Köln | Die Kölner Piraten haben an den Zülpicher Platz geladen um über ihre kommunalpolitischen Ziele bei der Wahl am 25.5.2014 zu informieren. Alle Politikfelder wollen die Piraten besetzen, mehr Bürgerbeteiligung fördern und für mehr Transparenz sorgen. Es ist ein vielstimmiger Chor der sich da regt, der zum Mitmachen auffordert und bei dem an manchen Stellen die Grenzen zwischen Bürgerinitiative und Politik verschwimmen.

„Wir leben Basisdemokratie“

Es wäre das erste Mal, wenn in Köln 2014 in das Kommunalparlament oder die Bezirksvertretungen Mitglieder der Kölner Piratenpartei einziehen würden. Rund 500 zahlende Mitglieder habe man und hoffe vier Kandidaten aus der Liste in den Rat zu bringen. Bei der Landtagswahl 2013 hatten die Piraten knapp über sieben Prozent der Stimmen in Köln errungen. Man sei eine Mitmachpartei, die für mehr Bürgerbeteiligung stehe und für den Volksentscheid geringere Hürden fordere. „Open Antrag“ und Onlinebefragungen zu Themen, die etwa in der Sitzung des Kölner Stadtrates behandelt würden, seien neben den klassischen Tools wie Stammtischen, bei denen die Kölner Piraten die Bürger integrieren wollen, die Wahl der Mittel für diese Bürgerbeteiligung. „Open Antrag“ heißt jeder Bürger könne seine Idee formulieren und bei den Piraten vorbringen und wenn diese Vorschläge nicht völlig gegen die Linie der Partei seien, etwa weil sie rassistische Inhalte verfolgten, würde man dies im Piratenplenum dem Stammtisch diskutieren, abstimmen und gegebenenfalls in den Kölner Rat einbringen. Das können die Bürger zwar heute schon mit dem Mittel des Einwohnerantrages. Hier ist den Piraten allerdings die Hürde zu hoch. So sieht der Einwohnerantrag vor, dass der Einreicher, nicht nur drei Stellvertreter benennen muss, sondern dass er auch in einer kreisfreien Stadt wie Köln vier Prozent der Einwohner als Unterstützer finden muss. (Gemeindeordnung NRW §25) Die Piraten formulieren dies griffig mit „Wir leben Basisdemokratie“. Hierzu gehört auch, dass sich die Piraten für eine Stärkung der Bezirke einsetzen wollen.

Mehr Transparenz bei den Beteiligungen der Stadt Köln

Lisa Hanna Gerlach will für mehr Transparenz sorgen und sollte sie in den Kölner Rat gewählt werden, will sie sich intensiv mit den Beteiligungen der Stadt Köln an anderen Unternehmen auf der ganzen Welt beschäftigen. Zudem stellt sie in Frage, ob Aufsichtsräte von kommunalen Unternehmen politisch geführt sein sollen und möchte Licht in den Kölner Klüngel bringen. Allerdings hat sie hierfür kein aktuelles Beispiel, sondern holt den Fall Trienekens heraus. In den Beteiligungen der Stadt Köln steckten 3,8 Milliarden Euro Eigenkapital, so die Politikerin, die in einer Wirtschaftsberatung tätig ist. Da lohne sich ein genauerer Blick im Hinblick auf das Kölner Haushaltsloch, meint Gerlach. Auch wenn alle Zahlen öffentlich seien, möchte Gerlach für mehr Transparenz sorgen und diese auch für den Bürger inhaltlich einordnen.

Spitzenkandidat Thomas Hegenbarth will dem Bürgerhaushalt ein festes Budget geben. Er kritisiert, dass der aktuelle Bürgerhaushalt nur konsultativ sei und zum reinen Sparbürgerhaushalt degradiert wurde. Im Bereich Wohnen orientieren sich die Wertvorstellungen der Piraten am kürzlich beschlossenen kooperativen Baulandmodell, bei dem Investoren 30 Prozent für den sozialen Wohnungsbau bereit stellen müssen. Bei den Infrastrukturmaßnahmen wollen die Piraten die Investoren beteiligen. Zudem fordern die Piraten, dass vor allem in den begehrten Innenstadtlagen höher gebaut werden darf und alle neu gebauten Wohnungen in Zukunft barrierefrei angelegt sein sollten.

Förderung von Konzert-Tickets aller Art, nicht nur der Oper

Im Bereich Kultur wollen die Piraten nicht nur die Hochkultur von Schauspiel und Opernhaus fördern, sondern auch stadteilrelevante Kulturangebote. Yvonne Plum, die in Mülheim für die Bezirksvertretung antritt, nennt als Beispiel den Mülheimer Kulturbunker oder das Gebäude 9. Die Piraten würden dann auch einen aktiven Dialog über die Zusammenlegung der Opern von Bonn und Köln führen wollen. Dazu regt man an, darüber nachzudenken auch Pop-, Rock- oder Indie-Konzerte, wie jede Opernkarte zu subventionieren.

Und wo stehen die Piraten politisch, können Sie sich „Koalitionen“ vorstellen?

Man sei radikal thematisch orientiert und kann sich bei bestimmten Themen Bündnisse mit anderen Parteien durchaus vorstellen, eine Koalition nicht. Man sei eine Bürgerrechtspartei, die die Freiheit und Wahlfreiheit des Bürgers in den Vordergrund stelle und bei der keine Gruppe sozial benachteiligt werde. Zudem versteht man sich als Bindeglied zwischen lokalen Bürgerinitiativen und will deren Interessen vertreten. Dies geht teilweise so weit, dass Sprecher von Bürgerinitiativen, die zwar nicht Mitglied bei den Piraten sind, man nennt sie „Freibeuter“, auch für die Bezirksvertretung kandidieren.

Ein zentrales Thema der „Fahrscheinlose ÖPNV“

Im Verkehrsbereich legt man die Priorität eindeutig auf den fahrscheinlosen Personennahverkehr. Report-k.de hat hierzu ein ausführliches Interview mit Thomas Hegenbarth geführt, dass man hier (Link zum Artikel: Fahrscheinlos als Erste auf die Agenda gesetztl) lesen kann. Der Linken wirft man vor, dass sie dieses Thema geklaut habe. Interessanterweise scheint das Thema Netzpolitik im Kommunalen eine eher untergeordnete Rolle bei den Piraten zu spielen. Der SPD wirft man vor das Thema „Internetstadt“ gekapert zu haben, aber wie soziale Auswirkungen auch im Bildungsbereich oder das Internet der Dinge im kommunalen Umfeld geregelt und organisiert werden kann und soll, da kommt doch relativ wenig. Hier hätte man auch auf kommunaler Ebene mehr Impulse erwartet, als nur flächendeckende kostenlose W-Lan-Hotspots, auch in der damit einhergehenden sozialen Frage.

Bei den Piraten sprechen alle zu vielen Themen. Das ist auch so gewünscht. Manchmal mangelt es an Grundkenntnissen in der Kommunalpolitik. Gut, man kann nicht erwarten, dass alle Kandidaten schon die Gemeindeordnung rauf- und runterbeten können. So kommt auf der einen Seite ein vielstimmiger Chor zusammen, der sich engagiert einbringt, aber manchmal auch den Eindruck hinterlässt, viele Ideen beruhten auf persönlichen Erkenntnislagen, Erfahrungen aus Bürgerinitiativen, statt auf tieferen Recherchen und Kenntnissen der kommunalpolitischen Zusammenhänge. Und so bleiben das kommunalpolitische Profil und die politischen Ziele unscharf.

Durch die Fülle an Themen, die man mit einer doch relativ kleinen Gruppe im Kommunalparlament beackern will, findet sich auch kein echter Schwerpunkt, sondern all die Themen wieder, die alle anderen auch auf der politischen Agenda haben, ohne dass ein neuer oder besonders „piratiger“ Ansatz erkennbar wird. Auch, dass im NRW Landtag schon Piraten sitzen und was diese ins Kommunale spiegeln wollen, kam leider nicht zur Sprache.

Man ist mehr links als mittig, steht für Bürgerrechte ein und für Dinge wie eine lokale Ausnahmegenehmigung für den „Cannabis Social Club“, der von Cannabis Colonia, dem deutschen Hanfverband und bereits 2.500 Unterstützern gepusht wird. „Diese Stadt braucht mal Piraten. Echt Jetzt.“ steht auf einem der Wahlplakate und nicht das Wort „Piratenpartei“. 

Autor: Andi Goral
Foto: Zwei Motive aus der aktuellen Kampagne der Kölner Piratenpartei