Berlin | aktualisiert | Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will den Tarifkonflikt bei der Bahn mit Hilfe eines Notars entschärfen. Ihr Chef Alexander Kirchner sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwochsausgabe), EVG und Lokführergewerkschaft GDL sollten von einem Notar ihre Mitgliederzahlen prüfen lassen. Dann solle jeweils die Gewerkschaft für eine Berufsgruppe in Verhandlungen federführend sein, die dort die meisten Mitglieder habe.

„Wir sind bereit, einem Notar unsere Mitglieder-Datenbank zu übergeben, wenn die GDL das auch macht“, sagte Kirchner. Nach seinen Angaben verfügt die EVG zwar über die Mehrheit der Mitglieder bei den Zugbegleitern, anders als von der GDL behauptet – „aber bitte, lassen Sie es uns gerne ganz genau machen“, sagte Kirchner. Nach seinen Angaben kommt es auf den Bahnhöfen mittlerweile zu schweren Konflikten zwischen den Mitgliedern beider Gewerkschaften.

GDL-Lokführer hätten ihre Kollegen, die bei der EVG organisiert sind, massiv angegangen. Sie hätten sie aufgefordert mitzustreiken und als Streikbrecher beschimpft, nachdem sie sich weigerten. „Mittlerweile gibt es GDL-Lokführer, die wegschauen oder nicht mehr grüßen, wenn sie EVG-Kollegen treffen“, sagte Kirchner.

Es gebe Beleidigungen, und Beschäftigte würden in den Pausenräumen beschimpft, in den sozialen Medien tobe ein regelrechter Kampf. Darüber hinaus sagte der EVG-Vorsitzende, er finde es nicht gut, dass die GDL zwar zum Streik aufruft, „ihre Funktionäre sich aber auf den Bahnhöfen wegducken“.

Bahn fordert von GDL Kompromissbereitschaft

In der Tarifauseinandersetzung zwischen DB und GDL hat Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber von der Gegenseite mehr Konstruktivität und Kompromissbereitschaft verlangt. „Ich fordere die GDL auf, ihre Drohgebärden zu lassen und uns konkret zu sagen, was die GDL selbst zu einem Kompromiss beitragen will“, sagte der Bahn-Manager gegenüber der „Rheinischen Post“ (Mittwochausgabe). Es sei kein guter Stil, kurz nach Ende langer Streiks schon wieder mit neuen Arbeitskämpfen zu drohen und damit erneut Millionen Bahn-Kunden zu verunsichern.

„Wir waren und wir sind zu Gesprächen jederzeit bereit. Wenn auch die GDL-Spitze tatsächlich ernsthaftes Interesse daran hat, hilft die Methode `Pistole auf die Brust setzen` jedenfalls kein Stück weiter. Die GDL muss sich bewegen und zurückkommen“, so Weber.

Der Streit mit der GDL ist derzeit nicht Webers einzige Baustelle. Ab Mittwoch verhandelt er mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) in Frankfurt über höhere Löhne. Dazu sagte der Manager: „Auch bei den Verhandlungen mit der EVG werden wir unser Ziel hochhalten, unterschiedliche Tarifverträge für eine Berufsgruppe zu vermeiden.“

Autor: dts
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