Köln | aktualisiert Seit 2014 bietet das Jobcenter Köln gemeinsam mit weiteren Akteuren aus Bildung und Wirtschaft eine Alternative zur dualen Ausbildung. Wer einen der üblichen Bildungswege nicht schafft, kann sich seitdem durch Teilqualifikationen bis zum Berufsabschluss vorarbeiten. Die ersten Teilnehmer erwarben nun ihren Abschluss als Koch und zur Fachkraft Gastgewerbe.

Angesichts des Fachkräftemangels dürfte kein Mensch am Rand stehen gelassen werden, erklärte heute Olaf Wagner, Geschäftsführer des Jobcenter Köln. 118.000 Menschen würden derzeit Hatz IV empfangen. 70 Prozent von ihnen haben keinen Berufsabschluss. Auch diese Menschen in die Arbeitswelt einzubeziehen, sei eine „volkswirtschaftliche Notwendigkeit“, so Wagner. Der übliche Bildungsweg käme für viele dabei aus ganz unterschiedlichen Gründen jedoch nicht in Frage. Zusammen mit weiteren Akteuren aus der Kölner Wirtschaft und Bildung rief das Jobcenter Köln daher 2014 das Kölner Bildungsmodell der „Teilqualifikationen“ ins Leben. Das richtet sich insbesondere an Menschen zwischen 25 und 35 Jahren ohne Berufsabschluss. Sie können über mehrere Jahre hinweg einzelne Module durchlaufen. Für jedes Modul erhalten sie ein Zertifikat der Industrie- und Handelskammer Köln (IHK). Wer es schafft, kann sich dort anschließend für die externe Prüfung als Koch und Fachkraft Gastgewerbe anmelden. Die Teilqualifikationen entsprechen dabei der Gesamtstruktur des Ausbildungsberufes, sind aber individueller ausgerichtet.

50 Prozent sollen Abschluss schaffen
Das Projekt sei nicht als Konkurrenz zu der dualen Ausbildung gedacht, betonte Wagner heute. „Es richtet sich an Menschen, die ansonsten gar nicht in die Qualifizierung gefunden hätten“, sagte Wagner. Viele würden es nicht schaffen, eine komplette Ausbildung abzuschließen. Durch die Teilqualifizierung sei die Hürde deutlich geringer, da zwischen den Modulen auch Pausen eingelegt werden könnten. Zudem hätten die Teilnehmer schnellere Erfolgserlebnisse, da sie für jedes Modul ein Zertifikat erhielten. 2014 starteten 500 Menschen mit dieser Art der Berufsausbildung. Heute seien noch 300 mit dabei. Zwei Teilnehmer haben im Frühjahr ihre Prüfung bestanden und konnten seitdem eine Anstellung finden. Weitere Teilnehmer wollen im kommenden Frühjahr ihre Prüfungen ablegen. „Das ist ein großer Erfolg“, sagte Wagner. Er hofft, dass insgesamt 50 Prozent der Teilnehmer ihren Berufsabschluss schaffen.

Wer zur Prüfung zugelassen wird, das wird individuell zusammen mit der IHK entschieden. Nicht alle Teilnehmer müssen alle Module durchlaufen. Wer bereits Vorerfahrungen – etwa durch eine abgebrochene Ausbildung – mitbringt, bekommt diese anerkannt. Unterstützt werden die Teilnehmer auf ihrem Bildungsweg durch Coaches etwa vom Kolping-Bildungswerk. Diese vermitteln nicht nur Module, sondern helfen auch ganz lebenspraktisch – etwa bei Prüfungsängsten, Sprachschwierigkeiten, Drogenproblemen oder der Kinderbetreuung. Derzeit wir das Kölner Bildungsmodell für die Abschlüsse Koch und Fachkraft Gastgewerbe angeboten. Der Abschluss als Restaurantfachkraft ist derzeit noch in Arbeit und soll ab dem kommenden Jahr möglich sein.

IHK und DGB begrüßen neuen Bildungsmodell
Unterstützt wird das Modell auch von der Industrie- und Handelskammer Köln (IHK) sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund Köln-Bonn (DGB). „Das modulare System der „Teilqualifizierung“ ist eine neue Möglichkeit, jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss eine neue und dauerhafte Perspektive zu bieten. Gleichzeitig helfen wir so Unternehmen in der Region, ihren Fachkräftebedarf zu decken.  Die Teilqualifizierung erweist sich dabei aus unserer Sicht als ein effektives und erfolgreiches Instrument. So können Potenziale für den Arbeitsmarkt besser genutzt werden, die bisher nicht im Fokus standen.  Die ersten Absolventen mit erfolgreicher  IHK-Externenprüfung hier in Köln  in diesem Jahr belegen den erfolgreichen neuen Weg. Die Zusammenarbeit aller Arbeitsmarktpartner im Kölner Bildungsmodell ist die Grundlage der erfolgreichen Umsetzung“, sagte Christopher Meier, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung der IHK Köln.  „Das Kölner Bildungsmodell schafft einen flexiblen Rahmen, der individuelle Lebenslagen berücksichtigt und zeitlich gestreckt zu einem vollwertigen Berufsabschluss führt. Es geht darum, Langzeitarbeitslose, die in ihrem Leben – aus welchen Gründen auch immer – keine beruflichen Qualifikationen erworben haben, dabei zu unterstützen, in kleinen Schritten einen Berufsabschluss nachholen. Das Modell biete damit eine zweite Chance und ist Grundlage für eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des DGB.

Autor: Cornelia Ott