Köln | Am Römerturm fuhren heute Mittag nicht wenige Edel-Limousinen vor dem Sancta-Clara Keller vor. Die Wählerinitiative für Henriette Reker hatte zum Wahlkampfauftakt für die Oberbürgermeisterwahl geladen und um Spenden zu sammeln. Angeführt wird die Wählerinitiative von Altpolitikern: Anne Lüttkes, Fritz Schramma und Gerhart Baum. Die stehen auch für die Parteifarben, die Henriette Reker unterstützen. Also Grüne, CDU und FDP. Auch Deine Freunde wollen jetzt Reker unterstützen.

Fotostrecke: Wahlkampfauftakt der Wählerinitiative für Henriette Reker >
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Ott sei Second Hand Kandidat

Zu Beginn ließ man musikalisch rote Rosen regnen. Architektin Heike Frey begann mit den Lobgesängen auf die Kandidatin. Sie sieht eine neue Zeitrechnung für gekommen, da Reker für einen Wandel in der Stadt stehe. Reker kam auf die Bühne, stampfte einmal kurz und kräftig mit dem Fuß auf. Ihre Rede kämpferisch. Sie spach nur von einem Gegner, dessen Namen sie allerdings nicht nannte, obwohl es mehrere Kandidaten gibt. Sie meinte Jochen Ott von der Kölner SPD. Den nannte sie einen „Second Hand Kandidaten“: Ihr Mitbewerber ziehe in den Wahlkampf, weil ein anderer gar nicht wollte. Damit meinte sie den SPD-Fraktionsvorsitzenden im Kölner Rat Martin Börschel. Den habe ob der Aussichtslosigkeit die Mutlosigkeit gepackt, frotzelt die Kandidatin in Richtung SPD. Kein gutes Haar ließ sie am angekündigten Ampelsystem von Jochen Ott. Der hatte in einem Interview erklärt, dass er ein Ampelsystem einführen wolle, an Hand dessen man sofort erkennen könne, wie weit städtische Projekte seien. Sie, Henriette Reker, habe die Erfahrung 2.000 Menschen als Sozialdezernentin zu führen und traue sich auch zu dies mit allen rund 17.000 Mitarbeitern der Stadt Köln zu schaffen. Bei ihrem Kontrahenten sei es nur eine Erfahrungsvermutung führen zu können.

Köln, Köln, Köln

Und dann jubelte Henriette Reker Köln nach oben. Das kam gut an. Köln sei grandios, über keine andere Stadt gebe es so viele Lieder und Köln habe viel Kraft und Potenzial. Und nicht zu vergessen Köln sei tolerant und weltoffen. Kritik übt sie an der aktuellen Führung der Stadt: Köln werde verwaltet und nicht gestaltet werde. Sie nennt Speers Masterplan für die Stadt oder das Leitbild 2020, dass wie verschwunden sei. Es gebe 1.000 gute Einzelentscheidungen, aber keine Gesamtstrategie. Reker schwebt eine Reform der Verwaltung, eine Sanierung der Stadtfinanzen und ein Konzept für den demographischen Wandel vor. Es sind die klassischen Politikfelder, die Reker nennt und bespielen will: Zukunftsvisionen, diese macht Reker an Schule und Bildung fest, Generationengerechtigkeit, Chancengleichheit, Nachhaltigkeit und der Finanzbereich des städtischen Haushaltes. Wirtschaft und Wissenschaft will sie vernetzen und in Köln ausgebildete Absolventen an Köln als Führungskräfte binden. Für Unternehmen und Investoren die nach Köln kommen wollen, will Reker ein eigenes Haus als professionelle Anlaufstelle. Der Kunst will die Kandidatin mehr Freiräume statt lahmer Verwaltung einräumen und für die freie Theaterszene will sie ein verlässlicher Partner werden. Politisch will Reker die Bezirksvertretungen stärken und von der Allmacht des Rates befreien. Man dürfe die Bezirksvertretungen nicht länger als Filialen sehen, die lästige Aufgaben erledigten.

In diesem Kontext will Reker auch eine bürgerfreundlichere Verwaltung und strebt eine Dezentralisierung an. Von der OB-Ebene sollen wieder mehr Entscheidungen auf die Dezernatsebene verlegt werden. Die städtischen Mitarbeiter will sie motivieren selbst zum Motor von Veränderungen zu werden. In der Verkehrspolitik setzt Reker auf einen neuen Mobilitätsmix. Sanierung der Straßen vor Neubau. ÖPNV, Radverkehr und mehr Park and Ride-Parkplätze seien weitere Themen. Die Verkehrsüberwachung sei keine Abzocke, sondern ein Ordnungsverfahren. Bei den Finanzen will Reker konsolidieren. Ein Weg sei die Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit. Flüchtlinge und Wohnungsbau waren weitere Themen von Reker. Von ihren Fans bekam Henriette Reker nach ihrer Rede langen Applaus.

Und auch ihre Unterstützer, wie Christine Westermann, Gerhart Baum, Anne Lüttkes, Fritz Schramma, Helga Blömer-Frerker, Bürgermeister Andreas Wolter, Bürgermeister Hans-Werner Bartsch, Angela Spizig und Andreas Hupke zeigten sich begeistert. Gerhart Baum sagte Reker sei glaubwürdig, mutig und vertrete ihre Ziele. Sie stehe für einen neuen Politikstil und sei ein Glücksfall. Er spüre eine Wechselstimmung in der Stadt und als ehemaliger Innenminister wisse er, dass für Politiker an der Macht nichts schlimmer sei als Wechselstimmung. Schramma sprach im Kontext der Bewerbung einer unabhängigen Kandidatin um den OB-Posten von einer Pioniersituation und warb für Henriette Reker und Spenden für ihren Wahlkampf. Akutell aktive Kölner Lokalpolitiker, die anwesend waren, wie Bernd Petelkau, CDU, Kirsten Jahn, Grüne und Ralph Sterck, FDP ließen sich zwar mitfotografieren, sprachen aber nicht. Reker fragte am Ende ihrer Rede selbst wie oft sie Köln gesagt hatte. Bei den bürgerlichen Unterstützern, die in den Römerturm gekommen waren, an diesem Samstagmittag, rief dies helle Begeisterung hervor. 

Autor: Andi Goral
Foto: Fritz Schramma, Henriette Reker, Anne Lüttkes und Gerhart Baum vor den Fotografen der Lokalpresse Kölns beim Wahlkampauftakt von Henriette Reker zur Wahl des Oberbürgermeisters in Köln 2015