Edinburgh | aktualisiert | In Schottland entscheiden am Donnerstag mehr als vier Millionen Stimmberechtigte über die Unabhängigkeit ihres Landesteils von Großbritannien. Die Wahllokale sind bis 22 Uhr Ortszeit (23 Uhr deutscher Zeit) geöffnet. Beobachter gehen von einer hohen Beteiligung aus, da sich 97 Prozent der Stimmberechtigten für die Abstimmung registriert haben.

Am Vorabend waren in Glasgow zahlreiche Demonstranten, darunter Befürworter und Gegner der Abspaltung, auf die Straßen gegangen. Zuletzt hatte die Regierung in London den Schotten stark erweiterte Selbstverwaltungsbefugnisse in Aussicht gestellt, wenn sie sich gegen eine Unabhängigkeit entscheiden sollten. Jüngsten Umfragen zufolge liegen die Gegner der Unabhängigkeitsbewegung leicht vorn.

Lambsdorff: Unabhängigkeit Schottlands wäre Bekenntnis zur EU

Nach Ansicht von Alexander Graf Lambsdorff, FDP-Präsidiumsmitglied und Vize-Präsident des Europäischen Parlaments, wäre eine Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien ein „klares Bekenntnis zur Europäischen Union“. „Mit seiner europafeindlichen Politik sowie der Ankündigung, 2017 ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU durchzuführen, hat Premierminister Cameron vor allem jene Schotten verunsichert, die in der EU bleiben wollen. Insofern wäre die Unabhängigkeit auch ein klares Bekenntnis zur Europäischen Union“, erklärte der FDP-Politiker zum Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands am Donnerstag.

Gleichzeitig hätte ein „Ja“ der Schotten auch eine Signalwirkung für die Unabhängigkeitsbewegungen in Katalonien, Flandern, Südtirol und andernorts. Diese Tendenz zu innerstaatlichem Separatismus innerhalb der EU sehe die FDP mit Sorge: „Zwar sehen die jeweiligen nationalen Verfassungen keine Selbstbestimmungsreferenden vor, im Gegensatz zu Großbritannien. Eine Zersplitterung ihrer Mitgliedstaaten würde die Handlungsfähigkeit der EU aber weiter schwächen“, betonte Lambsdorff.

Umfrage: Deutsche rechnen mit Dominoeffekt durch Schottland-Referendum

Eine Mehrheit der Deutschen glaubt an einen Dominoeffekt durch das Schottland-Referendum: 59 Prozent der Deutschen vermuten einer repräsentativen N24-Emnid-Umfrage zufolge, die Unabhängigkeitsbestrebungen würden nun auch in anderen Teilen Europas zunehmen. Nur 30 Prozent glauben, das Schottland-Referendum fördere keine Sezessions-Tendenzen in anderen europäischen Regionen wie Katalonien, Baskenland, Südtirol, Flandern oder gar Bayern. Die Schotten entscheiden am Donnerstag per Referendum über ihren Verbleib im Vereinigten Königreich.

Beobachter gehen von einer hohen Beteiligung aus, da sich 97 Prozent der gut vier Millionen Stimmberechtigten für die Abstimmung registriert haben. Jüngsten Umfragen zufolge liegen die Gegner der Unabhängigkeitsbewegung knapp vorn.

Autor: dts
Foto: Symbolfoto