Köln | Günter Oettinger besuchte heute den Cologne IT Summit in der Industrie und Handwerkskammer Köln (IHK). Er outete sich als absoluter Apple Fan, trotz der Warnungen die den US-Konzern derzeit medial umschwirren und hatte die Lacher auf seiner Seite als er sagte: „Mit dem iPhone 6 in der Hand ist man automatisch sexy“. Oettinger las den anwesenden Unternehmern und lokalen Offiziellen die digitalen Leviten.

Oettinger nahm kein Blatt vor den Mund und redete sich in Rage. Unmissverständlich machte Oettinger klar, wer heute als Unternehmer nicht mit dem Thema Digitalisierung aufstehe, der mache etwas falsch. Schon beim Duschen müssen Unternehmer heute über die digitalen Veränderungen nachdenken. Oettinger malte ein nicht unrealistisches Bild des digitalen Wandels und einer digitalen Gesellschaft. Industrie 4.0 heiße aus Daten Geschäftsmodelle zu entwickeln, mahnt Oettinger an.

Großkonzernen empfiehlt Oettinger dringend einen CDO, also Chief Digital Officer einzustellen und aufzubauen. In Konzernen wie Apple sieht Oettinger eine Lebensgefahr für die deutsche Industrie. Die Kinder und Jugendlichen wachsen heute mit dem iPhone auf und nutzten diese Geräte sechs Stunden am Tag. Diese Geräte seien ihnen wichtig, ob sie in einem KIA oder einer A-Klasse von Mercedes mitfahren, spiele in dieser Generation nicht mehr eine so große Rolle. Wenn Apple jetzt Autos baue, in der nicht nur das iPhone exakt passt, sondern auch seine Optik und die gelernten Strukturen der Generation iPhone anböte, dann werden diese Kinder später Apple Autos fahren.

Das gleiche gelte für Banken. Moderne Menschen brauchen, so Oettinger keinen Bankschalter mit Marmor mehr. Online-Banking und Geldautomat reichen aus. Seine Mutter würde ihre Sparkassenfiliale noch wegen der sozialen Kontakte aufsuchen, er selbst habe seit Monaten keine Bank mehr physisch aufgesucht.

Europa, so das Credo des EU Kommissars fürs Digitale, brauche eine digitale Infrastruktur und zwar flächendeckend. Vom Acker bis zur Großstadt. Denn es werde auch eine digitale Agrarindustrie geben. 1A-Lagen werden in Zukunft die sein, die die schnellsten Internetverbindungen haben, die Verlierer die, die im Funkloch seien. Und dies gelte für ganz Europa. Es dürfe nicht sein, wenn man an autonomes Fahren von PKW und LKW denke, dass zwischen Eupen und Aachen fünf Minuten lang ein Funkloch herrsche. Auch die Übertragungsraten werden mit 30 Mbit nicht reichen, sondern wir benötigen nicht nur 5G sondern Raten im Gigabyte-Bereich, so Oettinger.

Oettinger geht mit seinen Forderungen weit. So fordert er auch über Wissenschaft und Forschung nachzudenken. Universitäten sollten weniger Geisteswissenschaftler, Sozialwissenschaftler und Juristen ausbilden und dafür mehr Techniker. Jeder brauche in Zukunft eine digitale Grundkompetenz ist sich Oettinger sicher. Dies gelte genauso für den Amtsleiter im öffentlichen Dienst oder einen Verkaufsleiter eines Unternehmens. Mit der digitalen Grundkompetenz könne man dann für tiefergehende Fragen oder Probleme Spezialisten hinzuziehen. Europa müsse sich mit dem Thema Automatisierung und Digitalisierung intensiv auseinandersetzen, auch als gemeinsamer Wirtschaftsraum um sich gegen die Giganten USA und China zu positionieren.

Autor: Andi Goral
Foto: EU-Kommissar Günter Oettinger auf dem Cologne IT Summit