Köln | aktualisiert | Kölner Jobcenter, Handwerkskammer und IHK zogen heute Bilanz zum Kölner Lehrstellenmarkt 2013/14. Die Gesamtzahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge insgesamt liegt mit 6.336 etwa 3,1 Prozent unter Vorjahresniveau, nur etwa ein Fünftel aller Kölner Betriebe bildet aus, dennoch blieben im Ausbildungsjahr 2014/15 rund 353 gemeldete Ausbildungsstellen unbesetzt. Insgesamt hatten sich 5.940 Personen auf eine Ausbildungsstelle beworben – ein Rückgang von 0,8 Prozent.

Unter 20 Prozent der Kölner Betriebe bildeten aus, so Roswitha Stock, Leiterin der Agentur für Arbeit Köln. Mit liege man deutlich unter dem Landesschnitt von 24 Prozent. Auch die Relation der Azubis zu der Gesamtanzahl aller Werktätigenin Köln bleibe mit 4,6 Prozent weit hinter dem NRW-Schnitt von 5,9 Prozent zurück. Die Anzahl der unbesetzt gebliebenen Stellen erklärt sich Stock damit, dass die Anforderungen der Ausbildungsbetriebe an die Azubis, sowie die Wünsche dieser an ihren Beruf oft nicht zusammenpassten. Außerdem seien viele Schulabgänger nicht ausreichend über die Vielzahl an Ausbildungsmöglichkeiten informiert.

IHK mit rückläufigen Zahlen im kaufmännischen Bereich

Bei der Industrie- und Handelskammer zu Köln (IHK) werden für das laufende Ausbildungsjahr rund 4.296 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge im Kölner Stadtgebiet gezählt, was einen Rückgang von 3,75 Prozent oder 192 Lehrstellen im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Blieben die Zahlen bei den Ausbildungsberufen in der Industrie weitestgehend stabil ( acht Stellen weniger als im Vorjahr) so verzeichnete die IHK im als traditionell attraktiver angesehenen kaufmännischen Bereich mit 4,8 Prozent weniger abgeschlossenen Ausbildungsverträgen deutlich rückläufige Zahlen, so Gregor Berghausen, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der IHK Köln.

1.870 Ausbildungsverträge im Kölner Handwerk

Die Handwerksunternehmen im Kölner Stadtgebiet schlossen  im Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis 30. September 2014 insgesamt 1.870 Ausbildungsverträge neu ab,  Ein Vorjahresvergleich sei in diesem Jahr nicht möglich, so Markus Eickhoff, stellvertretender Geschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, man habe die Statistiken zum Jahresbeginn 2014 umgestellt. In Köln seien im oben genannten Zeitraum insgesamt 63 Azubi-Stellen unbesetzt geblieben. Eickhoff geht von einer wesentlich höheren Dunkelziffer nicht gemeldeter frei gebliebener Ausbildungsstellen aus. Für seinen zuständigen Bezirk schätzt er die Zahl auf rund 500.

Duale Ausbildung als gleichrangigen Karriereweg begreifen

Sowohl Jobcenter als auch beide Kammern appellieren an die Eltern, sich mit der Berufsorientierung Zeit zu nehmen und auch die Duale Ausbildung als vollwertige Alternative zum Hochschulstudium zu begreifen und in den Entscheidungsprozess miteinzubeziehen. Eltern müssten ihren Kindern aufzeigen, dass es sich bei der Dualen Ausbildung mit ihren weiteren Aufstiegsmöglichkeiten um einen gleichrangigen Karriereweg im Vergleich zum Hochschulstudium handele, so Berghausen.  Angesichts rückläufiger Schulabgängerzahlen und einer Abiturientenquote von rund 57 Prozent entschieden sich viele Schulabgänger direkt für den Weg an die Hochschule, so Berghausen. Erst, wenn es mit dem Studium nicht mehr funktionierte, zögen einige eine Ausbildung in Betracht. Gleichzeitig liege der Akademiker-Anteil im Land bei 16 Prozent, so Berghausen. Ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung arbeite also in Berufen, die auf  dem Dualem Ausbildungsweg zu erreichen seien. Stock, Berghausen und Eickhoff legen Eltern nahe, ihre Kinder zu motiveren, durch Schülerpraktika in mehrere, verschiedenartige Berufsfelder hinein zu schnuppern.

Engpässe in bestimmten Gewerken

Vor allem Handwerksbetriebe der Gewerke Heizung, Sanitär- und Klimatechnik hätten es schwer, Nachwuchs zu finden, so Eickhoff. Eine Ausnahme bildet hier die Helmut Hinz GmbH in Köln-Sülz. Dort absolvieren derzeit neun Azubis im Berufsfeld Anlagenmechaniker – Sanitär-/Heizung-Klimatechnik eine Ausbildung, jeweils drei je Ausbildungsjahr. Rund 50 Bewerbungen habe er für das laufende Ausbildungsjahr erhalten, so Inhaber Günter Hinz. Die drei Azubis, die die Stelle erhielten, hatten bereits zuvor ein Praktikum erfolgreich absolviert, haben Handwerker im Freundeskreis oder stammen selbst aus einer Handwerkerfamilie.

Zentrales Auswahlkriterium ist für ihn das Interesse der Bewerber am Beruf: „Ich achte darauf, dass der Bewerber sich bewusst dafür entscheidet, den Beruf Anlagenmechaniker zu erlernen. Ist die Motivation hoch, bleibt ein junger Mensch während der dreieinhalb Jahre Ausbildung und darüber hinaus bei der Stange.“, so Hinz.  Höflichkeit und Teamfähigkeit seien auch ein wichtiges Kriterium, da seine Mitarbeiter fast immer im direkten Kundenkontakt stünden. „Wir merken momentan sehr stark, wie schwierig es ist, qualifizierte Anlagenmechaniker zu bekommen.“, so Hinz weiter. Deshalb versuche sein Unternehmen, gute Kräfte langfristig an sich zu binden.

Die Helmut Hinz GmbH & Co. wurde Anfang dieses Jahres von der Handwerkskammer zu Köln zum Handwerker des Jahres 2013 gekürt. Der Betrieb beschäftigt 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter neun Auszubildende.

Gewerkschaft NGG: 2.217 Ausbildungsabbrüche in Köln

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) beklagt eine zu hohe Zahl von Ausbildungsabbrechern in Köln. Nach Angaben der NGG haben im vergangenen Jahr insgesamt 2.217 Auszubildende ihre Lehre vorzeitig beendet. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf neueste Zahlen des Statistischen Landesamtes (IT.NRW), die der NGG für Köln vorliegen. Danach liegt die aktuelle Abbrecherquote bei rund 25 Prozent. „Wenn in Köln jeder vierte Jugendliche im letzten Jahr seine Lehre abgebrochen hat, ist das ein Problem – insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels“, so Ernst Busch, Geschäftsführer der NGG-Region Köln. In der Köln Gastronomie hätten letztes Jahr insgesamt 258 Jugendliche ihre Lehre abgebrochen.

Die Gründe für Ausbildungsabbrüche sind laut Busch vielfältig: „Arbeitgeber schieben den schwarzen Peter gern pauschal den Jugendlichen und ihrer angeblich mangelnden Ausbildungsreife zu. Damit machen es sich Chefs aber viel zu einfach. Natürlich gibt es leistungsschwächere Schüler. Aber genauso gibt es Betriebe, denen selbst die nötige ‚Ausbildungsreife‘ fehlt, weil den Jugendlichen einfach zu wenig vermittelt wird.“

Damit die Lehre weder für Jugendliche noch für Chefs zum Frustfaktor werde, suche die NGG in Nordrhein-Westfalen in der Gastro-Branche gemeinsam mit den Arbeitgebern nach Möglichkeiten, wie die Attraktivität der Ausbildung erhöht werden kann. „Dass hier etwas für die Ausbildung getan werden muss, haben viele Arbeitgeber in der Branche mittlerweile verstanden. Und mit denen ziehen wir jetzt an einem Strang“, so Busch.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Nils Berdux (23), Hinz-Azubi im dritten Ausbildungsjahr, bei Schweisarbeiten an einem Rohr.