Berlin | Die Gewerkschaft IG Metall will die Forderung nach einem radikalen Kurswechsel in der Rentenpolitik ins Zentrum des Bundestagswahlkampfes rücken: „Die Vorstellung, dass die betriebliche und die private Säule einen erheblichen sozialstaatlichen Sicherungsauftrag erhalten sollen, ist gescheitert“, sagte das Geschäftsführende Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban der „Frankfurter Rundschau“ (Freitagsausgabe). Der Lebensstandard müsse wieder alleine durch die gesetzliche Rente gesichert werden. Urban forderte, die staatliche Förderung für neue Riester-Verträge einzustellen.

Die Entkoppelung der Renten von den Löhnen müsse sofort gestoppt werden: „Mittelfristig wollen wir eine Anhebung des Rentenniveaus.“ Dazu seien mehr Steuermittel und eine Anhebung des Rentenbeitrags von derzeit 18,7 Prozent auf 25 Prozent erforderlich. Urban kritisierte Sozialministerin Andrea Nahles (SPD), die in der Debatte über Altersarmut mit dem Gesamt-Sicherungsniveau aus gesetzlicher Rente sowie privater und betrieblicher Vorsorge argumentiert: „Das halte ich für gefährlich.“

Auch reiche es nicht aus, wenn die Ministerin über eine Haltelinie für das Rentenniveau nach 2030 nachdenke: „Die Vorstellung, man könne das Rentenniveau bis 2030 absinken lassen und dann eine Haltelinie einziehen, ist gänzlich inakzeptabel“, sagte der IG-Metall-Funktionär der „Frankfurter Rundschau“. Mit scharfen Worten verwahrte sich Urban auch gegen die Warnung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Gewerkschaften könnten mit ihrer lautstarken Kampagne gegen massenhafte Altersarmut ungewollt der AfD „in die Hände spielen“. Das hatte Merkel nach einem „Spiegel“-Bericht bei einem Treffen des CDU-Präsidiums mit dem DGB-Bundesvorstand gesagt.

„Diese Mahnung macht mich wütend“, sagte Urban. Glücklicherweise habe sich die Dramatik der Situation inzwischen herumgesprochen. „Nicht das Thematisieren von Problemen, sondern deren Verdrängung frustriert die Menschen und treibt sie Rassisten und Rechtschauvinisten zu.“

Daher werde die IG Metall das Thema im Bundestagswahlkampf hochziehen: „Was denn sonst, wenn nicht die Fragen, die die Menschen berühren, soll Gegenstand der politischen Auseinandersetzung sein?“, sagte Urban.

Autor: dts