Berlin | Bundeskanzlerin Angela Merkel ist weiter für Verhandlungen mit Griechenland offen. Diese würden aber erst nach dem für Sonntag angesetzten Referendum stattfinden können. Sollte Griechenland darum bitten, würde man sich solchen Verhandlungen „selbstverständlich nicht verschließen“, so Merkel nach einem Treffen mit den Partei- und Fraktionschefs der im Bundestag vertretenen Parteien.

Europa könne heute „robuster“ auf die Krise reagieren als noch vor fünf Jahren. Der Wille zu einem Kompromiss sei auf griechischer Seite nicht da gewesen. Niemand könne „100 Prozent bekommen“, so Merkel. Schließlich wiederholte sie ihren Slogan: „Scheitert der Euro, scheitert Europa.“

Tsipras bittet um Verlängerung der Finanzhilfen

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras hat die Euro-Finanzminister um weitere Hilfszahlungen gebeten. Um die für Sonntag geplante Volksabstimmung in einem „ruhigen und positiven Klima, das es der griechischen Bevölkerung erlaubt, diese wichtige Entscheidung ohne Druck von außen zu fällen“, durchzuführen, bitte Athen um eine Verlängerung der Hilfszahlungen um einen Monat, heißt es in einem Schreiben des griechischen Ministerpräsidenten, das der „Financial Times“ vorliegt. Bereits am kommenden Montag könnten die Verhandlungen zwischen Griechenland und den Geldgebern fortgesetzt werden, so Tsipras.

„Ich möchte unterstreichen, dass das Abhalten eines Referendums über diese Vorschläge das souveräne demokratische Recht der griechischen Bevölkerung ist.“ Unterdessen erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für Gespräche mit Tsipras „weiterhin zur Verfügung“ stehe, „wenn er das möchte“. „Es war immer unsere Absicht, Griechenland in der Euro-Zone zu halten.“

Athen überweist 50.000 Euro an EFSF und vermeidet Zahlungsausfall

Griechenland hat am Montag pünktlich eine Gebühr von 50.000 Euro beim Euro-Rettungsfonds EFSF bezahlt und damit einen Zahlungsausfall vermieden. Das Geld sei eingetroffen, bestätigte ein EFSF-Sprecher dem „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe) entsprechende Informationen. Auch wenn es sich um eine kleine Summe handelt, war die Überweisung wichtig: Hätte Griechenland nicht gezahlt, hätte der Rettungsfonds offiziell einen Zahlungsausfall feststellen müssen.

Die Überweisung wurde deshalb als Zeichen gewertet, dass die Athener Regierung die Lage vorerst gegenüber den Europäern nicht weiter eskalieren will. Entscheidend werde aber, ob Griechenland am Dienstag beim Internationalen Währungsfonds (IWF) eine fällige Rate über 1,6 Milliarden Euro bezahlen werde, hieß es im Umfeld der internationalen Geldgeber. Man rechne nicht damit, dass Athen dem IWF das Geld zurückzahle.

Autor: Andi Goral