Berlin | Im Bundestag ist am Freitag die Pkw-Maut beschlossen worden. 433 Abgeordnete stimmten für das umstrittene Projekt von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), 128 Parlamentarier stimmten dagegen, sechs Abgeordnete enthielten sich. Dobrindt will die sogenannte Infrastrukturabgabe ab dem Jahr 2016 auf Autobahnen und Bundesstraßen einführen.

Pkw-Fahrer, deren Fahrzeug in Deutschland gemeldet ist, sollen keine zusätzlichen Kosten haben, sondern über die Kfz-Steuer entsprechend entlastet werden. Verkehrsminister Dobrindt rechnet mit jährlich 500 Millionen Euro an Einnahmen, die in die Verkehrswege in Deutschland investiert werden sollen. Im Mai befasst sich der Bundesrat mit der Pkw-Maut. Das Verfassungsorgan kann das Gesetz allerdings nicht mehr stoppen.

Bauindustrie NRW begrüßt PKW-Maut

Die Bauindustrie Nordrhein-Westfalen begrüßt den Beschluss des Deutschen Bundestages zur Einführung einer „Infrastrukturabgabe“. „Unsere Straßen und Brücken brauchen eine sichere und zuverlässige Finanzierung. Eine Zweckbindung der Einnahmen ist angesichts der Sanierungsbedarfe unumgänglich. Wir können Erhalt und Sanierung von Brücken nicht von alljährlichen politischen Entscheidungen abhängig machen“, so Prof. Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbandes Nordrhein-Westfalen, heute in Düsseldorf. Zudem fordert der Verband: „Die Bauindustrie erwartet von Bundesverkehrs- und Bundesfinanzministerium nun eine durchdachte Umsetzung, bei der die Netto-Einnahmen der PKW-Maut ausschließlich dem Neubau und der Sanierung von Straßen und Brücken zustehen. Ein Untergehen der Einnahmen im allgemeinen Haushalt wie in den früheren Jahren der LKW-Maut könne man sich heute nicht mehr leisten.“

Bericht: EU-Kommission prüft Klage gegen deutsche Pkw-Maut

Bei den Vorbereitungen auf die rechtliche Bewertung der deutschen Pkw-Maut prüft die EU-Kommission derzeit zusätzlich zur Einreichung einer Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) auch, das Inkrafttreten der Infrastrukturabgabe in Deutschland zum 1. Januar 2016 durch einen Antrag auf einstweilige Anordnung vorläufig zu verhindern. Das berichtet die „Welt“ unter Berufung auf EU-Kreise, die mit den Gesprächen vertraut sind. Ein solcher Antrag nach Paragraf 279 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union setzt voraus, dass eine „Dringlichkeit“ und die Gefahr „schwer wieder gut zu machender Schäden“ durch das neue Gesetz entstehen.

Sollte der zuständige EuGH-Vizepräsident, Koen Lenaerts, im Rahmen eines solchen Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes zu dem Ergebnis gelangen, dass das geplante Gesetz dem Anschein nach gegen EU-Recht verstößt, so kann er anordnen, dass die Pkw-Maut in Deutschland bis zur Entscheidung über die Klage nicht angewendet werden darf. Ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wurde beispielsweise im Juli 2003 angewandt, als der EuGH Österreich unverzüglich untersagte, ein teilweises Fahrverbot auf der Brennerautobahn für Lkw durchzusetzen. Eine Klage vor dem EuGH behält sich auch Österreich vor.

Wie eine Sprecherin des österreichischen Verkehrsministeriums der „Welt“ sagte, hält die Regierung in Wien nach wie vor an ihrer „grundsätzlichen Kritik“ am deutschen Gesetz fest. Daher werde Österreich nach dem Beschluss des Bundestages mit der EU-Kommission über mögliche europarechtliche Schritte gegen Deutschland sprechen. Diese Gespräche mit Brüssel seien erforderlich, weil die Kommission die „Hüterin der europäischen Verträge“ sei. „Aber in letzter Konsequenz“, sagte die Sprecherin, „kann es sein, dass Österreich vor dem EuGH klagen wird.“

Umfrage: Mehrheit der Deutschen befürwortet Maut für ausländische Pkw

Die Mehrheit der Bundesbürger befürwortet eine Maut für im Ausland zugelassene Pkw: Nach einer repräsentativen Umfrage von tns/Emnid für das Nachrichtenmagazin „Focus“ sind 58 Prozent der Befragten für die Abgabe, 40 Prozent sprechen sich dagegen aus. Besonders hohe Zustimmung findet die Ausländer-Maut bei Anhängern der Union (77 Prozent) und der AfD (75 Prozent), während insbesondere Anhänger der FDP (87 Prozent) und der Grünen (64 Prozent) die Abgabe ablehnen. Am Freitagmittag hatte der Bundestag die Pkw-Maut mit großer Mehrheit beschlossen.

Autor: dts