Berlin | Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland hat den deutschen Fußballnationalspieler Jérôme Boateng beleidigt, so lässt es eine Passage eines Interviews der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ vermuten. Beim DFB ist man aufgeregt, Frauke Petry entschuldigt sich für Gauland und Gauland dementiert. Damit dürfte der AfD ein weiterer Mediencoup gelungen sein, wenige Tage vor Beginn der Europameisterschaft in Frankreich. 

So werde der in Berlin geborene und aufgewachsene Fußballspieler, der einen ghanaischen Vater und eine deutsche Mutter hat, zwar als Spieler in der deutschen Nationalmannschaft geschätzt, doch das bedeute nicht, dass er nicht als fremd empfunden werde. Der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sagte Gauland: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben“. DFB-Präsident Reinhard Grindel reagierte scharf auf die Äußerung Gaulands. Es sei „einfach geschmacklos“, die Popularität Boatengs und der Nationalmannschaft „für politische Parolen zu missbrauchen.“

Millionen Menschen liebten die Nationalmannschaft, „weil sie so ist, wie sie ist“, sagte Grindel der F.A.S. Boateng sei „ein herausragender Spieler und ein wunderbarer Mensch, der sich übrigens auch gesellschaftlich stark engagiert und für viele Jugendliche ein Vorbild ist“. Auch der Manager der deutschen Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, wandte sich gegen Gaulands Äußerung. „Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir mit solchen Aussagen konfrontiert werden. Sie bedürfen keiner weiteren Kommentierung, die Personen diskreditieren sich von alleine“, sagte Bierhoff der F.A.S.

AfD-Chefin Petry entschuldigt sich bei Boateng

Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry, hat sich bei Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng für die Äußerung ihres Stellvertreters Alexander Gauland entschuldigt. „Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat“, sagte Petry der „Bild“ (Montag). „Ich entschuldige mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck, der entstanden ist.“

De Maizière nimmt Boateng in Schutz

Nach der Äußerung des stellvertretenden Vorsitzenden der AfD, Alexander Gauland, über Nationalspieler Jérôme Boateng hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) den Fußballer in Schutz genommen. Der „Bild“ (Montag) sagte de Maizière, der auch für den Sport zuständig ist, dass jeder Deutsche sich glücklich schätzen könne, dass Boateng für Deutschland Fußball spiele. „Jérôme Boateng ist eine herausragende Stütze unserer Nationalmannschaft und ein absoluter Musterprofi. Jeder Deutsche kann sich glücklich schätzen, solche Leute zu haben, als Teamgefährte, deutscher Staatsbürger und als Nachbar“, so der Innenminister. „Mit seinem vielfältigen sozialen Engagement neben dem Platz setzt er wichtige Impulse für den Zusammenhalt in unserem Land. Anders als die AfD.“

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet warf Gauland Rassismus vor. „Die Gauland-Attacke auf den Nationalspieler Boateng, der Christ ist, zeigt, dass es der AfD nicht um Zuwanderung, Integration oder Islam geht, sondern um Ausgrenzung und Rassismus“, sagte Laschet dem „Tagesspiegel“ (Montagsausgabe). „Auf dem Katholikentag hätte Gauland wahrscheinlich afrikanische Kardinäle oder indische Ordensschwestern beschimpft.“

Gauland: Habe Boateng nie beleidigt

AfD-Vize Alexander Gauland hat Vorwürfe zurückgewiesen, er habe Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng rassistisch beleidigt: „Ich habe nie, wie die FAS insinuiert, Herrn Boateng beleidigt“, erklärte Gauland am Sonntag. „Ich kenne ihn nicht und käme daher auch nicht auf die Idee, ihn als Persönlichkeit abzuwerten. Ich habe in dem vertraulichen Hintergrundgespräch die Einstellung mancher Menschen beschrieben, aber mich an keiner Stelle über Herrn Boateng geäußert, dessen gelungene Integration und christliches Glaubensbekenntnis mir aus Berichten über ihn bekannt sind“, so der AfD-Politiker.

„Selbstverständlich können wir stolz auf unsere Nationalmannschaft sein. Ich wünsche allen Spielern viel Glück für die Europameisterschaft.“ Gauland hatte in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ über Boateng, dessen Vater aus Ghana stammt, gesagt: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Der Satz war auf heftige Kritik gestoßen.

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Gelungener Mediencoup? – Ein Kommentar

Eine Frage bleibt nach dem Fall mit dem Nationalspieler Boateng: Wie gehen die Medien mit der AfD um? Zwei Wochen vor Beginn der EM. Ganz Fußballdeutschland schaut auf die Nationalmannschaft. Da setzt Gauland einen kleinen Affront in die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, den er noch am gleichen Morgen nach Erscheinen dementiert und Frauke Petry bringt sich auch noch in die Medien. Ein gelungener Mediencoup. Für die Zeitung „FAS“ ist der Eklat prima, schließlich wird man so häufig in anderen Medien zitiert. Am Ende bleibt die Frage, war die Aussage Gaulands überhaupt eine Meldung wert und wenn ja, hätten die Journalisten der „FAS“ dann nicht mehr nachbohren müssen? Nachbohren um zu hinterfragen ob Gauland nicht nur provozieren wollte, oder was er wirklich meinte? Nachbohren auch um ein Dementi, wie es jetzt auf dem Tisch liegt, zu verhindern? Jetzt profitiert vor allem der Provokateur, die AfD. Sie ist in allen Medien und ab heute auch an allen Sonntagmorgenfrühschoppen-Stammtischen der Republik, wo die rund 40 Millionen Hobby-Nationaltrainer die Aufstellung diskutieren.

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Autor: dts