittag tagt der Wahlausschuss der Stadt Köln, um die Stimmen aus dem Rodenkirchener Briefwahlbezirk 20874 aus der letzten Kommunalwahl 2014 neu auszuzählen und um damit das strittige Ergebnis der Auszählung zu überprüfen. Nach der erneuten Auszählung wurde klar, dass die Stimmen von CDU und SPD vertauscht wurden. Damit gewinnt Alexandra von Wengersky mit 297 Stimmen und die SPD Kandidatin Bußmann erhält 176 Stimmen in diesem Stimmwahlbezirk.

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Stadt veröffentlich neues offizielles Ergebnis für Briefwahlbezirk 20874

Die Stadt Köln hat nach der Neuauszählung von Briefwahlbezirk 20874 das neue offizielle Ergebnis veröffentlicht.

Danach entfallen auf die Bewerberin der SPD mit 176 Stimmen 25,04 Prozent der abgegebenen, gültigen Stimmen (bisheriges Zählergebnis aus der Kommunalwahl Mai 2014: 298 Stimmen/ 42,39 Prozent). Die Bewerberin der CDU erzielt 297 Stimmen (2014: 175 Stimmen). Das entspricht 42,25 Prozent der gültigen Stimmen (24,89 Prozent). Bündnis 90/Die Grünen erzielen 77 Stimmen (10,95 Prozent), die FDP 55 Stimmen (7,82 Prozent), Pro Köln 14 (1,99 Prozent), DIE LINKE 29 Stimmen (4,13 Prozent), Freie Wähler 4 (0,57 Prozent), DEINE FREUNDE 9 Stimmen (1,28 Prozent) PIRATEN 10 Stimmen (1,42 Prozent) und Alternative für Deutschland 32 Stimmen (4,55 Prozent). Für diese Parteien und Gruppierungen ergab die Nachzählung keine Veränderung zu dem Auszählergebnis 2014.

[/infobox][infobox]Mit dem neuen Zählergebnis für den Briefwahlbezirk ergibt sich ab sofort für den Kölner Stadtrat eine neue Sitzverteilung. Auf die CDU entfällt ein weiterer Sitz, die SPD verliert einen Sitz.

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Die neue Sitzverteilung:

SPD: 26 Sitze
CDU: 25 Sitze
Bündnis 90/Die Grünen: 18 Sitze
DIE LINKE: 6 Sitze
FDP: 5 Sitze
AfD: 3 Sitze
PIRATEN: 2 Sitze
DEINE FREUNDE: 2 Sitze
PRO KÖLN: 2 Sitze
Freie Wähler Köln: 1 Sitz

[infobox]Mit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Neuauszählung durch Wahlleiterin Dr. Agnes Klein treten unmittelbar die Rechtsfolgen der neuen Ratszusammensetzung in Kraft. Aus der Reserveliste der CDU wird das zusätzliche Ratsmitglied benannt, das dieses Ratsmandat noch formell annehmen muss. Automatisch endet das Ratsmandat des Inhabers des jetzt weggefallenen SPD-Ratsmandates.

[/infobox][infobox]Hier das neue Gesamtergebnis der Ratswahl:
SPD 115.931 = 29,39 %
CDU 107.401 = 27,23 %
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 76.981 = 19,52 %
FDP 20.070 = 5,09 %
DIE LINKE 27.448 = 6,96 %
FWK 3.358 = 0,85 %
DEINE FREUNDE 7.815 = 1,98 %
NPD 247 = 0,06 %
Einzelbewerber Abels 68 = 0,02 %
LD – Liberale Demokraten 44 = 0,01 %
Die PARTEI 534 = 0,14 %
PIRATEN 8.177 = 2,07 %
Einzelbewerber Kreische 29 = 0,01 %
AfD 14.195 = 3,60 %
BIG 1.111 = 0,28 %
EINHEIT 764 = 0,19 %
Einzelbewerber Topcuoglu 16 = 0,00%

[/infobox][infobox]Am 22. Juni 2015 werden der Wahlprüfungsausschuss und am 23. Juni 2015 der Rat offiziell über die Gültigkeit des neu festgestellten Wahlergebnisses entscheiden. (Quelle: Stadt Köln)

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Stimmen aus der Kölner Politik im Wortlaut (kursiv gesetzt):

FDP: Neuauszählung wirft Licht und Schatten auf Köln

Die Vorsitzende der Kölner Freien Demokraten, Yvonne Gebauer, MdL, erklärt zum Ergebnis der heutigen Neuauszählung des umstrittenen Rodenkirchener Stimmbezirkes der KölnWahl vom letzten Jahr:

„Das Ergebnis der Neuauszählung wirft Licht und Schatten auf unsere Stadt:
Licht in Bezug auf die endgültige Bestätigung unserer Vermutung. Licht, weil Beharrlichkeit sich ausgezahlt hat. Und Licht auch dahingehend, weil sich die Machtverhältnisse in der Kölner Kommunalpolitik nunmehr ändern werden, was eines unserer Ziele zur KölnWahl 2014 war.

Ein dunkler Schatten aber bleibt. Trotz der harten Fakten, die am Ende auch durch das Gericht bestätigt wurden, hat Rot-Grün seine Mehrheit im Rat dazu genutzt, den offensichtlichen Fehler nicht zu korrigieren. Diese Verweigerungshaltung in Bezug auf eine Neuauszählung ist eine gezielte Missachtung des Wählerwillens und zeigt, wie dringend Köln eine neue Führung braucht. Politik nach Gutsherrenart darf es in Zukunft nicht mehr geben.“

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Der Kölner CDU-Landtagsabgeordnete Christian Möbius, stellvertretender Kreisvorsitzender der CDU in Köln ist

Die Demokratie hat gesiegt

Wäre es nach dem Willen der Kölner SPD und ihres Stadtdirektors Kahlen (SPD) gegangen, wäre der gesamte Vorgang um die groben Unstimmigkeiten bei den Briefwahlstimmen in Rodenkirchen unter den Tisch gekehrt worden.  Es liegt der Verdacht nahe, dass Stadtdirektor Kahlen seine damalige Position als Wahlleiter vornehmlich im Sinne seiner Partei genutzt hat. Nicht anders ist zu erklären, dass er den Stadtrat falsch informierte, indem er die Protokolle des Wahlvorstands als „ausgesprochen sorgfältig“ bezeichnete. Das Verwaltungsgericht Köln hat dies eindeutig durch das Aufzählen einer Vielzahl von Fehlern widerlegt.

Das Vertrauen der Bürger in die Demokratie hat durch die Vorgänge erheblichen Schaden genommen und das Vertrauen in ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln der Stadtverwaltung ist angekratzt. Überdies hat sich die Stadt Köln durch das Handeln der SPD-geführten Verwaltung bundesweit blamiert und das Image der Stadt Köln hat schweren Schaden genommen.

Aus dem Vorgang müssen Konsequenzen gezogen werden. Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den an erster Stelle in der Verantwortung stehenden Stadtdirektor Kahlen (SPD) ist das Mindeste, was gefordert werden muss.

Auch Innenminister Jäger (SPD) ist vorzuwerfen, dass er alles unternommen hat, um seine Kölner Genossen zu stützen, indem er von seiner Amtsmacht Gebrauch machte und per Erlass eine Neuauszählung untersagte. Damit hat er entscheidend zu einer Verschleppung des Verfahrens beigetragen und konnte erst durch das Verwaltungsgericht gestoppt werden.

CDU Köln

Neuauszählung bestätigt Übertragungsfehler in einem Briefwahlbezirk

Die CDU Köln ist nun mit 25 statt wie bislang mit 24 Sitzen im Rat der Stadt Köln vertreten. Knapp ein Jahr nach der Kommunalwahl hat heute der Wahlausschuss getagt und die Stimmen im Briefwahlbezirk 20874 im Stadtbezirk Rodenkirchen neu ausgezählt. Das Ergebnis: 297 Stimmen für die CDU und 176 Stimmen für die SPD. Damit bestätigte sich die Vermutung der CDU Köln, dass den Wahlhelfern am Wahlsonntag ein Übertragungsfehler zulasten der CDU unterlaufen ist und die Stimmen vertauscht wurden.

Durch das korrigierte Ergebnis in dem strittigen Briefwahlbezirk ändert sich das Gesamtergebnis dahingehend, dass die SPD ein Ratsmandat verliert und die CDU einen Sitz dazugewinnt. Statt Jochen Ott ist nun Stefan Götz im Rat vertreten.

Bernd Petelkau, Kreisvorsitzender der CDU Köln, zeigt sich zufrieden: „Das heutige Ergebnis beweist, dass es richtig war, den Zweifeln in Bezug auf das Stimmenverhältnis in Rodenkirchen nachzugehen. Es ist keine Sternstunde für die Demokratie in Köln, dass wir ein Gerichtsurteil brauchten, um zu einem korrekten Wahlergebnis zu gelangen. Aber im Gegensatz zu Justitia trägt der ehemalige Wahlleiter Guido Kahlen leider keine Augenbinde.“

Nach einer Klage der CDU hatte das Verwaltungsgericht den Rat verpflichtet, den Beschluss zur Gültigkeit des Gesamtwahlergebnisses der Kommunalwahl 2014 aufzuheben und die Ergebnisse im Briefwahlbezirk 20874 im Stadtbezirk Rodenkirchen nachzählen zu lassen.

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Köln SPD

Köln braucht Stabilität und Berechenbarkeit
Zum Ergebnis der Neuauszählung nimmt die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Köln wie folgt Stellung:
Das Ergebnis der Neuauszählung im Rodenkirchener Briefwahlbezirk 20874 steht nunmehr fest und damit auch die endgültige Sitzverteilung im Rat der Stadt Köln: Die SPD verbessert sich im Vergleich zur letzten Ratsperiode um 1,4 % und wird mit nun 26 Sitzen erstmals seit 1994 wieder mitgliederstärkste Fraktion. Die CDU bleibt trotz Verlusten unverändert mit 25 Sitzen im Rat vertreten. Die Grünen verlieren 2 Mandate (-2,2%) und sind mit nun 18 Sitzen im Rat repräsentiert.

Die Korrektur der zwischenzeitlichen Mandatsverschiebung zu Lasten der CDU bleibt ohne wesentliche praktische Auswirkungen für die Arbeit des Rates und seiner Gremien. In Folge der Irritationen um das strittige Briefwahlergebnis in Rodenkirchen hatte die SPD auf eine Stimme im Rat verzichtet – also nur von 26 statt 27 Stimmen Gebrauch gemacht -, um keinen Vorteil aus einem angezweifelten Ergebnis zu ziehen. Diese Praxis wird nun durch das endgültig festgestellte Wahlergebnis fortgeschrieben.

Für die Ausschüsse des Rates bleibt die endgültige Sitzverteilung bezogen auf die SPD ohne Bedeutung, ebenso wie für die meisten weiteren Gremien, die vom Rat zu besetzen sind. Wie bereits vor neun Monaten angekündigt, wird die SPD je einen Sitz in den Aufsichtsräten der AVG und der Jugendzentren Köln GmbH sowie im Beirat der Deputation Guilleaume-Stiftung St. Antoniusheim und in der Hauptversammlung Deutscher Städtetag an die FDP abtreten. (Hinweis: durch das komplizierte mathematische Verteilungsverfahren nach Hare/Niemeyer wirkt sich die Mandatsverschiebung im Rat bei diesen Gremien bezogen auf die SPD nicht zugunsten der CDU, sondern der FDP aus.)

Auf Vorschlag der SPD-Fraktion wird Jochen Ott seine Arbeit in den kommunalen Gremien im wesentlichen unverändert fortsetzen, bis er ab September als Oberbürgermeister den Vorsitz des Rates übernehmen soll. Den Ausschüssen Umwelt und Grün sowie dem Verkehrsausschuss wird er bis dahin als sachkundiger Bürger angehören. Seine Mandate bei der GAG, der GWG Rhein-Erft, dem Flughafen KölnBonn, der HGK und der RheinCargo soll er nach dem Vorschlag der SPD-Fraktion fortsetzen.

Im Hinblick auf die Mehrheitssituation im Rat der Stadt Köln beabsichtigt die KölnSPD ihre Gespräche mit den Grünen zur Bildung eines Gestaltungsbündnisses, das auch den städtischen Haushalt umfasst, baldmöglichst abzuschließen. Mit Blick auf die enormen Herausforderungen und Weichenstellungen der nächsten Jahre hält die SPD stabile und berechenbare Verhältnisse im Rat für elementar. Insbesondere für stadtpolitische Entscheidungen mit langfristiger Wirkung und für den Haushalt halten wir breite Mehrheiten für wünschenswert. Wie bisher sind wir daher mit diesem Ziel für konstruktive Gespräche mit anderen demokratischen Fraktionen und Gruppen im Rat offen.

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Weitere Stimmen von Kölner Politikern direkt nach der Neuauszählung vor Ort im Kalk-Karree

Ulrich Breite, FDP, zum Ergebnis der Neuauszählung: „Wir können dem Verwaltungsgericht und deren Präsidentin sehr dankbar sein, dass sie das ermöglicht haben, insbesondere da jetzt der Wählerwille richtig dargestellt wird. Und ich freue. Endlich, nach über einem Jahr haben die Kölnerinnen und Kölner ein richtiges Wahlergebnis. So etwa kennt man eigentlich nur aus anderen Ländern. Das ist einfach peinlich. Das Image von Jochen Ott in Bezug auf den OB-Wahlkampf sieht Breite durch das heutige Ergebnis beschädigt. „Herr Ott hat verloren, weil seine Partei mit allen Mitteln versucht hat zu verhindern, dass neu ausgezählt wird.“ Nicht nur Rot-Grün habe die Mehrheit im Rat verloren, so Breite weiter, sondern auch ein möglicher Oberbürgermeister Ott hätte keine Mehrheit mehr im Rat. Die Kandidatin Henriette Reker hingegen hätte mit CDU, Grünen und FDP diese Mehrheit.    

Susana dos Santos Herrmann, SPD, direkt nach der Auszählung: „Zunächst sind und bleiben wir die stärkste Fraktion im Rat, jetzt mit 26 Mandaten. Und wir werden das weiter tun, was wir in den vergangenen Monaten ohnehin getan haben. Wir haben immer breite Mehrheiten im Stadtrat gesucht für die wichtigen politischen Entscheidungen. Und das ging immer über Rot-Grün hinaus. Wir haben keinen Gebrauch von der Ein-Stimmen-Mehrheit gemacht, die es gegeben hätte und in sofern ändert sich letztlich nichts.“  Einen Image-Schaden für Ott sieht sie nicht: „So wie ich ihn (Ott) kenne, wird ihn das anspornen, einen noch besseren Wahlkampf zu machen“, so dos Santos Herrmann.

Alexandra von Wengersky, CDU, zeigte sich sichtlich froh ob des neu festgestellten Ergebnisses. „Der zweite Sieger ist Stefan Götz, der durch die Richtigstellung des Ergebnisses nun in den Rat einzieht. Darüber bin ich besonders froh, weil er ein besonders erfahrener Mann ist, der auch lange Fraktionsgeschäftsführer war.“ Was die Konstellation im Rat anbelange, wolle man sich nun erst auf den OB-Wahlkampf konzentrieren. „Hier sind die Fronten ja geklärt“, so von Wengersky. „Es stehen fünf Parteien hinter einer parteilosen Kandidatin, die SPD steht da im Moment noch relativ alleine, vielleicht noch mit den Linken.“

Jörg Dejten, Linke, nach der Neuauszählung: „Die Linke wird auf SPD und Grüne zugehen und Gespräche führen.“ Die Frage, ob es sich dabei konkret um Koalitionsgespräche handeln werde, wollte Detjen nicht kommentieren.

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Vor der Auszählung

298 Briefwahlstimmen für die SPD protokollierte der Wahlausschuss in Rodenkirchen im strittigen Briefwahlbezirk, 175 für die CDU.

Gleichzeitig hatten die Urnenwähler in Rodenkirchen II Weiß Sürth deutlich zu Gunsten der CDU abgestimmt. So erreichte die CDU-Kandidatin von Wengersky dort bei der Kommunalwahl im Mai 2014 34,3 Prozent, SPD-Kandidatin Bußmann 22,4 Prozent.

Aufgrund der Diskrepanz zwischen der Brief- und der Urnenwahl hatten einige Ratsfraktionen das Ergebnis der Briefwahl angezweifelt und waren vor das Verwaltungsgericht Köln gezogen. Besonders pikant: SPD-Ratsmitglied und OB-Kandidat Jochen Ott (41) war aufgrund des Briefwahlergebnisses anstelle des CDU-Kandidaten Götz über die Reserveliste in den Rat eingezogen.

Die Neuauszählung

Heute wird auf Anweisung des Verwaltungsgerichts nachgezählt. Dies geschieht öffentlich im Kalk-Karree. Die Bürger können die Auszählung live vor oder per Leinwand verfolgen.

Insgesamt vier Kontrollteams mit  Vertretern der CDU, SPD, Grünen, Linken und FDP werden ausschließlich die vom alten Wahlvorstand als rechtmäßig erkannten Briefwahlstimmen nachzählen.

Gegen 18 Uhr rechnet man mit einem endgültigen Ergebnis. Wahlleiterin Dr. Agnes Klein, die ihr Amt kürzlich vom für die letzte Wahl verantwortlichen Stadtdirektor Guido Kahlen übernahm, soll das Ergebnis für den Briefwahlbezirk 20874 dann verkünden.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Freude über das korrigierte Wahlergebnis, vlnr.: Bernd Pettelkau, Stefan Götz, Alexandra von Wengersky, Hans-Werner Bartsch.