Düsseldorf | Das Rüstungsunternehmen Rheinmetall AG wehrt sich gegen den Verdacht, es könne den früheren Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Dirk Niebel (FDP), geholt haben, weil es sich konkrete Vorteile aus dessen früherer Mitgliedschaft im Bundessicherheitsrat verspreche.

 „Wir wissen, dass Herr Niebel als Minister auch Mitglied im Bundessicherheitsrat war“, sagte Peter Rücker, Leiter der Unternehmenskommunikation der Rheinmetall AG, der „Welt“. „Wenn er seine Tätigkeit bei uns aufnimmt, liegt dies aber über ein Jahr zurück. Das ist, wie wir finden, eine ausreichend lange Zeit.“ Die Grünen kritisierten Niebels Wechsel in die Wirtschaft. „Dirk Niebel hat seine Bundeswehrkappe wieder aus der Mottenkiste geholt. Als Cheflobbyist des Rüstungskonzerns Rheinmetall stehen für ihn nicht Frieden und Menschenrechte, sondern Armee und Waffen im Zentrum“, sagte Michael Kellner, Politischer Bundesgeschäftsführer der Grünen, der „Welt“. Und weiter: „Für mich besteht die Hoffnung, dass er auch diesen Arbeitgeber in die Krise führt – so wie er es mit der FDP bereits geschafft hat.“ Für ihn zeige der Fall Niebel aufs Neue, dass es klare Regeln für den Übergang von Regierungsmitgliedern in die Privatwirtschaft geben müsse.

„Zur Vermeidung von Interessenskonflikten wäre eine eine Karenzzeit von drei Jahren angemessen“, sagte Kellner.

SPD-Vize Stegner: Niebel als Rüstungslobbyist „angekommen“

Der SPD-Bundesvize Ralf Stegner hält den Wechsel des früheren Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Dirk Niebel, zum Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall für folgerichtig: „Der abgewählte Entwicklungshilfeverhinderungsminister Niebel, der einst das Ressort abschaffen und dann die Entwicklungszusammenarbeit primär an den wirtschaftlichen Interessen Deutschlands ausrichten wollte, ist jetzt also als Lobbyist der Rüstungsindustrie offenbar zu Hause angekommen“, sagte Stegner „Handelsblatt-Online“. Der Seitenwechsel spreche damit für sich. Unabhängig davon forderte Stegner einen Politikwechsel, bei dem Deutschland Vorbild bei der Entwicklungszusammenarbeit sei und nicht Rekordhalter bei Rüstungsexporten.
„Keine Waffenexporte in Spannungsgebiete und Staaten, die ihre Bevölkerung unterdrücken, das muss die Devise sein“, sagte der SPD-Politiker. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und die SPD würden durchsetzen, dass sich die Praxis ändere und volle Transparenz für den Bundestag herrsche. „Das mag auch Arbeitsplätze kosten, die Alternative ist die durchaus auch rekordträchtige Exportbilanz in zivilen Produktionsfeldern“, sagte Stegner.
Nach dem Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden (CDU), der aus der Berliner Regierungszentrale als Leiter der Abteilung Politik und Außenbeziehungen zum Autokonzern Daimler gewechselt ist und Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU), der Anfang 2015 in die Führungsetage der Deutschen Bahn rücken soll, ist Niebel laut „Handelsblatt-Online“ der dritte prominente Seitenwechsler aus der Politik. Der Grünen-Politiker Volker Beck sieht vor diesem Hintergrund gesetzgeberischen Handlungsbedarf. „Bei den Anschlussverwendungen von Regierungsmitgliedern geht es nicht ums Moralisieren und Neid. Wir brauchen klare Regeln und Verfahren für den Übergang von Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft“, sagte Beck „Handelsblatt-Online“. Die EU-Kommission habe solche Vorgaben bereits. In Deutschland werde seit dem Wechsel von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) zum russischen Staatskonzern Gazprom bis heute dank der CDU von Kanzlerin Angela Merkel „leider ohne Ergebnis“ diskutiert, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion weiter.
„Dies schadet dem Ansehen der Politik und auch den beruflichen Chancen ausscheidender Regierungsmitglieder. Hier sollte die Koalition endlich handeln.“

Autor: dts