Köln | aktualisiert | Das Festkomitee Kölner Karneval hat den „Charlie Hebdo“ Wagen abgesagt und dessen Produktion eingestellt. Report-K berichtete in seiner Karnevalsbeilage karnevalzeitung.de. Jetzt äußert sich auch die Kölner Politik, unter anderem die Kölner Grünen, die AfD und die als rechtsextrem geltende Bürgerbewegung „Pro Köln“. Letztere will auf der Wegstrecke des Kölner Rosenmontagszuges islamkritische Karikaturen zeigen.

GRÜNE: „Verzicht ist sehr bedauerlich“

„Die plötzliche Entscheidung des Festkomitees Kölner Karneval, den aus einer breit unterstützten Online-Befragung hervorgegangenen Charlie-Hebdo-Wagen zurückzuziehen, ist unglücklich und bedauerlich.“, erklärt Fraktionsvorsitzende Kirsten Jahn.

„Die Initiative des Festkomitees mit diesem Wagen ein deutliches Zeichen für Meinungs- und Pressefreiheit zu setzen, das auch die Freiheit von Humor und Satire umfasst, fanden wir ausdrücklich begrüßenswert. Zum Kölner Karneval gehörte immer auch politische Satire. Allerdings ist es ratsam, sich vorab der breiten Unterstützung unter den Karnevalisten zu versichern. Nun wird der Rosenmontagszug mit einer kontroversen Debatte belastet. Wenn auch sicherlich ungewollt, nährt der Verzicht Spekulationen, vor den Feinden der Freiheit einzuknicken.“, so Jahn.

Die beiden Grünen-Bundestagsabgeordneten Katharina Dröge und Volker Beck haben die Entscheidung des Kölner Karnevals-Vereins kritisiert, den geplanten „Charlie Hebdo“-Wagen nicht im Kölner Rosenmontagszug mitfahren zu lassen. „Die Entscheidung des Festkomitees ist enttäuschend. Hier wurde die Chance vergeben, ein starkes Signal für die Meinungs- und Pressefreiheit zu senden“, erklären die Grünen-Politiker am Donnerstag.

Der Kölner Karneval sei schon immer gesellschaftskritisch und politisch gewesen, so Dröge und Beck weiter. „Er hat auch unbequeme Themen angesprochen. Gerade Wagen mit kontroversen Themen machen den Kölner Karneval einzigartig.“ Vor allem weil das Interesse am „Charlie Hebdo“-Wagen so groß gewesen sei, „können wir die Entscheidung nicht nachvollziehen“, erklärten die beiden Grünen-Politiker weiter.

Zur Entscheidung des Kölner Festkomitees, beim Rosenmontagszug auf den sogenannten „Charlie Hebdo-Wagen“ zu verzichten, erklärt Sven Lehmann, Vorsitzender der NRW-Grünen und Kölner: „Ich habe selber für das Motiv gestimmt und habe keinerlei Verständnis für die Entscheidung des Festkomitees. Wie kann man einen so breiten Beteiligungsprozess machen und dann das Ergebnis einfach zurückziehen? Wenn Angst den Karneval überkommt, hat der Terror gewonnen. Gerade jetzt braucht es starke Zeichen der Solidarität mit Charlie Hebdo und für das hohe Gut der Meinungsfreiheit.
Karneval ist auch immer politisch und satirisch. In dieser Hinsicht kann Köln von Düsseldorf lernen, das seit vielen Jahren im Rosenmontag auch mit politischer Provokation aufwartet. Das ist den Jecken am Straßenrand nicht nur zuzumuten, sondern von vielen ausdrücklich gewünscht – wie auch das Ergebnis der Abstimmung über das Motiv zeigt. Wer diese Freiheit gegen vermeintliche Sicherheit aufgibt, wird beides verlieren.“

Kölner AfD-Fraktion bedauert Rückzug des Charlie-Hebdo-Wagens aus dem Rosenmontagszug

Die Kölner AfD-Ratsfraktion hat heute die Entscheidung des Festkomitees bedauert, den Motivwagen „Charlie Hebdo“ aus dem Rosenmontagszug zu nehmen. Der Wagen, der sich auf die Pariser Anschläge durch radikale Islamisten bezog, ging auf eine Abstimmung im Internet zurück, an der sich über 170.000 Bürger beteiligten. „Wir verstehen die Sorgen des Festkomitees und der vielen ehrenamtlichen Zugteilnehmer, aber dass aus Angst und vorauseilendem Gehorsam gegenüber Radikalen nun ein Rückzieher gemacht werden soll, wirft ein trübes Licht auf den Zustand unserer Gesellschaft“, so Hendrik Rottmann, der stellvertretenden AfD-Fraktionsvorsitzende.

„Der Kölner Karneval hat sich immer mit Witz und Mut mit den Problemen der Zeit und mit den Herrschenden auseinandergesetzt. Nur wenigen ist es gelungen, das zu verhindern. Nun schafft es eine Handvoll radikaler Wirrköpfe, die kölschen Jecken nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen“ ergänzt Roger Beckamp, der Fraktionsvorsitzende. „Ich gehe aber davon aus, dass die Kölner einen anderen Weg finden werden, im und um den Zug, ihr Bekenntnis zur freien Meinungsäußerung zum Ausdruck zu bringen“, so Rottmann weiter. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht Selbstmord aus Angst vor dem Tod begehen.“

Die Rechtspopulisten von „Pro Köln“ wollen auf dem Zugweg islamkritische Karikaturen zeigen

Die als rechtsextrem geltende Bürgerbewegung „Pro Köln“ dagegen warf dem Festkomitee vor angepaßt und feige zu sein. Der Vorsitzende von „Pro Köln“ Michael Gabel kündigte an: “Wir werden daher in die jetzt aufgerissene Bresche springen und auf der Wegstrecke des Rosenmontagszuges mit islamkritischen Karikaturen ein Zeichen für Meinungsfreiheit und Solidarität mit den Ermordeten von Paris setzen.”

Bei der Kölner Polizei hat „Pro Köln“ noch keine Kundgebung für den Rosenmontagszug angemeldet. Denn sollten die Rechtspopulisten vor oder nach dem Zug laufen wollen, müssten sie dies bei der Kölner Polizei anmelden. So wie dies auch die „Ahl Säu“ machen, die traditionell vor dem Kölner Rosenmontagszug vorangehen. Wer im Zug mitlaufen darf, ist Sache des Festkomitee Kölner Karneval.

Die Sprecherin des Festkomitee Kölner Karneval teilte auf Nachfrage von report-K mit, dass keine „Anmeldung“ vorliege. Teilnehmer des Rosenmontagszuges seien die Mitgliedsgesellschaften des Festkomitees sowie gelegentlich Gäste. Man kann sich nicht zum Rosenmontagszug anmelden, heißt es in der Mitteilung des Festkomitees. Auch ein spontanes einreihen oder mitlaufen im Zug ist grundsätzlich aus Sicherheitsgründen nicht gestattet. Die Zugordner achten darauf und reagieren auf die jeweilige Situation in Abstimmung mit der Zugleitung zügig und angemessen, so das Festkomitee.

Kein Platz für Charlie im Karneval

Mit großem Bedauern reagiert das Bündnis Köln stellt sich quer KSSQ auf die Entscheidung des Festkomitees, am Rosenmontag den Wagen „Je suis Charlie“ doch nicht durch Köln ziehen zu lassen. Den Wagen und den vorausgehenden Wettbewerb hat das Bündnis als ermutigendes Zeichen für Presse- und Meinungsfreiheit und als Zeichen der Solidarität begrüßt. Zwei Wochen nach der Trauerkundgebung am EL-DE Haus unter dem Titel „Je suis Charlie“ – für Vielfalt und Freiheit “ mit der mutigen Rede von Navid Kermani und großer Kölner Anteilnahme stellt nun  diese Entscheidung für uns einen  Rückschritt dar.

Gerade der Karneval steht dafür, auf satirische Weise mutig gesellschaftliche Probleme anzusprechen und sich damit kritisch auseinanderzusetzen. Der Mottowagen hätte dies beispielhaft demonstriert. Dass diese Chance jetzt vertan ist, schmerzt. Nun klafft eine Lücke im Rosenmontagszug, die durch nichts ersetzt werden kann.

Dass die KÖGIDA in Köln aufgibt, wie die heutigen Meldungen sagen, das steht noch einmal für die große Wirkung der Kölnerinnen und Kölner, die sich deutlich gegen Fremdenhass und die Spaltung der Gesellschaft  quergestellt haben. Der Wagen im Rosenmontagszug hätte dies nachhaltig unterstützt.

Autor: Andi Goral, dts